Open Arms: Barcelona klagt gegen Italiens Ex-Innenminister Salvini

Die Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau, mit dem Vorsitzenden der allgemeinnützigen Organisation Open Arms, 27. 01.2020.
Die Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau, mit dem Vorsitzenden der allgemeinnützigen Organisation Open Arms, 27. 01.2020. Copyright Pablo Ramiro
Von Pablo Ramiro
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Die Bürgermeisterin von Barcelona hat bei einem Besuch auf dem Rettungsschiff "Open Arms" bekräftigt, dass der Stadtrat als Privatkläger in dem Verfahren gegen Italiens Ex-Innenminister Matteo Salvini auftreten wird.

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Die Bürgermeisterin von Barcelona, Ada Colau, hat nach einem Besuch auf dem Rettungsschiff Open Arms bekräftigt, dass der Stadtrat als Privatankläger in einem Verfahren gegen den ehemaligen Innenminister Italiens Matteo Salvini auftreten wird.

Salvini steht wegen Freiheitsberaubung von Bootsmigranten und der Fälschung von Dokumenten vor Gericht, nachdem er im August 2019 dem spanischen Schiff Open Arms mit 163 Menschen an Bord die Einfahrt in den Hafen von Lampedusa verweigert hatte. Der Richter hat die Anklagen von 18 Zivilparteien, die in dem Fall auftreten, zugelassen, darunter sieben Migranten, die sich auf dem Boot befanden.

Nicht das erste Verfahren gegen Salvini

Der Stadtrat von Barcelona hatte 2019 eine Vereinbarung mit der gemeinnützigen Organisation "Open Arms", durch die er ihr Spenden in Höhe von etwa einer halben Million Euro zukommen ließ (fast 35 Prozent des Gesamtprojekts, laut dem Konsistorium). Barcelona verlieh der Organisation die Goldmedaille für bürgerliche Verdienste.

Aus diesem Grund "kann der Stadtrat gegenüber Salvini den durch die Blockade des Schiffes verursachten Sachschaden geltend machen". Zudem ist er verpflichtet, den Schaden wiedergutzumachen, der dem Image der Stadt durch die Vorwürfe Salvinis entstanden ist. Das teilte das Büro der Bürgermeisterin in einer Erklärung mit.

"Damals wollten sie uns eine Million Euro Strafe aufbrummen, sowohl die spanische als auch die italienische Regierung, und jetzt sehen wir, sehen alle, dass es eine Unverschämtheit war, dass wir Opfer eines Machtmissbrauchs waren. Und die Menschen, die sofortige Hilfe brauchten, wurden ihrer Freiheit, wie in internationalen Konventionen vorgeschrieben, beraubt," erklärt Oscar Camps, Vorsitzender von "Open Arms". Er ist davon überzeugt, dass man weder gegen die Konventionen noch gegen das Seerecht verstoßen habe.

Während der 21 Tage, die das Boot im Wasser blieb, ohne anlegen zu können, sprangen 14 der Migranten über Bord, um schwimmend das Festland zu erreichen. Kurz darauf erlaubte der Staatsanwalt von Agrigento die Anlandung des Schiffes.

Der Staatsanwalt beschrieb die Situation damals "von großem physischen und psychischen Unbehagen, von tiefem psychischen Kummer und von sehr hoher emotionaler Spannung [geprägt], die schwer zu kontrollierende Reaktionen hätte hervorrufen können, von denen der Versuch, zur Insel zu schwimmen, nur ein Vorspiel war".

Es ist nicht das erste Mal, dass der Politiker der Lega Nord mit einem solchen Verfahren konfrontiert wird. Bereits am 3. Oktober 2020 stand Salvini in Catania vor Gericht. Er wurde beschuldigt, die Anlandung von 131 Menschen, die von einem Schiff der italienischen Marine gerettet wurden, nicht erlaubt zu haben.

Viele Alternativen zur Anlandung?

Aus Sicht der Organisation hat der italienische Politiker die Einfahrt des Bootes aus Wahlkampfzwecken blockiert. Salvinis Anwältin hält an der bereits im vorhergehenden Prozess verteidigten These fest, dass die Entscheidung gemeinsam in der Regierung getroffen wurde. Darüber hinaus behauptet sie, dass die Open Arms viele andere Alternativen gehabt hätte, die sie ablehnte. Italien hätte demnach keinen sicheren Hafen zur Verfügung stellen müssen, da die Rettung der Menschen in libyschen und maltesischen Gewässern stattfand und das Rettungsschiff unter spanischer Flagge fuhr.

Am Samstag (09.01.2021) fand die Voranhörung zu dem Prozess statt. Auf Antrag der Verteidigung beschloss der Richter, die Anhörung auf den 20. März 2021 zu verschieben. Die Verschiebung wurde unter anderem mit der Übersetzung wichtiger Dokumente ins Italienische begründet. Erst dann wird klar sein, ob der Politiker auf der Anklagebank sitzen wird oder nicht.

Chronologie: Was wird Salvini vorgeworfen?

Im August 2019 verweigerte der damalige Innenminister Salvini für 21 Tage die Anlandung von 160 Migranten auf der Insel Lampedusa (der südlichsten Insel Italiens), die von einem Schiff der spanischen gemeinnützige Organisation Open Arms aus dem Meer gerettet worden waren.

Bis zur Anlandung blieben gerade mal 90 Menschen an Bord, nachdem einige aus medizinischen Gründen von Bord gehen mussten vorgenommen und mehrere Dutzend aus Verzweiflung ins Meer gesprungen waren.

Allein in den letzten drei Tagen, als das Boot gerade mal 800 Meter vor dem Hafen von Lampedusa vor Anker lag, sprangen fast zwanzig Migranten über Bord und erreichten so den Hafen oder wurden gerettet.

Das erste Angebot der spanischen Regierung, einen Hafen für die Migranten zu öffnen, kam nach 17 Tagen Odyssee im Mittelmeer, aber die Open Arms weigerte sich, Kurs auf die Häfen von Algeciras (Spanien) und Mahon (Balearen) zu nehmen und begründeten diese Entscheidung mit der Sicherheit der Migranten. Zu lange seien sie den harten Bedingungen an Bord ausgesetzt gewesen, zusammengepfercht, und in schlechtem physischem und psychischem Zustand. Auch die Besatzung war aufgrund der langen Krise müde und angespannt.

Madrid schickte daraufhin das spanische Marineschiff Audaz, um die Migranten aufzunehmen und die Open Arms in den Hafen von Mallorca zu eskortieren.

Letztendlich erlaubte die Staatsanwaltschaft vom 20. auf den 21. August die Anlandung der 83 an Bord verbliebenen Migranten auf Lampedusa und beendete damit die Odyssee. Der Staatsanwalt von Agrigento traf die Entscheidung, nachdem er in Begleitung mehrerer Ärzte sich ein Bild von der Situation an Bord des spanischen Schiffes gemacht hatte.

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