Strom 190% teurer - Spanische Gemeinde zahlt keine Rechnungen mehr

Demonstranten protestieren im Juni 2021 in Spanien gegen die neue Strompreisverordnung.
Demonstranten protestieren im Juni 2021 in Spanien gegen die neue Strompreisverordnung. Copyright AP Photo
Von Euronews mit Pablo Ramiro
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Der Bürgermeister einer spanischen Gemeinde zahlt aus Protest gegen steigende Energiekosten keine Stromrechnungen mehr. Er wünscht sich mehr öffentlichen Druck auf die Regierung und Energieversorger.

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Batres, eine Gemeinde etwa 30 Kilometer südlich von Madrid in Spanien, hat nur 2.000 Einwohner. Es ist ein kleines Dorf mit einer alten Kirche, in den letzten Jahren sind ein paar Wohnhäuser und Sommervillen von Madridern zugekommen. Batres ist in Spanien jetzt ins Rampenlicht gerückt, weil der Bürgermeister beschlossen hat, die Stromrechnungen nicht mehr zu bezahlen.

Wegen des "permanenten Missbrauchs seitens der Stromversorgungsunternehmen" wird die Gemeinde die Zahlungen so lange aussetzen, bis eine "Senkung der Strompreise auf Werte erfolgt, die den Bürgern einen Mindestverbrauch ermöglichen", erklärt die Gemeindeverwaltung. 

Bürgermeister wünscht sich mehr Druck auf Regierung und Energieversorger

Der Bürgermeister von Batres, Víctor Manuel López Rodríguez, kritisiert die "Untätigkeit" der Regierung und ihre "Unfähigkeit, das Problem zu lösen" und sagt, dass diese Untätigkeit die Macht der multinationalen Konzerne im Lande demonstriere.

In ganz Spanien haben in den vergangenen Monaten Menschen gegen gestiegene Energiepreise demonstriert. Bürgermeister López wünscht sich mehr öffentlichen Druck auf die Regierung und Energieversorger. 

López sagt, dass "wenn alle Bürger ihre Stromrechnungen nicht mehr bezahlen würden, der Druck auf die Versorger groß wäre." Wenn es nur ein paar Leute machen, bekommen sie das zu spüren und ihnen wird der Strom oder das Gas abgedreht. Bei den öffentlichen Verwaltungen hingegen, so der Bürgermeister, sei dies nicht der Fall: "Wenn sie ihre Stromrechnungen nicht bezahlen, müssen die Elektrizitätswerke vor Gericht gehen [...] Aber sie können den Strom in den Schulen, im Rathaus oder bei der öffentlichen Beleuchtung nicht einfach abstellen."

Entwicklung der Energiepreise in Spanien

Nach Angaben der spanischen Zentralbank ist der Strompreis in Spanien im Vergleich zum Vorjahr um 190 Prozent gestiegen. Von 39,3 € pro Kw/h im Juli 2020 auf 132,47 € im September 2021. Dies ist ein allgemeiner Anstieg, der ganz Europa betrifft.

Spanien ist in Bezug auf Energie das fünftteuerste Land in Europa. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe. Zum einen liegt es an einem komplizierten System von Energieauktionen (das mehr oder weniger von allen OECD-Ländern geteilt wird). Dabei wird der Strompreis an den Preis des zuletzt versteigerten Stroms angepasst, auch wenn dieser der teuerste ist und eine Reihe von Steuern einschließt. Die Mehrwertsteuer dafür wurde im Juni von 21 Prozent auf 10 Prozent gesenkt, aber die Senkung hat nur wenig gebracht, der Anstieg des Strompreises hat die Einsparungen zunichte gemacht. Die Regierung von Pedro Sánchez hat eine neue Verordnung über die Stromtarife verabschiedet, die seit dem 2. Juni gilt.

Steigende Energiekosten betreffen ganz Europa

Die Bank von Spanien erklärt in einem Bericht, dass die Hauptursache für den Anstieg die steigenden Kosten für Gas sind sowie die steigenden Kosten für CO2-Emissionsrechte, die EU-Steuer zur Reduzierung der Emissionen.

Auch in Deutschland wird Energie teurer. Verbraucher müssen so viel für Gas bezahlen wie zuletzt 2016. Berechnungen des Vergleichsportals Verivox zeigen, dass die Gaskosten für einen Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden zwischen Januar und August im Schnitt um mehr als acht Prozent gestiegen sind. Damit sei ein "Fünf-Jahres-Hoch" erreicht.

Einem Artikel von NBC zufolge liefert Russland weniger Gas nach Europa. Experten vermuten, dass es sich dabei um Druckmittel handelt, um das Genehmigungsverfahren für die russische Gaspipeline Nord Stream 2 zu beschleunigen.

Eine starke Nachfrage treffe laut Experten auf ein begrenztes Angebot und spärlich gefüllte Gasspeicher. Das führe zu einem angespannten Energiemarkt in Europa, aber auch in den USA oder Asien.

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