Nach langen Debatten: Vertriebenenmuseum in Berlin wird eröffnet

Die Geschichte der Zwangsmigration soll u.a. anhand von Fotos und Karten erzählt werden.
Die Geschichte der Zwangsmigration soll u.a. anhand von Fotos und Karten erzählt werden. Copyright AFP
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Von euronews
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Das Dokumentationszentrum will die Geschichte der Zwangsmigration, insbesondere die der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg, erzählen.

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Jahrelang hat es hitzige Diskussion darum gegeben, jetzt wird es eröffnet: Das Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung am Anhalter Bahnhof in Berlin will auf zwei Etagen die Geschichte der Zwangsmigration vom vergangenen Jahrhundert bis heute sowie die von Flucht und Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg erzählen. 

Damit werde eine Lücke in der deutschen Erinnerungskultur geschlossen, so Museumsdirektorin Gundula Bavermann: "Der Auftrag dieses Hauses berührt einen politisch moralischen Grundkonflikt im Selbstverständnis der Deutschen. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist unser Geschichtsbewusstsein durch das Täter-Opfer-Schema geprägt. Wir sind gewohnt, es als harten Schwarz-Weiß-Kontrast zu betrachten und haben es manchmal schwer, Übergänge und Grautöne zu sehen."

Erster Impuls kam von Erika Steinbach

Der Weg bis zur Eröffnung im Deutschlandhaus am Anhalter Bahnhof war über mehr als zwei Jahrzehnte von heftigen Auseinandersetzungen geprägt. Hauptthema der teils erbitterten Debatten um das Zentrum war, inwiefern das Schicksal der deutschen Vertriebenen im Mittelpunkt stehen soll. Vor allem in Polen gab es Befürchtungen, die Deutschen könnten sich selbst zu Opfern machen und so von ihrer Schuld in der Zeit des Nationalsozialismus ablenken.

Der erste Impuls zu dem Zentrum kam von der damaligen Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, einer langjährigen CDU-Bundestagsabgeordneten. Sie stimmte 1991 im Bundestag gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie. Die streitlustige Funktionärin verließ die Partei vor einigen Jahren wegen eines angeblichen Linkskurses unter Merkel. Mit dem 2005 gestorbenen SPD-Politiker Peter Glotz, der mit seiner Familie aus Böhmen vertrieben worden war, fand sie einen weniger umstrittenen Mitkämpfer.

Bavermann: Geschichte muss der Versöhnung dienen

Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD einigte sich schließlich auf "die historische Aufarbeitung von Zwangsmigration, Flucht und Vertreibung". 2008 wurde die Stiftung Fluchht, Vertreibung, Versöhnung gegründet, der Streit etwa um den großen Einfluss der Flüchtlingsverbände hielt an.

Die Auseinandersetzungen führten zu mehreren Wechseln an der Spitze der Stiftung. Mit Bavendamm wurde es 2016 ruhiger. Für die Direktorin verlangt die Geschichte von Flucht und Vertreibung der Deutschen auch eine europäische Perspektive. "Sie muss in unverbrüchlicher Verbindung mit der nationalsozialistischen Politik dargestellt werden. Und sie kann nur der Versöhnung dienen", sagt sie.

Das Museum kann ab Mittwoch besucht. Am Montag ist zur Eröffnung ein Festakt mit Kanzlerin Angela Merkel geplant.

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