Wer beherrscht die Prinzipien der politischen Kommunikation am Besten?

Kommunikation im Wahlkampf: Nicht immer gelingt sie.
Kommunikation im Wahlkampf: Nicht immer gelingt sie. Copyright Michael Sohn/AP
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Von Alexandra Leistner
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Stimmenfang auf den letzten Metern: Wer beherrscht die Prinzipien der politischen Kommunikation am Besten? Die Politologin Gerda Füricht-Fiegl analysiert die Antwortstrategie von Laschet, Baerbock und Scholz für Euronews.

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Als der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk sagte, "Wahlkämpfe sind von Natur aus weder Intelligenztests noch Höflichkeitskurse", sprach er zwar von der Kampagne des damals gerade frisch gewählten Donald Trump in das Amt des US-Präsidenten, doch auch im deutschen Wahlkampf dürften sich die Berater der Kandidaten das ein oder andere Mal die Haare gerauft haben.

Die Bundeszentrale für politische Bildung definiert Wahlkampf, als "programmatische, parteiorganisatorische und publizistisch-kommunikative Maßnahmen von Parteien und/oder Kandidat*innen, mit denen Wählerinnen und Wähler informiert und in ihrer Stimmabgabe beeinflusst werden sollen". Nur noch wenige Tage bleiben den Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl, es geht darum Nichtwähler und Unentschlossene zu überzeugen.

Ob das Interview von CDU-Kandidat Armin Laschet in der Comedy-Show "Late Night Berlin" die Stimmenabgabe für seine Partei positiv beeinflusst hat, ist wohl fraglich. Zehn Minuten lang nahmen die elfjährige Pauline und der zehnjährige Romeo den Kanzlerkandidaten ins Kreuzverhör. Weil die Fragen vor allem beim Nachhaken den jungen Journalisten eindeutig eingeflüstert wurden, beschwerte sich Laschet später bei dem Sender. Sein Unbehagen wurde auch im Laufe des Gesprächs zunehmend deutlich. 

"Zum Ende hin entsteht immer mehr der Eindruck, Herr Laschet würde die Fragen nicht wirklich ernst nehmen", analysiert für Euronews Gerda Füricht-Fiegl, Politologin an der FH Burgenland, die unter anderem Expertin für politische Kommunikation und Wahlkämpfe ist. Das sei in Anbetracht der Tatsache, dass das Video rund 2,5 Millionen Aufrufe (Stand: 23.09.2021) "eine vergebene Chance, vor allem die wahlberechtigte Zielgruppe 'Eltern mit Kindern' anzusprechen".

Zwar habe sich der CDU-Chef bezüglich Stimmlage und Wortwahl an seine Interviewer angepasst, die Gelegenheit, mit Humor zu punkten oder spielerisch auf Fragen einzugehen, habe er aber nicht wahrgenommen. Im Netz war Laschet für seine "patzigen" Antworten in der Show kritisiert worden. "Bei heiklen Fragen reagiert er fallweise verärgert und konfrontativ, was für Wahlkampfveranstaltungen mit seinen Gegenkandidat*innen seinen Platz hat, nicht jedoch im Gespräch mit Kindern", so Füricht-Fiegl.

Eines der wichtigsten Prinzipien der politischen Kommunikation, so Füricht-Fiegl, sei es, in Interviews "in erster Linie für die Zuseher*innen und Zuhörer*innen und nicht für den/die Journalist*in zu sprechen". Ein Prinzip, das Laschets Mitbewerber*innen bei der Befragung im gleichen Format besser beherrschen. "Annalena Baerbock versteht als Einzige sowohl in ihrer Sprache als auch bei ihren Inhalten auf die Ansprüche der Kinder einzugehen. Sie versteht es auch, manche Fragen humorvoll zu parieren und hinterlässt insgesamt einen sympathischen Eindruck." Baerbock wurde zwei Tage nach Scholz und Laschet interviewt, was ihr Laschet-Unterstützern zufolge einen kleinen Vorteil verschaffte. Allerdings weisen andere darauf hin, dass das Format "Kinder fragen..." in der Show von Entertainer Klaas Heufer-Umlauf bekannt ist und mit per Suche im Internet leicht zu recherchieren ist.

Scholz, der den Kindern am gleichen Abend wie Laschet Rede und Antwort stand, "punktet mit ruhiger Gelassenheit und dem Eindruck, die Kinder ernst zu nehmen", analysiert Politologin Gerda Füricht-Fiegl. "Allerdings gelingt es ihm kaum, für die Zielgruppe Kinder fesselnde Antworten zu geben".

Für Laschet ist es nicht das erste Interview für das er öffentlich kritisiert wird. Auch im ARD-Podcast Deutschland3000 mit Journalistin Eva Schulz, fiel der Vorsitzende der Christdemokraten durch seine Rhetorik auf. Unter anderem wies er die Feststellung, in 16 Jahren sei unter der Union zu wenig passiert, als "plump" und "dämlich" zurück. "Das qualifiziert all jene ab, die diese Frage interessiert – und das sind mehr als nur die Interviewerin. Auch Sätze wie 'Ich denke Sie haben recherchiert für die Sendung' lässt Respekt im Umgang mit der Fragestellerin vermissen. Das Publikum identifiziert sich mit der Interviewerin und nicht mit dem Befragten", so Füricht-Fiegl.

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