Nowaja Gaseta unter Dauerbedrohung - "wir arbeiten weiter in Russland"

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Von su mit AFP
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Anfang März sprühte ein Unbekannter eine Substanz an die Eingangstür der Zeitung "Nowaja Gaseta" in Moskau. Chefredakteur Dmitry Muratow hat keinen Zweifel daran, dass das ein “chemischer Angriff” war.

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Moskau, Anfang März. Spät in der Nacht hält eine Überwachungskamera diese Szene fest: Ein Mann auf einem Fahrrad nähert sich mit einem Liefer-Rucksack für Lebensmittel den Büros der unabhängigen Zeitung Nowaja Gaseta.

Er sprüht eine Substanz an die Eingangstür der Zeitung und entfernt sich langsam.

Chefredakteur Dmitry Muratow erklärt („AFP“) er habe keinen Zweifel daran, dass der “chemische Angriff” der jüngste Versuch war, eines der wenigen Medien in Russland zum Schweigen zu bringen, die bereit seien, die offizielle Linie in Frage zu stellen.

Dmitri Muratow, Chefredakteur von Nowaja Gaseta:

“Dies ist eine Art Drohung, mit nicht tödlichen giftigen Substanzen in Militärqualität, um die Mitarbeiter der Zeitung zu warnen oder um sich an ihnen zu rächen.”

Seit 1993 ist die Redaktion aus investigativen Journalisten an Widerstände gewöhnt. Sie verlor sechs Mitarbeiter durch Tod, darunter 2006 Anna Politkowskaja, die über die russische Armee im Tschetschenien-Krieges berichtet hatte. Drei wurden verletzt.

Dmitri Muratow, Chefredakteur:

“Diese Zeitung gefährdet Menschenleben. Als Anya [Anna Politkovskaya] am 7. Oktober 2006 am Gebäudeeingang in der Lesnaya-Straße getötet wurde, wollte ich die Zeitung zumachen, aber die Journalisten waren kategorisch dagegen.”

Im Herbst 2014 erhielt die Zeitung eine Verwarnung der Aufsichtsbehörde wegen „extremistischer Aktivität“, im Juli 2015 eine zweite. Sie kann damit jederzeit von Amtes wegen geschlossen werden. Grund war zum Beispiel ein Verstoß gegen das Verbot des öffentlichen Fluchens (Wikipedia).

Aber der Chefredakteur will weitermachen, mit einer gedruckten Ausgabe von 90.000 Exemplaren und rund 500.000 Besuchern täglich auf der Website.

Dmitri Muratow, Chefredakteur:

„Wir werden nirgendwo hingehen, wir werden keine ausländischen Agenten und erhalten Geld aus dem Ausland. Wir werden in Russland leben und arbeiten."

2012 erhielt die Nowaja Gaseta die Karlsmedaille für europäische Medien.

Einer ihrer wichtigsten frühen Unterstützer war der frühere sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow. Er spendete einen Teil seines Friedensnobelpreises von 1990, um der neuen Publikation ihre ersten Computer zu kaufen – einer ist noch im Büro zu sehen.

su mit AFP

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