Okonjo-Iweala fordert zweite Welle der Globalisierung

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Von Oleksandra Vakulina
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Die Generaldirektorin der Welthandelsorganisation spricht über die Rolle des Welthandels in der Coronavirus-Pandemie, neue Modelle für Globalisierung und Mul­ti­la­te­ra­lis­mus sowie das Verhältnis zwischen Handel und Umweltschutz.

euronews: Was ist der neue Multilateralismus? Was geschah mit der Weltordnung während der Covid-19-Krise? Wie hat diese beispiellose Gesundheitskatastrophe den Blick auf alle Bereiche jenseits der öffentlichen Gesundheit und auf das, was wir für den weltweiten Stand der Dinge hielten, verändert? Um Antworten auf einige der weltweit brennendsten Themen zu erhalten, habe ich die Generaldirektorin der Welthandelsorganisation Ngozi Okonjo-Iweala zu Gast.

Lassen Sie mich mit den jüngsten Entwicklungen beginnen, von denen wir bei der Tagung zur Lage der Union gehört haben. Ursula von der Leyen, die Präsidentin der Europäischen Kommission, sagte, die EU sei bereit, über den Vorschlag zu sprechen, der schon von den Vereinigten Staaten gemacht wurde, die Rechte für Covid-19-Impfstoffpatente freizugeben. Gleichzeitig haben einige Länder Zweifel zum Ausdruck gebracht und wollen das derzeit vielleicht nicht. Was sagen Sie zu diesen Entwicklungen und wie könnte das die Verhandlungen verzögern, da doch der Zeitaspekt hier so wichtig ist?

**Ngozi ****Okonjo-Iweala (Generaldirektorin der Welthandelsorganisation):** Wie Sie richtig gesagt haben, sind viele Mitglieder der Welthandelsorganisation für die Freigabe der Impfpatente. Mehr als 100 Entwicklungsländer haben sich Südafrikas und Indiens Freigabeforderung angeschlossen, weil sie meinen, dass das ein Mittel für Entwicklungsländer ist, das Problem der ungleichen Impfstoffverteilung zu lösen. Aber es gibt auch Fürsprache für die Gegenseite, die meint, dass die Freigabe nicht das entscheidende Thema sei, um die Mengen zu erhöhen.

Meine Aufgabe ist, die Mitglieder an einen Tisch zu bringen, um über einen Text zu verhandeln, der zu einer pragmatischen Lösung führen würde, um sicherzustellen, dass den Entwicklungsländern Zugang zum Impfstoff verschafft wird. Damit soll die Ungleichverteilung der Impfstoffe bekämpft und gleichzeitig sichergestellt werden, dass wir Forschung und Neuerungen nicht ihre Trümpfe nehmen. Ich bin mir sicher, dass die jüngst von den USA gemachte Äußerung den Verhandlungen einen Schub geben wird und dass die Mitglieder bereit sind, sich an einen Tisch zu setzen, um über den Text zu verhandeln. Das ist die einzige Möglichkeit, um Fortschritt zu erreichen.

Mit den Impfpatenten müssen auch Technologie und Wissen bereitgestellt werden, sonst ist man nicht in der Lage, die Stoffe herzustellen
Ngozi Okonjo-Iweala
Generaldirektorin der Welthandelsorganisation

Aber ich möchte etwas ergänzen: Es braucht verschiedene Faktoren, um das Problem des ungleichen Zugangs zu Impfstoffen, Behandlungsweisen und Diagnosen zu lösen. Die Welthandelsorganisation kann bei all dem eine Rolle spielen. Ein Faktor ist die Verringerung von Handelseinschränkungen und -verboten, damit im Rahmen der Lieferketten reibungslos in Bezug auf Waren, Rohstoffe und Zulieferung gearbeitet werden kann. Wir brauchen auch ausgebildetes Personal für die Fertigung und müssen die Herstellungskapazität erhöhen. 80 Prozent der weltweiten Impfstoffausfuhren beschränken sich auf zehn Länder in Nordamerika, im Süden Asiens und Europa.

Die Schwierigkeiten dieser Beschränkung haben wir erkannt. Wir müssen die jetzt verfügbaren Kapazitäten in aufstrebenden Märkten und Entwicklungsländern nutzen. Das kann in den kommenden sechs bis neun Monaten behoben werden. Und wir müssen neue Kapazitäten schaffen. Das Beispiel Afrika: Ein Kontinent mit 1,3 Milliarden Menschen! Afrika importiert 99 Prozent seiner Impfstoffe. Es muss etwas getan werden, um dort die Herstellung von Impfstoffen zu verbessern.

Dann gibt es das Problem der Impfpatente. Mit diesen müssen auch Technologie und Wissen bereitgestellt werden, sonst ist man nicht in der Lage, die Stoffe herzustellen. Das ist ein vielschichtiges Problem in drei Teilen. Ich hoffe, dass sich die Mitglieder zusammensetzen und diese drei Teile in die richtige Reihenfolge bringen, um die Impfmengen zu erhöhen.

Covid-19: Die Lehren der Welthandelsorganisation

euronews: Die Covid-19-Pandemie und die übergeordnete Krise hat vor etwas mehr als einem Jahr begonnen. Welche Lehren ziehen Sie bei der Welthandelsorganisation daraus?

Okonjo-Iweala: Ja, es gibt viele Lehren, die aus dieser Krise erwachsen. Eine der wichtigsten, die alle gezogen haben, ist die Erkenntnis der Vernetzung der Welt und wie wenig die Welt auf diese Krise vorbereitet war. Ob in reichen oder armen Ländern: Sie müssen sicherstellen, dass die Gesundheitssysteme in allen Ländern gestärkt werden, um mit der nächsten Krise umzugehen. Eine andere Lehre ist die Rolle des Handels. Obwohl der Handel im vergangenen Jahr um 5,3 Prozent beim Umfang und um sieben Prozent beim Wert zurückgegangen ist, spielte er eine wichtige Rolle, um sicherzustellen, dass die Lieferungen von medizinischen Gütern und Ausrüstungsgegenständen ausgebaut wurden. Obwohl der Handel überall abnahm, ist er im Bereich Medizin um 16 und im Bereich Schutzbekleidung um 50 Prozent gestiegen. Das zeigt, dass das multilaterale Handelssystem dazu beigetragen hat, die Probleme in der Beförderung medizinischer Güter zu lösen.

Die Lieferketten haben in hohem Maße funktioniert. Nicht fehlerfrei, aber sie haben funktioniert
Ngozi Okonjo-Iweala
Generaldirektorin der Welthandelsorganisation

Es ist ein sehr wichtiger Punkt und eine gute Lehre, zu wissen, dass wir unser multilaterales Handelssystem stärken und aufrechterhalten müssen. Wir haben gelernt, dass Lieferketten recht widerstandsfähig sind - viel mehr, als die Leute meinen. Es wird ebenfalls über das Thema der Rückverlagerung von Unternehmen und Beschäftigten in ihre Ursprungsländer gesprochen. Aber man hat gesehen, dass der Handelsverkehr mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Nahrungsmitteln widerstandsfähig und gleichmäßig war. Und über die medizinische Versorgung habe ich schon gesprochen.

Alles in allem meinen wir, dass die Lieferketten in hohem Maße funktioniert haben. Nicht fehlerfrei, aber sie haben funktioniert. Das ist eine weitere Lehre. Und zum Schluss: Die Rolle des Handels, um sicherzustellen, dass wir uns um die Probleme der Impfstoffgleichverteilung kümmern, ist sehr wichtig. Da kommen Lieferketten sehr zum Tragen - und Fragen des Technologiehandels sowie von Patenten und geistigem Eigentum.

Multilateralismus und Globalisierung: Ein neues Modell

euronews: Lassen Sie mich da einhaken. Im vergangenen Jahr wurde der Ruf nach einer Rückverlagerung der Fertigung, nach einer größeren Selbstbestimmung und Unabhängkeit laut, wenn man den Welthandel als Ganzes betrachtet. Wie sollten wir den Welthandel und den neuen Multilateralismus neu durchdenken?

Okonjo-Iweala: Zunächst einmal hat der Multilateralismus einiges an Prügel einstecken müssen. Es gab zunehmenden Protektionismus, was auch von einigen Fehlern der Globalisierung herrührt. Globalisierung hat hunderten Millionen von Menschen aus der Armut verholfen, hat aber auch einige Leute abgehängt. Es gibt arme Menschen in reichen Ländern, die abgehängt worden sind, und es gibt arme Länder, denen die Globalisierung nicht zugutegekommen ist. Auf dieser Grundlage muss man sagen, dass der neue Multilateralismus - wenn man den so bezeichnen möchte - derart gesteuert und unterstützt werden muss, dass er dazu beitragen kann, sich der Schwierigkeiten anzunehmen, mit denen sich die Globalisierung nicht auseinandergesetzt hat. Und er muss die Solidarität und die Zusammenarbeit stärken, die wir benötigen, um die Probleme der weltweiten öffentlichen Güter zu lösen.

Lassen Sie uns Wieder-Globalisierung als Stärkung des Multilateralismus erachten. So würde ich lieber den neuen Multilateralismus einschätzen.
Ngozi Okonjo-Iweala
Generaldirektorin der Welthandelsorganisation

Die Menschen sprechen über Protektionismus, eine Rücknahme der Globalisierung und dass Globalisierung nicht funktioniere. Ich erachte es lieber als eine Wieder-Globalisierung, um die Funktionsweise der Globalisierung neu zu gestalten. In der ersten Welle wurden Länder wie China und osteuropäische Länder in das System eingegliedert. Das sorgte in der Weltwirtschaft und in diesen Ländern für erhebliche Gewinne. Wir brauchen eine zweite Welle, in der Länder in Afrika, Billiglohnländer in Asien und Lateinamerika in das System eingebaut werden. Das würde der Globalisierung einen zweiten Schub verpassen und gegen Ungleichheiten vorgehen, die in der technologischen Entwicklung und der ersten Globalisierungswelle entstanden sind. Lassen Sie uns Wieder-Globalisierung als Stärkung des Multilateralismus erachten. So würde ich lieber den neuen Multilateralismus einschätzen.

Fabrice Coffrini/AP
Ngozi Okonjo-IwealaFabrice Coffrini/AP

euronews: Das sind die Vorgehensweisen, die nötig sind, um sicherzustellen, dass wir uns nicht in Richtung einer Entglobalisierung, sondern einer Wieder-Globalisierung aus anderem Blickwinkel bewegen.

Okonjo-Iweala: Zunächst einmal müssen wir sicherstellen, dass das Gute am System des Multilateralismus und am Handelssystem erhalten bleibt und gestärkt wird: Chancengleichheit, Gerechtigkeit, das Nicht-Vorhandensein von Diskriminierung. Die Grundsätze und die Stabilität des Systems müssen erhalten bleiben, das ist unerlässlich. Es kommt hinzu: Wir müssen in Betracht ziehen, dass in den meisten Ländern Kleinstbetriebe sowie kleine und mittelgroße Unternehmen das Wirtschaftswachstum antreiben. Sie schaffen Arbeitsplätze und bringen die Güter in Umlauf. Dennoch erkannt man, dass sie in vielen Ländern nicht am multilateralen Handelssystem teilhaben. Sie sind nicht an landesweite, örtliche oder weltweite Lieferketten angeschlossen. Ein entscheidender Punkt der Wieder-Globalisierung ist also die Frage, wie wir kleine und mittelgroße Betriebe den Lieferketten anschließen, die Waren in die ganze Welt verfrachten.

Ein anderes Themengebiet sind Frauen: Frauen und Handel. In den meisten Ländern befinden sich mindestens 50 Prozent der kleinen und mittelgroßen Betriebe im Besitz von Frauen. Wie binden wir sie in all diese Vorgehensweisen ein? Wie schaffen wir neue Handelsbestimmungen, die diese Bereiche der Weltwirtschaft unterstützen? Das sind Dinge, mit denen wir uns in der Welthandelsorganisation befassen, um sicherzustellen, dass die Wieder-Globalisierung all diejenigen umfasst, die in der Vergangenheit an den Rand gedrängt wurden.

Was die Europäische Union tut, ist für die Welthandelsorganisation und das System des Welthandels von entscheidender Bedeutung
Ngozi Okonjo-Iweala
Generaldirektorin der Welthandelsorganisation

euronews: Der 26. April war der EU-Tag des Handels. Sie haben mit Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der EU-Kommission, über eine Reform der Welthandelsorganisation gesprochen. Können Sie uns einen kurzen Überblick verschaffen? Wie kann sich die EU in Gespräche und letztlich die Umsetzung einer Reform der Welthandelsorganisation einbringen?

Okonjo-Iweala: Was die Europäische Union tut, ist für die Welthandelsorganisation und das System des Welthandels von entscheidender Bedeutung. Wir haben uns über Ideen ausgetauscht, die die EU in Bezug auf eine Reform vorgebracht hat. Ich finde diese Ideen sehr hilfreich und sehr interessant. Es gibt Fragen, wie wir einige der laufenden Verhandlungen abschließen können, an denen die Welthandelsorganisation beteiligt war, zum Beispiel Fischereisubventionen und Verhandlungen zur Stärkung der Nachhaltigkeit der Weltmeere. Diese Verhandlungen laufen schon seit 20 Jahren. Und ich weiß, dass die EU und alle anderen Mitglieder sehr bestrebt sind, diese multilaterale Runde abzuschließen. Also haben wir darüber gesprochen, wie wir das tun können.

Wir haben über Fragen des brachliegenden Streitbeilegungsverfahrens der Welthandelsorganisation gesprochen und wie wir es wiederbeleben und reformieren können. Wir haben darüber gesprochen, wie wir die Regeln der Welthandelsorganisation den Problemen des 21. Jahrhunderts anpassen können. Ich habe gerade Fragen des digitalen Handels und des Internethandels erwähnt. Wie machen wir das? Die EU ist in diesen Bereichen sehr unterstützend. Und dann sind wir beim Thema Handel und Klima angelangt. Wie können wir die Regeln der Weltgesundheitsorganisation dazu bringen, den Volkswirtschaften zu helfen, grüner zu werden, weniger Kohlenstoff auszustoßen und uns besser von der Pandemie zu erholen?

Handel und Umweltschutz: Ein Gegensatz?

euronews: Alle Mitglieder der Welthandelsorganisation haben sich zu den UNO-Zielen in Sachen nachhaltiger Entwicklung bekannt. Viele der Ziele haben mit Umweltschutz zu tun. Wie kann beim Aufbau eines neuen Multilateralismus und einer Wieder-Globalisierung, wie Sie sagen, sichergestellt werden, dass die Handelspolitik auf die Herausforderungen in Sachen Klima und Umwelt eingeht?

Okonjo-Iweala: Der Handel kann einen wesentlichen Beitrag leisten, damit der weltweite Kohlenstoffausstoß verringert und die Welt grüner wird. Es gibt da viele Möglichkeiten, die wir in Betracht ziehen können. Zunächst einmal: Die Mitglieder der Welthandelsorganisation haben 2016 ein Abkommen über Umweltgüter und -dienstleistungen ausgehandelt, die einen Anreiz geschaffen hätten, sich stärker in Richtung der Nutzung sauberer sowie grünerer Technologien und Güter zu bewegen. Aber diese Verhandlungen kamen zum Stillstand. Wir versuchen, diese Verhandlungen wiederzubeleben und sie so zum Abschluss zu bringen, dass sie den Mitgliedern und insgesamt der Umwelt einen Nutzen bringen.

Natürlich gibt es Fragen, wie man das Thema Kohlenstoffausstoß innerhalb des Handels und mit verschiedenen Maßnahmen anpackt
Ngozi Okonjo-Iweala
Generaldirektorin der Welthandelsorganisation

Natürlich gibt es Fragen, wie man das Thema Kohlenstoffausstoß innerhalb des Handels und mit verschiedenen Maßnahmen anpackt - darunter das CO2-Grenzausgleichssystem, das die EU erwägt und über das diskutiert wird. Wir befassen uns auch bei der Welthandelsorganisation mit diesem Thema, um sicherzustellen, das alles den Regeln der Welthandelsorganisation entspricht. Das ist im Gange. Aber wir müssen unterschiedliche Maßnahmen in Betracht ziehen, die helfen könnten, mehr auf die Umwelt zu achten. Das ist ein spannender und herausfordernder Bereich. Wir freuen uns darauf, beim Thema Umwelt mit der EU und anderen weiter zusammenzuarbeiten.

Die Zukunft der Welthandelsorganisation

euronews: Betrachtet man das Kurzfristige in ein bis drei Jahren: Was sind da wahrscheinliche Ziele, die Sie besonders im Blick haben?

Okonjo-Iweala: In den nächsten ein bis drei Jahren? In diesem ersten Jahr habe ich eine Reihe Ziele für die Weltgesundheitsorganisation und den Handel im Blick. Zuvörderst müssen wir die Weltgesundheitsorganisation zu einer Einrichtung machen, die Ergebnisse hervorbringt. Die Sichtweise, derzufolge die Weltgesundheitsorganisation keine Ergebnisse abliefere, ist hinderlich. Das muss sich ändern. Ich sehe großes Potenzial für Änderungen bereits bis zur zwölften Ministerialtagung im Dezember. Das kann erreicht werden, wenn man sich auf die Ergebnisse konzentriert. Zunächst haben wir die große Gelegenheit, die Verhandlungen über die Fischerei-Subventionen abzuschließen, die seit 20 Jahren andauern.

Landwirtschaft von lebenswichtiger Bedeutung für unsere Mitgliedsländer
Ngozi Okonjo-Iweala
Generaldirektorin der Welthandelsorganisation

Wenn es um die Nachhaltigkeit der Weltmeere und die Lebensbedingungen der Fischerinnen und Fischer geht, müssen wir diese Verhandlungen zum Abschluss bringen. Das hat für mich wirklich Vorrang. Das würde uns einen Sieg verschaffen. Der zweite Bereich, in dem ich Ergebnisse sehen möchte, sind Handels- und Gesundheitsfragen. Wir haben als Weltgesundheitsorganisation die einzigartige Gelegenheit, die Probleme, denen wir zurzeit wegen der Pandemie gegenüberstehen, zu bekämpfen. Wir haben schon verdeutlicht, dass Handel und das multilaterale Handelssystem zur Lösung gehören. Ich möchte, dass wir mehr machen. Wenn wir die Verhandlungen über geistiges Eigentum, Technologietransfer und Wissen abschließen, hätten wir ein Werkzeug, das beitragen kann, die Probleme des Zugangs zu medizinischer Versorgung, Gütern und Impfstoffen zu lösen. Das wäre ein großer Beitrag, wenn wir das auf der Ministerialtagung abschließen könnten.

Der dritte Bereich ist die Landwirtschaft. Das ist ein Bereich von lebenswichtiger Bedeutung für unsere Mitgliedsländer - sowohl die entwickelten und die sich entwickelnden Länder. Es gibt Gegenden mit Problemen in der Nahrungsmittelversorgung. Aber das multilaterale Handelssystem hat dafür gesorgt, dass die Nahrungsmittelversorgung weltweit beständig ist. Die Sicherheit der Nahrungsmittelversorgung ist wichtig. Wie können wir Abkommen erreichen, die den Mitgliedsländern in der Landwirtschaft hilfreich sind? Wir haben das Problem der Subventionen: In der Industrie und in der Landwirtschaft. Einige Mitgliedsländer befürchten deshalb, zwischen den Länder bestehe im Handelswettbewerb keine Chancengleichheit mehr. Das ist ein Bereich, in dem ich Fortschritte erreichen will. Bei den Streitschlichtungsmaßnahmen bezüglich von Bestimmungen der Welthandelsorganisation würde ich auch gerne Fortschritte sehen. Es gibt also viele Möglichkeiten, die Organisation in den kommenden ein bis drei Jahren zu ändern.

Handel ist ein Mittel zum Zweck
Ngozi Okonjo-Iweala
Generaldirektorin der Welthandelsorganisation

euronews: Wie Sie sagten, bestehen einige der Probleme seit Jahren. Es gab Entwicklungen, in anderen Fällen aber auch ein Mangel an Entwicklung. Ich möchte Sie nach einer Entwicklung fragen, die mehr auf den Menschen ausgerichtet ist, um das Problem der Ungleichheit anzugreifen.

Okonjo-Iweala: Handel ist ein Mittel zum Zweck. Der Zweck ist, das Leben der Menschen weiterzuentwickeln und zu verbessern. Es geht um die Menschen. Die Welthandelsorganisation und ihre Werkzeuge sollten eingesetzt werden, um das Leben der Menschen zu verbessern - ob es sich um arme Menschen in reichen Ländern oder arme Entwicklungsländer handelt. Die Regeln sollten derart sein, dass wir sie in das System des Welthandels einbringen und sie einsetzen können, um das Leben der Menschen zu verbessern. All die Ergebnisse, von denen ich spreche, sollten eine Verbesserung im Leben der Menschen herbeiführen: sei es in der Landwirtschaft oder in der Fischerei, die sowohl für arme als auch für große Länder wichtig sind. Oder sei es im Handel, in Gesundheitsdingen, bei der Überwindung der Pandemie oder im Bereich Umwelt. In jedem Bereich haben wir die Möglichkeit, das Leben der Menschen zu verbessern.

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