Afghanistan-Ehrung mit Helm und Fackel: Erinnert Großer Zapfenstreich an Wehrmacht?

Gr. Zapfenstreich vor dem Reichstagsgebäude in Berlin zum Afghanistan-Einsatz
Gr. Zapfenstreich vor dem Reichstagsgebäude in Berlin zum Afghanistan-Einsatz Copyright Markus Schreiber/Copyright 2021 The Associated Press. All rights reserved
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Von Kirsten RipperEuronews mit AP, dpa
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Nicht nur auf Twitter tobt die Debatte um die Zeremonie zur Ehrung der Soldatinnen und Soldaten des deutschen Einsatzes in Afghanistan. Brauchte es einen Großen Zapfenstreich?

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Deutschland tut sich nicht nur schwer mit der Aufarbeitung des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan, bei dem 59 deutsche Soldaten ihr Leben verloren und bis heute zahlreiche Ortskräfte zurückgelassen wurden, denen eigentlich versprochen wurde, sie würden evakuiert. Auch die Ehrung der etwa 90.000 Soldaten und Soldatinnen, die in Afghanistan im Einsatz waren, bleibt ein heikles Thema.

Eigentich war die Ehrung Ende August 2021 geplant, aber wenige Tage nach dem Ende des Abzugs aus Kabul erschien der Termin unangebracht und wurde auf Oktober verschoben.

Am Tag nach der Zeremonie tun sich viele Menschen schwer mit den Bildern von Soldaten mit Helmen und Fackeln vor dem Reichstag in Berlin. Auf Twitter ist #Wehrmacht unter den Trending Topics.

Markus Schreiber/Copyright 2021 The Associated Press. All rights reserved
Zeremonie vor dem Reichstagsgebäude in BerlinMarkus Schreiber/Copyright 2021 The Associated Press. All rights reserved

Während konservative Twitter-Userinnen und -User es für völlig unangebracht halten, den Großen Zapfenstreich - das feierlichste Zeremoniell der Bundeswehr - mit der Armee Nazi-Deutschlands zu vergleichen, schreiben andere von ihrem Unbehagen angesichts dieser Bilder.

Marina Weisband (Grüne, Ex-Piratenpartei) schreibt, sie sei für eine öffentliche Zeremonie, aber es gelte auch zu bedenken, welche Bilder Deutschland an die Menschen und ins Ausland sende und ob es nicht bessere Bilder der Dankbarkeit gebe.

WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt schreibt, "dass #wehrmacht trendet, verdeutlicht einmal die dimension der historischen verblödung von linkstwitter und ihrer regressiven naivität wenn es um außen- und verteidigungspolitik geht."

Der SPD-Politiker Liban Farah kann die Irritation über die Bilder verstehen, hält den Vergleich mit der Wehrmacht aber für falsch.

Twitter-User Geek Rant erinnert an den versuchten Sturm auf den Reichstag von Rechtsradikalen im Sommer 2020.

Auf jeden Fall sollten die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im Mittelpunkt stehen, nicht die Politikerinnen und Politiker, die sie nach Afghanistan geschickt hatten. Viele der Männer und Frauen, die an der Afghanistan-Mission beteiligt waren, sind nach dem Einsatz traumatisiert, aber auch verstört, seit die Taliban am 15. August wieder die Herrschaft über das Land übernommen haben. War das militärische Engagement umsonst, die Mission gescheitert?

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte: "Zwanzig Jahre nach dem 11. September und zwei Monate nach dem Fall von Kabul stellen viele Menschen, die in Afghanistan gedient und gelitten haben, Fragen. Fragen nach dem Sinn dieses Einsatzes. Es sind schwierige Fragen, bittere Fragen."

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