Klimaexperten: Kritische Temperaturen werden schon 2030 erreicht

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Der Weltklimabericht gibt Prognosen für die weltweite Entwicklung der Erderwärmung, die sich laut Forscherteam weiter beschleunigt.

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Das internationale Forscherteam des IPCC, das alle sechs Jahre seinen Bericht zur Entwicklung des Klimawandels und der Erderwärmung vorstellt, konstatiert ein schnelleres Zusteuern auf den kritischen Wert als zuvor angenommen.

Schon ab 2030 könnte sich die Erde um 1,5 Grad erwärmt haben. Bereits jetzt ist nach Angaben des Weltklimarats die Temperatur weltweit um 1,1 Grad gestiegen. Der Meeresspiegelanstieg, die Eisschmelze, Hitzewellen, Dürren und Starkregen sind den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge deutlich sicherer vorhersagbar als bisher, so der Bericht.

Menschlicher Einfluss auf Temperaturanstieg "zweifelsfrei" nachgewiesen

Ein Großteil des Temperaturanstiegs sei eindeutig auf die von Menschen verursachten Treibhausgase zurückzuführen. "Es ist zweifelsfrei, dass der menschliche Einfluss die Atmosphäre, den Ozean und das Land aufgeheizt hat", heißt es in dem Bericht aus Genf. "Menschlicher Einfluss hat das Klima so aufgeheizt, wie es seit mindestens 2000 Jahren nicht mehr vorgekommen ist. [...] 2019 war die CO2-Konzentration in der Atmosphäre höher als zu jedem anderen Zeitpunkt seit mindestens zwei Millionen Jahren."

Die internationale Staatengemeinschaft hatte im Dezember 2015 im dem Pariser Klimaabkommen vereinbart, die weltweite Erwärmung gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter zwei Grad, am besten unter dem kritischen Wert von 1,5-Grad zu halten. Allerdings mussten die einzelnen Staaten keine verbindlichen Zusagen machen. "Wenn wir die Emissionen nicht schnell genug herunterfahren und bis etwa 2050-2070 netto-null erreicht haben, werden wir beide Pariser Klimaziele verfehlen", sagte Mitautor Douglas Maraun von der Universität Graz.

Nie dagewesene Extremwetterereignisse nehmen zu

Die Klimaexpertinnen und -experten rechnen auch mit nie dagewesenen Extremwetterereignissen wie Starkregen und Überschwemmungen und Hitzewellen. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass Episoden mit Starkniederschlägen in den meisten Regionen mit einer weiteren Klimaerwärmung intensiver und häufiger werden", heißt es darin. "Sehr wahrscheinlich" bedeutet: mit 90- bis 100-prozentiger Sicherheit. Der neue Bericht ist an diesem Montag - überschattet von der Hitzewelle in Südeuropa mit dramatischen Waldbränden in Griechenland und der Türkei - auf einer Pressekonferenz der UN-Organisation in Genf vorgestellt worden.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte: "Die Glocken tönen ohrenbetäubend. Sie müssen das Ende von Kohle und anderen fossilen Brennstoffen einläuten, bevor diese unsere Erde zerstören".

Der Weltklimarat warnt auch vor zwei Alptraum-Szenarien: der Anstieg des Meeresspiegels um zwei Meter bis Ende des Jahrhunderts und den Stillstand der Atlantischen Umwälzströmung (AMOC). Beide hätten dramatische Auswirkungen auf das Wetter und das Leben der Menschen. Sollte letztere kollabieren, würden die Monsunregenfälle in Afrika und Asien wegbrechen. Es würde auch bedeuten, dass die Winter in Europa wesentlich kälter werden würden und die Sommerhitze extremer.

Der Weltklimarat hat fünf Szenarien vorgestellt. Im optimistischen Fall würde die Erde etwa 2050 Klimaneutralität erreichen, das heißt, es würde gelingen, dass die Welt mehr CO2 aufnimmt als ausstößt. In diesen Fällen könnte der Anstieg der Erdtemperatur auf 1,8 Grad limitiert werden.

Fünf Zukunftsszenarien: allesamt düster

Bleiben die Emissionen bis 2050 gleich, wird die Durchschnittstemperatur auf 2,1 bis 3,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau steigen. Zwei weitere Szenarien gehen von einer Verdoppelung der CO2-Emissionen bis Mitte des Jahrhunderts aus. Das würde einen Temperaturanstieg von bis zu 5,7 Grad bedeuten.

Die Energie-Agentur der US-Regierung (EIA) hat 2019 berechnet, dass der CO2-Ausstoß wegen der erst beginnenden Industrialisierung vieler Länder bis 2050 von heute im Jahr rund 36 Milliarden Tonnen auf mehr als 42 Milliarden Tonnen wächst. China produziert zur Zeit das meiste Treibhausgas, etwa ein Viertel der Gesamtmenge, vor den USA mit 18 und der EU mit 17 Prozent. Der Anteil der CO2-Emissionen, die in Senken wie Wäldern oder Ozeanen aufgenommen werden und nicht in der Atmosphäre bleiben, liegt nach dem Bericht bei etwa 44 Prozent.

Der IPCC-Bericht fasst die wissenschaftlichen Ergebnisse der vergangenen Jahre zusammen und wird von den 195 IPCC-Mitgliedsländern in Auftrag gegeben. An ihm haben 230 Forscher:innen aus 66 Ländern gearbeitet. Er stellt eine Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger dar. Er war zuletzt 2013 erschienen. In ihrem Sonderbericht von 2018 waren die Expertinnen und Experten davon ausgegangen, dass die 1,5 Grad zwischen 2030 und 2052 erreicht würden.

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