Tod durch "Nahschuss": Ein Film über die letzte Hinrichtung in der DDR

Lars Eidinger in "Nahschuss" ©alamodefilm
Lars Eidinger in "Nahschuss" ©alamodefilm Copyright Franziska Stünkel/©alamodefilm
Von Anja Bencze mit DPA / Alamode
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Eine dramatische Figur - und eine Art Geschichtsunterricht, meint Lars Eidinger. Auch er war sich nicht bewusst, dass es in der DDR die Todesstrafe gab und dass sie so lange noch vollzogen wurde.

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Mehr als 160 Menschen wurden in der DDR von 1949 bis 1981 hingerichtet, Werner Teske, ein abtrünniger Stasi-Mitarbeiter, war der letzte.

Der Film "Nahschuss" ist an seiner Geschichte inspiriert, Lars Eidinger spielt die Hauptrolle.

Regisseurin Franziska Stünkel richtet darin den Blick auf das Innenleben ihrer Hauptperson, zeigt aber auch die Methoden, die zur Anwendung kamen, um Menschen zu brechen.

"Nicht im kollektiven Bewusstsein": Todesstrafe in der DDR

Anstoß für den Film war ein Schwarz-Weiß-Foto des 1981 hingerichteten Teske, das sie nicht mehr losließ. Die Tatsache, dass in der DDR hingerichtet wurde, war ihr zu diesem Zeitpunkt unbekannt.

Franziska Stünkel: "Ich habe damals einen Zeitungsartikel gelesen und da wurde am Rande erwähnt, dass es die Todesstrafe in der DDR gegeben hat. Ich wusste das nicht. Ich war auch nahezu erschrocken kann man sagen weil, ich finde, es ist so ein gewichtiger Fakt, der mich nicht erreicht hatte.

Aber ich habe dann im Verlauf der Drehbucharbeit gemerkt und bei der Recherche ist mir bewusst geworden, dass das es nahezu jedem Menschen, mit dem ich gesprochen hatte so ging und dass dieser historische Fakt der Todesstrafe in der DDR anscheinend gar nicht im kollektiven Bewusstsein verankert ist."

Täter wird zum Opfer

Im Film heißt der Stasi-Spion Franz Walter und träumt von einer Karriere an der Universität. Diese rückt in greifbare Nähe - im Gegenzug für den Stasi-Dienst: Er soll den in die Bundesrepublik Deutschland geflohenen Fußballer Horst Langfeld (Leon Högehoge) bespitzeln.

Zunächst ist Walter eifriger und loyaler Mitarbeiter, doch als er sich für einen Selbstmord mitverantwortlich fühlt, zweifelt er an seiner Arbeit, fängt an zu trinken, schmiedet Fluchtpläne.

Beeindruckend auch Luise Heyer als Ehefrau Corina, die den Erfolg ihres Liebsten anfangs kaum hinterfragt. Als sich dieser immer mehr zurückzieht, ist sie erst verletzt, doch begreift bald den Ernst der Lage. Das Paar wird beobachtet, abgehört, gegeneinander ausgespielt.

Schließlich wird Walter verhaftet und vor ein Militärgericht gestellt, weil er geheime Unterlagen mit nach Hause genommen hat.

Der Henker war hinter der Tür

Eine dramatische Figur - und eine Art Geschichtsunterricht, meint Lars Eidinger. Auch er war sich nicht bewusst, dass es in der DDR die Todesstrafe gab und dass sie so lange noch vollzogen wurde.

"Wie konnten so viele Leute dieses System stützen, und warum waren denn so viele bei der Staatssicherheit? Das ist glaube ich, so ein bisschen der Anspruch des Films, das nachvollziehbar zu machen. Dass man sagt, da geht jemand über seine eigenen Grenzen und verrät seine Ideale und wird sich untreu und macht sich auch schuldig, aber aus einem Zwang heraus."

Werner Teske wurde am 26. Juni 1981 hingerichtet - mit einer schallgedämpften Pistole in den Hinterkopf. Hinrichtung durch "unerwarteten Nahschuss" nannte sich die Methode. Die Exekution fand in einer Privatwohnung statt - der Henker war hinter der Tür.

Offiziell wurde Teske tot in seiner Zelle aufgefunden. Die Wahrheit kam erst viel später heraus durch die Aufzeichnungen der Gerichtsprozesse.

"Nahschuss" läuft ab sofort in den deutschsprachigen Kinos.

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