Nachgehakt: Hilft Vitamin D wirklich gegen Covid-19?

Vitamin D Pillen - Symbolbild
Vitamin D Pillen - Symbolbild Copyright Mark Lennihan/Copyright 2016 The Associated Press. All rights reserved.
Copyright Mark Lennihan/Copyright 2016 The Associated Press. All rights reserved.
Von Kirsten Ripper mit AFP, AP
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button

Studien zeigen, dass viele Covid-19-PatientInnen unter einem Vitamin-D-Mangel leiden.

WERBUNG

Vitamin D ist wichtig für unsere Knochen und das Immunsystem des Körpers, doch bringt es auch etwas gegen das Coronavirus?

Besonders im Winter leiden viele - vor allem ältere - Menschen unter einem Mangel an Vitamin D. Denn Vitamin D ist anders als die anderen Vitamine: 80 bis 90 Prozent werden - dadurch dass Sonnenlicht auf die Haut fällt - vom Körper selbst produziert. Nur ein geringer Teil wird über die Nahrung aufgenommen. Eigentlich genügen 15 Minuten Sonnenlicht direkt auf die Haut, um den Tagesbedarf zu decken. Doch im höheren Alter nimmt die Vitamin-D-Synthesefähigkeit der Haut ab.

In England wird 2,5 Mio. Menschen Vitamin D kostenlos angeboten

Die Gesundheitsbehörden in England verteilen in diesem Winter Vitamin-D-Präparate kostenlos an mehr als 2,5 Millionen vulnerable Personen - besonders in Altenheimen. Die Auslieferung sollte im Januar beginnen.

Der Rat, Vitamin D einzunehmen, ist wichtiger denn je, da mehr Menschen mehr Zeit drinnen verbringen.
Dr. Alison Tedstone
Ernährungswissenschaftlerin

Dr. Alison Tedstone, Chef-Ernährungswissenschaftlerin bei Public Health England, sagte laut BBC: "In diesem Jahr ist der Rat, Vitamin D einzunehmen, wichtiger denn je, da mehr Menschen mehr Zeit drinnen verbringen, weshalb die Regierung den klinisch extrem gefährdeten Menschen helfen wird, Vitamin D zu bekommen."

Wichtig ist Vitamin D für den Aufbau und den Stoffwechsel der Knochen und der Muskulatur, bei Atemwegsinfekten wirkt es vorbeugend. Vitamin D gehört zu einem gesunden Immunsystem, deshalb kann es sinnvoll sein, nach Absprache mit der Hausärztin oder dem Hausarzt zusätzliche Vitamin-D-Präparate einzunehmen. Dennoch warnt das Robert Koch-Institut auch vor einer Überdosierung, die zu Übelkeit und in schlimmsten Fällen zu schweren Nieren-, Herz- und Kreislauf-Problemen führen kann.

Einige fettreiche Lebensmittel wie zum Beispiel Hering, Makrele, Lachs, Thunfisch, Rotbarsch, Leber, Eigelb, Butter, Sahne und angereicherte Margarine, Champignons, Steinpilze und Pfifferlinge enthalten Vitamin B. Über die Nahrung können aber bestenfalls 20 Prozent des täglichen Bedarfs gedeckt werden.

Unter Covid-19-PatientInnen leiden viele unter Vitamin-D-Mangel

Mehrere Studien haben zum Teil schon im April 2020 gezeigt, dass unter den Patientinnen und Patienten, die an Covid-19 erkrankt sind, viele an einem Mangel von Vitamin D leiden. Dabei wird eine Vorstufe von Vitamin D gemessen, nämlich der 25OHD- oder Calcidiol -Wert. In einer Untersuchung der Universität Cantabria in Santander in Spanien litten 82,2 Prozent der an Covid-19 erkrankten Patienten unter einem Mangel an Vitamin D - in der Vergleichsgruppe ohne Covid-19-Erkrankung waren es 47,2 Prozent.

Die Forscher um José L Hernández schreiben: "Vitamin D-defiziente Covid-19-Patienten hatten eine höhere Prävalenz von Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, erhöhte Serum-Ferritin- und Troponin-Spiegel sowie eine längere Verweildauer im Krankenhaus als Patienten mit 25OHD-Spiegeln ≥20 ng/mL"

Aber die Wissenschaftler aus Santander schreiben auch: "Wir fanden keinen Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Konzentrationen oder Vitaminmangel und der Schwere der Erkrankung."

Zu sagen, dass Vitamin D vor Covid-19 schützt, erscheint jedoch verfrüht.
Prof. Pierre Delobel
Leiter der Abteilung für Infektions- und Tropenkrankheiten am Universitätsklinikum Toulouse

Pierre Delobel, Leiter der Abteilung für Infektions- und Tropenkrankheiten am Universitätsklinikum Toulouse, erklärt in LaDepeche: "Vitamin D hat die bekannte Wirkung, Kalzium in den Knochen zu fixieren, und deshalb wird es häufig Kindern während ihres gesamten Wachstums und älteren Menschen zur Vorbeugung von Osteopenie verschrieben. Darüber hinaus haben andere Studien, die in Asien ausschließlich an Kindern durchgeführt wurden, ebenfalls gezeigt, dass Vitamin D bestimmte Immunfunktionen bei Atemwegsinfektionen modulieren kann."

Darin sieht Delobel den Grund, warum heute ein Zusammenhang zwischen Vitamin D und Covid-19 gesehen wird. Doch er meint: "Zu sagen, dass Vitamin D vor Covid-19 schützt, erscheint jedoch verfrüht. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben verschiedene medizinische Teams auf der ganzen Welt festgestellt, dass es bei Menschen mit Vitamin-D-Mangel mehr Covid-Erkrankungen gibt. Aber Vorsicht vor Abkürzungen: Diese statistische Assoziation beweist nicht den Kausalzusammenhang."

Auch erkrankte Kinder hatten niedrigen Vitamin-D-Spiegel

Eine Studie der türkischen Kinderärzte Kamil Yılmaz und Velat Şenhat zeigt auf, dass die an Covid-19 erkrankten Kinder im Durchschnitt einen niedrigeren Vitamin-D-Spiegel hatten als die Kontrollgruppe der nicht erkrankten Kinder im Alter zwischen einem Monat und 18 Jahren. In der Untersuchung wurden keine chronisch kranken Kinder einbezogen.

Die Forscher Yilmaz und Senhat schreiben: "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Vitamin-D-Werte mit dem Auftreten und der Behandlung von Covid-19 in Verbindung gebracht werden können, indem der immunologische Mechanismus auf das Virus in der pädiatrischen Bevölkerungsgruppe moduliert wird."

Niedriger Vitamin-D-Spiegel = hohes Risiko

Der Professor für Biologische Chemie und Ernährungswissenschaft an der Universität Hohenheim Hans-Konrad Biesalski hat 30 Studien zum Thema Covid-19 und Vitamin D ausgewertet. Das Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf ist für PatientInnen mit einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel höher als für solche mit normalen Werten. Allerdings verweist der Ernährungsmediziner darauf, dass ein Vitamin-D-Mangel häufig mit anderen Vorerkrankungen einhergeht.

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

Wer erkrankt schwer an Covid-19? Killer-T-Zellen im Blut zeigen es an

Doch nicht immun? 25-Jähriger bei 2. Corona-Infektion schwer erkrankt

Coronavirus bis zu 28 Tage auf Handys u.a. Oberflächen infektiös?