Der Mosaic-Impfstoff gegen HIV wird in mehreren Ländern getestet

Archivbild: Arzt impft Patientin, 10.10.2008
Archivbild: Arzt impft Patientin, 10.10.2008 Copyright MATTHIAS RIETSCHEL/AP
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Von Juan Carlos De Santos Pascual
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Die Welt kommt der Entwicklung eines wirksamen HIV-Impfstoffs immer näher.

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"Ich bin sehr aufgeregt", kommentierte Journalist Lucas Villa am Tag, als ihm die erste Dosis dessen injiziert wurde, was in ein paar Jahren der Impfstoff gegen HIV sein könnte. Die Impfungen werden in mehreren Ländern im Rahmen der Mosaic-Studie getestet und sind nun in Phase III der klinischen Studien. Anders ausgedrückt: die Welt kommt der Entwicklung eines HIV-Impfstoffs immer näher.

Die Studie garantiert nicht, dass Freiwillige tatsächlich eine Dosis des Impfstoffs erhalten haben. 50 % der Freiwilligen bekommen statt des Impfstoffs Kochsalzlösung verabreicht. "Sie (es sei denn, sie haben mir ein Placebo gegeben) werden nun die Immunantwort dieses Impfstoffs in meinem Körper feststellen", schreibt Lucas Villa. Der Journalist vermittelt die Botschaft, dass es nicht nur Impfstoffe gegen Coronaviren gibt - in einer Zeit, in der COVID-19 alle anderen Krankheiten in den Schatten zu stellen scheint. "Weil es nicht nur ein Virus gibt, das man aufhalten muss", wie er auf Twitter schreibt.

Wie funktioniert dieser Impfstoff?

Die Tests, die durchgeführt werden, basieren auf zwei experimentellen HIV-Impfstoffen. Daran beteiligt sind unter anderem das Pharmaunternehmen Janssen. Der Präsident des staatlichen Koordinators für HIV und AIDS (CESIDA) in Spanien, Ramón Espacio, erklärt: "Er basiert auf dem Adenovirus und auf der Bildung von Antikörpern gegen HIV". Die Impfstoffe in der Studie heißen "Ad26.Mos4.HIV" und "gp140 bivalent". Die Impfstoffe werden nicht aus lebendem oder abgetötetem HIV oder HIV-infizierten menschlichen Zellen hergestellt, so dass kein Risiko besteht, sich mit HIV anzustecken.

Ad26.Mos4.HIV basiert auf einem Adenovirus des Typs 26, ein häufig vorkommendes Virus, das Erkältungen und Atemwegsinfektionen verursachen kann. Dieses Adenovirus ist so konzipiert, HIV-ähnliche Proteine im Körper zu produzieren, um die notwendigen Antikörper zu bilden, wenn das Virus in den Körper eindringen will. Mehrere synthetisch hergestellte Proteine, die denen von HIV ähneln, sind in das bivalente gp140 eingebaut, um eine Immunantwort zu erzeugen. Laut Ramón Espacio "ist es ein ungewöhnlicher Impfstoff in dem Sinne, dass er verschiedene Komponenten hat, was bedeutet, dass mehrere Dosen im Laufe eines Jahres geimpft werden müssen".

Wo wird der Impfstoff getestet?

Mosaic sucht nach Freiwilligen für diese Studie, die in mehreren Ländern durchgeführt wird. In Europa nehmen Spanien, Polen und Italien teil, aber auch in den Vereinigten Staaten, Mexiko, Brasilien und Argentinien wird der Impfstoff getestet. Insgesamt sollen rund 3800 Menschen daran teilnehmen.

Vicente Descalzo arbeitet als Arzt in der Abteilung für sexuell übertragbare Krankheiten und HIV des Krankenhauses Val d'Hebron in Barcelona. Er arbeitet mit an der Mosaic-Studie und erklärte gegenüber Euronews: "Es geht darum, die Wirksamkeit des Impfstoffs zu testen und daraus schon einen Hinweis zu haben. Die Idee ist, zu versuchen, möglichst viele Teilnehmer für die Wirksamkeitsdaten einzubeziehen. Wir haben bereits bei den vorherigen Phasen die verabreichte Menge kalkuliert und auf Nebenwirkungen getestet."

Wer nimmt an der Studie teil?

Für die Studie werden zunächst homosexuelle Männer und Transgender-Menschen durchgeführt, die möglicherweise ein erhöhtes Risiko haben, sich mit dem HI-Virus zu infizieren. "Wir befinden uns im Frühstadium der Studie. Wir sind noch auf der Suche nach Teilnehmern, und noch haben wir keine belastbaren Daten. Es wird vielleicht eine Zwischenanalyse geben, aber ich glaube nicht, dass wir in den nächsten zwei Jahren irgendwelche Daten haben werden", erklärt Descalzo.

Nach Angaben der Projektverantwortlichen müssen die Teilnehmer zwischen 18 und 60 Jahre alt sein, dürfen nicht mit HIV infiziert sein und dürfen zudem keine Präexpositionsprophylaxe (PrEP) zur Verhinderung einer HIV-Infektion nutzen (die sich als sehr effektiv in der Prävention erwiesen hat). "Wenn eine Person aus irgendeinem Grund keine Pillen nehmen will oder von der PrEP nicht überzeugt ist, dann ist das der Zeitpunkt, an dem wir die Teilnahme an anderen Präventions- oder Forschungsstudien in Betracht ziehen, wie in diesem Fall die Impfstoffstudie, aber natürlich müssen wir dem Patienten zuerst die Strategien anbieten, von denen wir wissen, dass sie funktionieren", fügt der Arzt hinzu.

Wie in anderen Studien dieser Art wissen weder der Arzt noch der Patient, ob sie mit der Impfstoffdosis oder einem Placebo geimpft werden.

Warum dauert die Entwicklung eines HIV-Impfstoffs solange, gerade im Vergleich zu Corona-Impfstoffen?

"HIV ist ein Virus, das sehr häufig mutiert. Es repliziert sich auf eine fehlerhafte Weise und das führt dazu, dass es viele Mutationen gibt. HIV hat ungefähr tausendmal mehr Varianten als das Coronavirus. Das Virus aus einer Region kann sich sehr stark von einer anderen unterscheiden. Das erschwert die Entwicklung eines Impfstoffs, der jemanden vor allen Varianten des HI-Virus schützt", erklärt Vicente Descalzo. "Andererseits werden Menschen, die sich mit COVID infiziert haben, häufig wieder gesund. Wir haben immer noch niemanden gefunden, der spontan von HIV geheilt wurde", fügt der Arzt vom Krankenhaus Val d'Hebron hinzu. Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Viren ist die Inzidenzrate. "Die Inzidenzrate ist bei HIV niedriger, also muss man sie über einen längeren Zeitraum beobachten", sagt Descalzo. Der Arzt ergänzt, dass in die COVID-Forschung zuletzt wesentlich mehr Geld gesteckt wurde.

Wann wird es mehr Daten geben?

Ramón Espacios weist darauf hin, dass "es bereits eine Studie [mit den gleichen Impfstoffen] gibt, die mit Frauen durchgeführt wird, und zwar in Ländern, in denen es eine höhere Prävalenz bei Frauen gibt. Dazu zählen afrikanische Länder, und es scheint, dass es aus Afrika, wo die Studie weiter fortgeschritten ist, bis Ende dieses Jahres vorläufige Daten geben wird". Espacios ist verhalten hoffnungsfroh, denn es ist nicht das erste Mal, dass ein HIV-Impfstoff getestet wird. "Es sieht gut aus, aber wir haben schon mehrere Studien gemacht. Es ist notwendig zu zeigen, dass es wirklich funktioniert", meint der Präsident von CESIDA. "Man muss abwarten, ob die Immunantwort andauert, dass die Antikörper lange genug im Körper vorhalten und es schaffen, das Eindringen des Virus zu blockieren", unterstreicht Espacio. "Es gab viele Versuche mit Impfstoffen, und bei dem letzten, der in Thailand durchgeführt wurde, stellte sich heraus, dass die Wirksamkeit nicht ausreichte, sie lag bei etwas mehr als 30 %. Ein Impfstoff gegen HIV muss eine höhere Wirksamkeit aufweisen."

Der Impfstoff wäre in Entwicklungsländern viel einfacher zu implementieren

Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat zuletzt mit großer Mehrheit eine Reihe dringender Maßnahmen zur Beendigung von HIV/AIDS bis zum Jahr 2030 beschlossen und gewarnt, dass die Pandemie des Coronavirus die Ungleichheiten vergrößert und den Zugang zu antiretroviralen Medikamenten, Therapien und Diagnostika verschlechtert hat. 193 Nationen haben sich verpflichtet, bis 2025 die jährlichen HIV-Infektionen auf unter 370.000 und die AIDS-bedingten Todesfälle auf weniger als 250.000 zu senken.

"HIV ist nach wie vor ein Problem der öffentlichen Gesundheit in Spanien und Europa, aber hier in Industrieländern können wir es besser behandeln. Wir haben andauernd hohe Inzidenz und eine sehr niedrige Sterblichkeitsrate, weil die Menschen Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten haben und Menschen mit HIV gut leben", erklärt Espacios. Es gibt jedoch Länder, in denen der Zugang zur Behandlung noch immer sehr eingeschränkt ist: "In Tansania sterben weiterhin 30.000 Menschen an AIDS, und wir sehen mit COVID, dass die Realität und der Weg zur Beendigung von Pandemien darin besteht, einen wirksamen Impfstoff zu haben", schließt Espacio.

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