Mal eisig kalt, dann wieder frühlingshaft warm. Der Winter ist in diesem Jahr von Extremen geprägt. Inwieweit ist der Klimawandel dafür verantwortlich?
Von einem Extrem zum anderen: die Temperaturen in ganz Europa haben in diesem Winter eine Achterbahnfahrt hingelegt.
In Griechenland oder Spanien gab es den stärksten Schneefall seit mehreren Jahrzehnten, in Westeuropa waren die Temperaturen für die Jahreszeit außergewöhnlich mild und im Osten herrschte klirrende Kälte.
Warum also gab es solche Wetterextreme?
Die Antwort liegt in der Variabilität von großräumigen Wettermustern: dem Polarwirbel und dem Jetstream.
Der Jetstream - Ströme schnell fließender, mäandernder Luft hoch über der Erde - hat in den letzten Wochen nach einer plötzlichen Erwärmung der Stratosphäre ein interessantes Verhalten gezeigt.
Dies führte zu einem schwachen Polarwirbel - Gebiete mit niedrigem Druck und kalter Luft, die den Nord- und Südpol der Erde umgeben - und störte wiederum den Jetstream, wodurch ein typisches Wettermuster hinfällig wurde.
So konnte extrem kalte Luft aus der Arktis in die kontinentalen Regionen der mittleren Breiten wie Europa, Nordamerika und Asien strömen. Allerdings gab auch rekordverdächtige Wärme über der nördlichen Hemisphäre, denn diese entgegengesetzten Extreme gehen oft Hand in Hand, wenn der Jetstream schwach und wellig wird.
Nachfolgend sehen Sie eine Momentaufnahme der Wetterlage in Europa Mitte Februar 2021.
Während Spanien, Portugal und Teile Frankreichs frühlingshafte Wärme genießen konnten, fröstelte der Osten Europas bei extremer Kälte, wobei Schnee in Athen und schließlich auch in Teilen Nordafrikas und Saudi-Arabiens gemeldet wurde.
Wilde Mäander im Jetstream sind der Grund für die starken Temperaturkontraste. Der wellenförmige Jetstream lässt an einigen Stellen Wärme nach Norden drängen, während an anderen Stellen kalte Luft aus den Polarregionen nach Süden kommt. Es ist hilfreich, den Verlauf des Jetstreams mit der Luftmassentemperatur zu vergleichen, um den Zusammenhang aufzuzeigen.
Wetterextreme auf der ganzen Hemisphäre passieren, wenn der Jetstream unterbrochen wird. Der jüngste Kälteeinbruch in Nordamerika kann auf ähnliche Weise erklärt werden. Die Kälte war in großen Teilen der südlichen US-Staaten besonders extrem, eine ungewöhnliche Situation, die zu weit verbreiteten Stromausfällen führte.
Weiter unten sehen Sie den Stand vom 15. Februar 2021, als der Jetstream nach Süden in Richtung des Golfs von Mexiko abtauchte. Die kalte Luft konnte durch die Great Plains östlich der Rocky Mountains nach Süden bis zur Golfküste wandern. Dies ist der stärkste Kaltluftausbruch in einigen Teilen der USA seit Jahrzehnten.
Der Jetstream war in diesem Winter recht durcheinander. Aber wie sieht ein normaler Jetstream aus?
Im Winter lässt die fehlende Sonnenenergie die Arktis abkühlen. Die Winde umkreisen diesen kalten Luftpool über der Arktis. Dort entsteht ein stabiler Polarwirbel mit einem damit verbundenen starken/stabilen Jetstream. Ein starker und stabiler Jetstream bedeutet, dass sich die Wettermuster typischerweise von Westen nach Osten um die Hemisphäre ausbreiten und die kalte Luft auf die Polarregionen beschränken. Es ist schwierig, einen "normalen" Jetstream zu definieren, da es ein hohes Maß an Variabilität gibt.
Typischerweise ist ein starker und stabiler Aufbau häufiger als ein anhaltend welliger/schwacher Jetstream. Selbst ein starker und stabiler Jetstream weist Wellen und Mäander auf, die jedoch oft nur von kurzer Dauer sind, und damit auch die extreme Kälte begrenzt. Im vergangenen Winter war beispielsweise ein sehr stabiler Polarwirbel und ein starker Jetstream zu beobachten (siehe Animation vom Ende des vergangenen Winters):
Es handelte sich um einen rekordverdächtig starken/stabilen Polarwirbel und einen starken/stabilen Jetstream. Das trug dazu bei, dass die kalte Luft über der Arktis eingeschlossen blieb, mit überwiegend warmen, nassen und windigen Wetterverhältnissen für Nordamerika, Europa und Asien.
Der letzte Winter war der wärmste Winter, der jemals für die nördliche Hemisphäre aufgezeichnet wurde. Einige erinnern sich vielleicht sogar daran, dass Moskau zu Weihnachten Schnee kaufen musste, damit es sich auf der Straße in dem außergewöhnlich warmen Winter festlicher anfühlte.
Hängt das wellenförmige Verhalten des Jetstreams mit dem Klimawandel zusammen?
Eine herausfordernde Frage, auf die es keine einfache Antwort gibt.
In den letzten drei Jahrzehnten hat sich die Arktis drei- bis viermal schneller erwärmt als der Rest der Welt. Einige Klimawissenschaftler haben die Hypothese aufgestellt, dass die Unterbrechung des thermischen Gradienten von den arktischen Regionen zum Äquator einen Einfluss auf die Stärke und Welligkeit des Jetstreams hat. Diese Theorie versucht, die Unterbrechung des Jetstreams zu erklären und kann helfen, einen Einblick in die resultierenden Temperaturextreme auf der Nordhalbkugel (sowohl heiß als auch kalt) zu geben.
Andere Wissenschaftler behaupten jedoch, dass es keinen klaren oder offensichtlichen Trend in der Welligkeit des Jetstreams gibt.
Wir müssen uns die Frage stellen: Können wir den wärmsten Winter seit dem Beginn der Aufzeichnung (der mit einem sehr starken Jetstream verbunden war) im letzten Jahr dem Klimawandel anlasten? Un den schwachen und welligen Jetstream dieses Jahres (der zu den extremen Kälteausbrüchen führte) auf den Klimawandel schieben?
Die Rolle des Jetstreams im sich ändernden Klima ist nicht eindeutig und es gibt widersprüchliche Ansichten unter Wissenschaftlern. Das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) hat in einem Tweet nur eine Seite dieses Arguments vertreten, was einige Klimawissenschaftler, die sich auf die Dynamik des Jetstreams und das Klima spezialisiert haben, verunsichert hat.
Können wir in Zukunft mit mehr Extremen rechnen?
Wir können nicht jeden Mäander oder Knick im Jetstream auf den Klimawandel zurückführen. Hier muss der Unterschied zwischen Wetter und Klima verstanden werden. Natürliche Schwankungen werden immer eine große Rolle bei Wetterextremen spielen; unsere Atmosphäre ist schließlich eine chaotische Flüssigkeit. Die Forschung zeigt jedoch, dass sich der Jetstream in verschiedenen Teilen der Welt zu verschiedenen Zeiten des Jahres als Folge des vom Menschen verursachten Klimawandels verändern könnte. Es gibt eine Tendenz, dass Dürren und Hitzewellen in den Sommermonaten verstärkt auftreten werden und es zum Beispiel wärmer wird. Es gibt einen Trend zu extremerem Wetter, aber der Trend in der Stärke und Welligkeit des Jetstreams während des Winters auf der Nordhalbkugel ist nicht eindeutig.
Die extreme Kälte in Nordamerika und die extremen Temperaturkontraste in Europa sind nicht so einfach auf den Klimawandel zu schieben. Was jedoch als sicherer gilt, ist, dass die extreme Kälte seltener werden wird.