"Es geht um Aufbruch": Das sagen Scholz, Habeck und Lindner zum Start der Ampel-Koalition

Olaf Scholz, Christian Lindner und Robert Habeck nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags
Olaf Scholz, Christian Lindner und Robert Habeck nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags Copyright Markus Schreiber/Copyright 2021 The Associated Press. All rights reserved
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SPD, Grüne und FDP machten es amtlich: Die Vereinbarung über die Bildung der neuen deutschen Bundesregierung steht.

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In Berlin haben die SPD, Grüne und FDP den Koalitionsvertrag unterzeichnet. Die drei Parteien stellten sie unter den Leitspruch „Mehr Fortschritt wagen". Der designierte Bundeskanzler Scholz, Grünen-Chef Habeck und der FDP-Vorsitzende Lindner stellten sich in der Bundespressekonferenz den Fragen der Medien.

"Es geht auch um einen Aufbruch - ein Aufbruch, den wir in einer schwierigen Zeit zustande bringen müssen, wo wir immer noch damit herausgefordert sind, die Corona-Pandemie zu bekämpfen", sagte der designierte Kanzler Olaf Scholz gleich zu Beginn. Dennoch blicke man mit Optimismus in die Zukunft, so Scholz.

Ein Anliegen der neuen Regierung sei es, Männer und Frauen gleichzustellen. Das würde sich auch in der Zusammensetzung des neuen Kabinetts widerspiegeln, dem zur Hälfte Männer und Frauen angehören.

FDP-Chef Christian Lindner betonte, dass jede Partei der Ampel-Koalition zwar ihre eigenen Perspektiven mitbringt, dass man so gemeinsam vielmehr Menschen erreichen würde. Zudem trage der Koalitionsvertrag der gesellschaftlichen Vielfalt Rechnung.

Wie sich die neue Regierung außenpolitisch positionieren will

Auf die Frage, welche Linie die neue Regierung gegenüber China fahren werde, erklärte der designierte Kanzler, dass Zukunft der Welt durch "ziemlich viele, sehr einflussreiche Länder" geprägt sein werde. Aus diesem Grund sei es besonders wichtig, eine "starke und souveräne Europäische Union" zu haben. Das sei Deutschland ein besonderes Anliegen, so Scholz. Er selbst will demnächst nach Frankreich reisen.

Er betonte auch das gute Verhältnis zu den USA, das seit dem Amtsantritt Joe Bidens wieder hergestellt sei. Gleichzeitig wolle man auch mit Ländern, deren Regierungen nicht den gleichen freiheitlichen und demokratischen Prinzipien folgen, einen gemeinsamen Weg finden. Dazu seien Beratungen mit Partner:innen in Europa und der Welt unerlässlich, so Scholz.

Grünen-Chef Robert Habeck ergänzte, dass Deutschlands Ziel sei, finanz-, wirtschafts- und außenpolitische Verantwortung wahrzunehmen ohne dabei "großmännisch" aufzutreten.

In Bezug auf China erklärte Liberalen-Chef Lindner, dass die Beziehungen mit der Volksrepublik weiter entwickelt werden sollen. Allerdings werden dabei auch die Achtung des Völkerrechts und der Menschenrechte eine Rolle spielen. Er betonte außerdem, dass es nicht darum gehe, eine bilaterale Beziehung zu China aufzubauen, sondern eine europäische.

Thematisiert wurde auch die angespannte Lage in der Ukraine und der Grenze zu Russland. Olaf Scholz verwies auf die "Verbundenheit mit den USA" und auf das geplante Telefonat zwischen US-Präsident Biden mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin. Allerdings sei eine Bedrohung der Ukraine "inakzeptabel".

Grünen-Chef Habeck plädierte für die Reaktivierung diplomatischer Lösungen für den andauernden Konflikt.

Auf die Nachfrage, wie Deutschland seine Rolle in der EU gestalten will, waren sich die Spitzenvertreter einig, dass es um das "Vereinen" geht. Gerade im Bezug auf Länder wie Polen gehe es darum, die "Nachbarschaftsbeziehung" freundlich zu gestalten. Dennoch müsse man in der EU auch die Fragen der Rechtsstaatlichkeit und freiheitlicher Demokratie klären, denn sie gehörten zu Europa dazu, so Scholz.

Wird es mit der Ampel eine allgemeine Impfpflicht geben?

FDP-Chef Linder erklärte, dass die Impfpflicht ist kein Koalitionsvorhaben sei. Stattdessen werde man im Bundestag offen diskutieren und dann über mögliche Gruppenanträge entscheiden. Innerhalb seiner Partei gäbe es jedoch keine einheitliche Linie bezüglich der Impfpflicht.

Bezüglich der Proteste, die erst kürzlich in Fackelaufmärschen gipfelten, sagte Scholz, dass die Mehrheit der Bürger:innen die Corona-Politik der Regierung unterstütze. Impfgegner:innen seien in der Minderheit. Er widersprach der Vorstellung, dass die Gesellschaft gespalten sei. Die Impfbereitschaft in der Bevölkerung sei hoch, und die Impfkampagne habe angesichts der vierten Welle deutlich an Fahrt aufgenommen. Man solle sich "nicht anstecken lassen von der Aggressivität einer kleinen Gruppe", die sich vehement gegen die Impfung wehre.

Auch Habeck betonte, dass der Weg zu einer freien Gesellschaft das Impfen sei. Man sei offen für Kritik, allerdings könnten diese "nicht auf Dauer Bestand haben". Problematisch sei für ihn die ideologische Dimension der Proteste, doch die Ablehnung der Impfung sei nicht gleichzusetzen mit der Ablehnung von demokratischen Werten und Pflichten.

Lindner erklärte, dass sich der Staat "Einschüchterungsversuchen" entschieden entgegen stellen werde. Es sei nicht hinnehmbar, dass einige Gruppen die demokratische Grundordnung gefährdeten. Grundrechtseingriffe erfolgten auf der Basis von Parlamentsgesetzen um Bund, auch die Länder könnten mit einbezogen werden. Das führe langfristig zu mehr Akzeptanz der Beschlüsse.

Wie steht es um die Finanzen der künftigen Regierung, Herr Lindner?

Der designierte Finanzminister bezog sich mehrmals auf den Nachtragshaushalt für 2021. Die Verhandlungen bewegten sich in einem Rahmen, einerseits Steuererhöhungen zu vermeiden und andererseits die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ab 2023 wieder einzuhalten. Innerhalb dieser Grenzen könnten Vorhaben in den nächsten Jahren finanziert werden, so Lindner.

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