Kann Julian Reichelt (40) BILD-Chef bleiben? Jetzt ist er freigestellt

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BILD und andere Zeitungen von Axel Springer - ARCHIV Copyright JOHN MACDOUGALL/AFP
Von Kirsten RipperEuronews
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Im Fall von BILD-Chef Julian Reichelt hat das Unternehmen Axel Springer jetzt doch eine Mitteilung veröffentlicht. Die Untersuchung der Vorwürfe ist noch nicht abgeschlossen.

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Eigentlich sollten die sogenannten "Compliance-Verstöße" von Chefredakteur Julian Reichelt in der BILD-Redaktion ohne viel Aufsehen untersucht werden. Es geht um Mobbing und um Machtmissbrauch - und laut Medienberichten um die Vorwürfe von Mitarbeiterinnen gegen den 40-Jährigen. Doch jetzt hat das Unternehmen Axel Springer eine Mitteilung zur Freistellung des Chefredakteurs veröffentlicht:

"Julian Reichelt, Vorsitzender der BILD-Chefredaktionen und Sprecher der BILD-Geschäftsführung, weist die Vorwürfe zurück. Um eine ungestörte Aufklärung sicherzustellen und die Arbeit der Redaktion nicht weiter zu belasten, hat er den Vorstand darum gebeten, bis zur Klärung der Vorwürfe befristet von seinen Funktionen freigestellt zu werden. Die Freistellung ist inzwischen erfolgt."

Die Untersuchungen des von Alex Springer beauftragten Anwaltsbüros sind noch nicht abgeschlossen. In dem "Compliance"-Verfahren wird untersucht, ob der Mitarbeiter interne Regeln nicht eingehalten hat.

Gegenüber Kolleginnen und Kollegen rechtfertigt sich Julian Reichelt in einer internen Nachricht - die aber in den Medien öffentlich gemacht wurde - BILD und die Menschen bei BILD seien sein Leben.

Zuerst waren die Vorwürfe gegen Julian Reichelt von Jan Böhmermann im Satire-Magazin des ZDF angedeutet worden.

Beim SPIEGEL heißt der Artikel zu Julian Reichelt »Vögeln, fördern, feuern« (hinter der Bezahlschranke).

Auch die NZZ hat schon vor der Freistellung über den Fall Reichelt berichtet. Unter dem Titel "Böse, böser, «Bild»-Zeitung? Bei der Berichterstattung über den Chef von Deutschlands auflagenstärkster Zeitung setzen auch seriöse Medien auf feucht-fröhliche Spekulationen" schreiben Alexander Kissler und Marc Felix Serrao: "Wer bei Springer mal eine Affäre habe, der müsse deshalb nicht gleich um seinen Job bangen, sagt ein langjähriger Mitarbeiter. Schwierig werde es, wenn einer eine Affäre nach der anderen habe, und das mit Frauen, deren Vorgesetzter er sei. Das klingt einleuchtend. Ein Unternehmen, das ein derartiges Verhalten nachweislich dulden würde, dürfte es sehr schnell sehr schwer haben, noch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Sollten die Freshfields-Anwälte zu dem Schluss kommen, dass die Vorwürfe in mehreren Fällen zutreffen, dann dürfte Reichelt kaum zu halten sein."

Julian Reichelt arbeitet seit 2002 bei Axel Springer, war als Reporter in Kriegsgebieten, seit 2018 ist er Chef bei auflagenstärksten Zeitung in Deutschland, nachdem der Hamburger die digitale BILD geleitet hatte. Der Journalist gilt als konservativer Hardliner, der in der Redaktion auch mehr Boulevard einfordert.

An der Spitze der BILD-Redaktion ersetzt wird Julian Reichelt durch Alexandra Würzbach, bisher Chefredakteurin BILD am SONNTAG und Mitglied der Chefredaktion der BILD-Gruppe. Auf Twitter ist sie weit weniger aktiv als Reichelt. Übrigens kommt Würzbachs Ehemann, Ralph Grosse-Bley, der lange in der Schweiz bei der Boulevardzeitung BLICK leitend tätig war, auch Kommentare für die BILD AM SONNTAG

2002 hatte Grosse-Bley für Negativ-Schlagzeilen gesorgt, weil BLICK dem Schweizer Botschafter in Berlin eine Affäre angedichtet hatte. Der Diplomat wurde abberufen, gewann dann aber den Rechtsstreit gegen die Zeitung. Den umstrittenen BLICK-Artikel geschrieben hatte damals Alexandra Würzbach.

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