"Europas Che Guevara", der Musiker Mikis Theodorakis ist mit 96 Jahren gestorben

 Mikis Theodorakis (2011)
Mikis Theodorakis (2011) Copyright ARIS MESSINIS/AFP
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Von su mit dpa, AFP, AP
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Nach der Nachricht vom Tod von Theodorakis unterbrachen Radio- und Fernsehsender in Griechenland ihre Programme, um die Musik des Komponisten zu spielen und an ihn zu erinnern.

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Die Welt trauert um einen Widerstandskämpfer, Musiker, Freigeist. Griechenland „hat ein Stück seiner Seele verloren» - so die griechische Kulturministerin Lina Mendoni - der Komponist und politische Aktivist Mikis Theodorakis ist mit 96 Jahren gestorben.

Griechenland hat ein Stück seiner Seele verloren
Lina Mendoni
griechische Kulturministerin

SIRTAKI UND FOLTER

Als ehemaliger Widerstandskämpfer und Gegner der Kolonialdiktatur wurde Mikis Theodorakis durch die Komposition der den Sirtaki-Musik für den Film "Alexis Sorbas" (1964) berühmt, eine Musik, die um die Welt gehen sollte.

Auch die Filmmusiken zu "Z " und "Serpico" sowie die Vertonung des "Canto General" nach Versen von Pablo Neruda machten ihn weltweit bekannt. Zu seinem über 1.000 Werke umfassenden Schaffen zählen symphonische Kompositionen und eine Vielzahl von Liedern. Viele Griechen verehren vor allem den Freiheitskämpfer, der sein Leben riskierte.

Mikis Theodorakis, am 29. Juli 1925 auf der Insel Chios in der Ägäis als Sohn einer kretischen Familie geboren, ist der berühmteste griechische Komponist. Er gilt zudem als Symbolfigur des Widerstands in 

Griechenland. Während des Zweiten Weltkriegs war er Widerstandskämpfer und kämpfte beim anschließenden Bürgerkrieg (1946 bis 1949) mit den Linken, weshalb er später deportiert und schwer gefoltert wurde. Auch gegen die Militärdiktatur ging er in den Widerstand und wurde festgenommen und gefoltert ausgesetzt – er wurde unter anderem zweimal lebendig begraben. In der Militärdiktatur 1967-74 hat er maßgeblich dazu beigetragen, das globale Bewusstsein für die Notlage Griechenlands zu schärfen.

MUSIKER SCHON ALS KIND

Die schönere Seite: Schon als Kind war Theodorakis von der Musik fasziniert und schrieb seine ersten Lieder. Der junge Theodorakis gründete in Tripolis auf dem  Peloponnes einen Kirchenchor und gab sein erstes Konzert mit 17 Jahren. 1954 konnte er mit seiner Frau Myrto Altinoglou dank zweier Stipendien und auf internationalen Druck nach Paris ausreisen und Musik studieren. Anfang der 60er Jahre, als er gerade mit seiner symphonischen Musik in der internationalen Musikszene Fuß zu fassen begann, kehrte Theodorakis von Paris nach Athen zurück und wandte sich den Wurzeln der griechischen Musik zu.

POLITIKER DES AUSGLEICHS

…und überraschte Ende der 80er nochmal politisch: 1989 kandidierte der jahrzehntelang als Kommunist und Linker geltende Musiker als Parteiloser für die Liste der konservativen Nea Dimokratia (‚Neue Demokratie‘), um Griechenland bei der Überwindung einer schweren politischen Krise zu helfen – und setzte sich als Minister ohne Geschäftsbereich in der Regierung Mitsotakis gegen Drogen und Terrorismus, für Kultur und Erziehung sowie für verbesserte Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei ein. Während der Finanzkrise in Griechenland demonstrierte er gegen die von den Gläubigern des Landes (EZB, EU, FM) auferlegten Sparmaßnahmen.

Europa hatte keinen Che Guevara, es hatte Mikis Theodorakis
Roger Willemsen
Publizist (2006)

“Europa hatte keinen Che Guevara, es hatte Mikis Theodorakis,“ schrieb der Publizist Roger Willemsen (2006).

Nach der Nachricht vom Tod von Theodorakis unterbrachen Radio- und Fernsehsender in Griechenland ihre Programme, um die Musik des Komponisten zu spielen und an ihn zu erinnern. Die griechische Regierung ordnete eine dreitätige Staatstrauer an, im Parlament hielten die Abgeordneten eine Schweigeminute.

su mit dpa, AFP, AP

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