Jünger, weiblicher, moderner? Die Gesichter im Team von Olaf Scholz

Führend Köpfe der Ampelkoalition: Baerbock., Habeck, Scholz, Lindner, Wissing
Führend Köpfe der Ampelkoalition: Baerbock., Habeck, Scholz, Lindner, Wissing Copyright Markus Schreiber/Copyright 2021 The Associated Press. All rights reserved
Von Euronews mit AP, AFP
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Karl Lauterbach wird Gesundheitsminister, er ist nach zahlreichen TV-Auftritten dem breiten Publikum bekannt. Doch nicht alle kennen die anderen Ministerinnen und Minister.

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Wer ist was in der neuen Regierung unter dem Bundeskanzler Olaf Scholz? Es gab erste Kritik an den ausgewählten Politikerinnen und Politikern - schon bevor diese ihre Arbeit aufgenommen haben.

Einige meinen, das neue Team sei gar nicht wirklich anders als die scheidende Regierung und irgendwie zu konventionell. So kommen nur zwei von ihnen: Klara Geywitz (SPD) und Steffi Lemke (Grüne) - aus dem Osten Deutschlands.

Und Scholz schart viele Vertraute um sich. Doch der mit Spannung erwartete Nachfolger von Jens Spahn, als Gesundheitsminister, ist kein Mann aus dem engen Kreis des SPD-Kanzlerkandidaten. Am Ende kam der neue Regierungschef aber nicht vorbei an Karl Lauterbach, den twitternden Corona-Warner, der seinen Wahlkreis haushoch gewonnen hatte.

Olaf Scholz twittert nicht selbst, sondern hat dies schon bisher seinem Team überlassen. Doch unter seinem Namen, die Kanzlerin Angela Merkel überließ das Twittern ihrem Regierungssprecher Steffen Seibert - unter dessen Namen.

Karl Lauterbach (SPD, 58) - Gesundheitsminister

Auf Twitter folgen fast 700.000 Nutzerinnen und Nutzer Karl Lauterbach. Der Mediziner und neue Gesundheitsminister beschreibt sich dort als "SPD Bundestagsabgeordneter, der noch selbst tweetet." Nach seinen zahlreichen TV-Auftritten ist der 58-jährige Lauterbach einem Millionenpublikum bekannt. Doch das ist nicht der Fall von allen in der neuen Minister:innen-Riege.

Wenn Sie sich bis zum Ende unserer Bilder-Serie druchscrollen, treffen Sie auch auf die unbekannteren Personen im künftigen Kabinett.

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Olaf Scholz (links) mit Karl Lauterbach am 6. Dezember 2021Markus Schreiber/Copyright 2021 The Associated Press. All rights reserved
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Olaf Scholz mit Nancy Faeser in BerlinMarkus Schreiber/Copyright 2021 The Associated Press. All rights reserved

Innenministerin ist als erste Frau Nancy Faeser (SPD, 51)

Außerhalb ihres Heimatbundeslandes - sie ist SPD-Chefin in Hessen - war Nancy Faeser bisher nicht wirklich bekannt. Sie ist in Bad Soden im Taunus aufgewachsen, wo sie noch heute lebt. Faeser hat Jura in Frankfurt studiert.

Auf ihrer Internetseite zählt Nancy Faeser zu ihren Zielen: "Eine Entlastung der hessischen Polizei, damit es nie wieder dazu kommt, dass alleine in Hessen die Polizei über eine Million Überstunden pro Jahr leisten muss."

UND: "Vollständige Aufklärung und Aufarbeitung der Verbrechen des NSU in Hessen."

Auf Facebook schreibt die Politikerin: "Ich danke Olaf Scholz und meiner Partei für das Vertrauen. Innere Sicherheit ist auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit. Alle Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass der Staat Sicherheit gewährleisten kann. Ein ganz besonderes Anliegen wird für mich der Kampf für die offene Gesellschaft und gegen ihre Feinde sein - der Rechtsextremismus ist die größte Bedrohung für unsere Demokratie und ich will als Innenministerin diese Gefahr mit aller Entschlossenheit bekämpfen. Mehr Fortschritt wagen heißt für mich, meinen Beitrag für einen Aufbruch in eine offenere und tolerantere Gesellschaft zu leisten. Das fängt bei Gleichstellung an und hört bei Migration auf. Ich freue mich darauf, unserem Land dienen zu dürfen."

Vizekanzler und Minister für Wirtschaft und Klimaschutz ist Robert Habeck (Grüne, 52)

Der aktuelle Co-Vorsitzende der Grünen, Robert Habeck, hat das Superministerium für Wirtschaft und Klimaschutz inne. Es ist DAS Vorzeige-Ministerium, das die grüne Partei gefordert hatte.

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Die scheidenden Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck und Annalena BaerbockMarkus Schreiber/Copyright 2021 The Associated Press. All rights reserved

In den Monaten zuvor hatte Habeck erklärt, Finanzminister werden zu wollen, doch dieses Amt geht an Christian Lindner von der FDP (siehe weiter unten.)

Annalena Baerbock (Grüne, 40), die Außenministerin

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Annalena BaerbockMatthias Schrader/Copyright 2019 The Associated Press. All rights reserved

Am Tag nach ihrer Amtseinführung ist Annalena Baerbock nach Paris und Brüssel gereist.

Besonders im Umgang mit China wird von der Grünen-Politikerin Annalena Baerbock ein weniger auf die wirtschaftliche Zusammenarbeit ausgerichteter Kurs erwartet. Bereits vor ihrer Amtseinführung hatte sich die grüne Kanzlerkandidatin zu ihrem künftigen Ressort geäußert und zum Umgang mit China:

"Beredtes Schweigen ist auf Dauer keine Form von Diplomatie, auch wenn das in den letzten Jahren von manchen so gesehen wurde. (...) Dialog ist der zentrale Baustein internationaler Politik. Aber das heißt nicht, dass man Dinge schönreden oder totschweigen muss“, sagte Baerbock in einem Interview mit der TAZ. "Für mich ist eine wertegeleitete Außenpolitik immer ein Zusammenspiel von Dialog und Härte.“

Christine Lambrecht (SPD, 56) wird Verteidigungsministerin

Bisher war die studierte Rechtsanwältin Justizministerin - und seit dem Rücktritt von Franziska Giffey auch noch für das Familienministerium zuständig. Jetzt hat sie die 56-jährige Annegret Kramp-Karrenbauer im Verteidigungsministerium abgelöst.

Die FAZ schreibt zur Berufung von Lambrecht, die Bundeswehr sei "Kummer gewohnt": "Die bisherige Justiz- und Familienministerin Lambrecht, von der es geheißen hatte, sie wolle in ihren Anwaltsberuf zurückkehren, war bisher nicht dafür bekannt, sich schon intensiv mit Verteidigungs- und Sicherheitspolitik beschäftigt zu haben. Putin wird nicht darauf warten. Die Bundeswehr ist freilich Neulinge und anderen Kummer gewohnt. Auch von der Leyen und Kramp-Karrenbauer hatten nicht einmal in einem Verteidigungsausschuss gedient."

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Christine Lambrecht ist in Mannheim geborenChristophe Gateau/(c) Copyright 2021, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Die Frau, die gemeinsam mit Olaf Scholz erfolglos für den SPD-Vorsitz kandidiert hatte: Klara Geywitz - bekommt das Ministerium für Bauwesen.

Die scheidende Umweltministerin Svenja Schulze wechselt ins Ministerium für Entwicklung.

Hubertus Heil bleibt Arbeitsminister.

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Scholz, Heil, Fraeser, Lauterbach, Lambrecht, Schmidt, Geywitz und SchulzeMarkus Schreiber/Copyright 2021 The Associated Press. All rights reserved

Kanzleramtsminister wird Scholz-Vertrauter Wolfgang Schmidt (SPD, 51)

Wolfgang Schmidt hat schon in Hamburg mit Olaf Scholz zusammengearbeitet. Bisher war er Staatssekretär im Bundesfinanzministerium.

Jetzt ist Schmidt - wie Helge Braun unter Merkel - "Bundesminister für besondere Aufgaben“ und gehört damit dem Kabinett an.

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Als Stadtrat in Hamburg hatte Wolfgang Schmidt 2017 zusammen mit der kanadischen Botschafterin Regierungschef Justin Trudeau in der Hansestadt empfangen.

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Justin Trudeau, die kanadische Botschafterin und Wolfgang Schmidt 2017 in HamburgAxel Heimken/AP

Cem Özdemir (Grüne, 59) wird Landwirtschaftsminister

Viele - wohl auch Cem Özdemir selbst - hatten sich in den vergangenen Jahren ausgemalt, wie es denn wäre, wenn der Grüne aus Baden-Württemberg mit türkischen Wurzeln deutscher Außenminister würde. Zuweilen wurde er auch als Bewerber um die Nachfolge von Winfried Kretschmann als Ministerpräsident in Stuttgart gehandelt.

Damit dass er die Nachfolge von Julia Klöckner in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährung antreten werde, hatte wohl kaum jemand gerechnet.

Zur Amtseinführung kam Cem Özdemir mit dem E-Bike.

Sicher ging es bei der Ernennung von Özdemir (statt Anton Hofreiter) auch darum, die Vielfalt der Gesellschaft in der Regierung abzubilden.

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Christian Lindner (FDP, 42) ist Finanzminister

Von diesem Job hat der FDP-Chef schon lange geträumt, doch 2017 verließ er die Koalitionsverhandlungen. In Anspielung an seinen Spruch von damals sagte Christian Lindner jetzt: "Es ist besser, diese Koalition zu wagen, als auf Gestaltungschancen zu verzichten."

Allgemein gilt die FPD als Gewinnerin der Koalitionsverhandlungen mit der SPD und den Grünen. Die Liberalen hatten als erste Partei der Ampel ihre vier Posten im Kabinett mit Namen versehen.

Lindner war Reserveoffizier und hat Politikwissenschaft als Hauptfach sowie Staatsrecht und Philosophie studiert.

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Die FDP-Minister Wissing, Lindner, Stark-Watzinger und BuschmannMichael Kappeler/(c) Copyright 2021, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Verkehrsminister ist nun Volker Wissing (FDP, 51)

Das Verkehrsministerium ging an den bisherigen FDP-Generalsekretär Volker Wissing. Die Grünen wurden dafür kritisiert, dass sie ihr Ziel des Tempolimit 130 nicht in den Koalitionsvertrag gebracht haben und den Liberalen das Ressort Verkehr überlassen mussten.

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Volker Wissing auf dem FDP-Sonderparteitag am 5. Dezember 2021Michael Kappeler/(c) Copyright 2021, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten

Der 51-jährige Jurist kommt aus der Pfalz und war fünf Jahre lang Minister für Wirtschaft, Verkehr und Landwirtschaft in der rheinland-pfälzischen Landesregierung.

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Steffi Lemke ist Umweltministerin (53, Grüne)

Die neue Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz kommt aus Dessau in Sachsen-Anhalt. Kritiker:innen meinen, der Osten Deutschlands sei im Kabinett Scholz nicht gut genug vertreten. Neben der Agrarwissenschaftlerin Steffi Lemke kommt nur Klara Geywitz aus einem östlichen Bundesland.

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Die Grüne Steffi Lemke wird UmweltministerinMarkus Schreiber/Copyright 2021 The Associated Press. All rights reserved

Steffi Lemke hat die Grünen im Osten Deutschland 1989 mitgegründet. Auf ihrer Internetseite schreibt sie: "Unsere heutigen Probleme sind andere, aber zum Teil auch ähnlich geblieben: die Klimakrise und der Raubbau an der Natur, eine neue Art der Überwachung, eine polarisierte Gesellschaft sowie Kriegs- und Konfliktherde in vielen Teilen der Welt. Deshalb engagiere ich mich weiter: für den Natur-, Umwelt- und Meeresschutz, für Gerechtigkeit und Frieden und gegen Rechtsextremismus."

Bisher war die 53-Jährige, die ein Kind hat und auch als Briefträgerin gearbeitet hat, im Bundestag Parlamentarische Geschäftsführerin ihrer Partei.

Anne Spiegel (Grüne, 40) ist Familienministerin

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Die Grüne Anne Spiegel wird FamilienministerinMarkus Schreiber/Copyright 2021 The Associated Press. All rights reserved

Ministerin war die Grüne Anne Spiegel schon bisher - aber in der Landesregierung von Rheinland-Pfalz in Mainz unter der SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Sie lebt in Speyer ist mit einem Schotten verheiratet, die beiden haben vier Kinder.

Die 40-Jährige hat im Interview mit RND ihre Prioritäten genannt: "Das Wichtigste ist die Einführung der Kindergrundsicherung. Das ist ein kompletter Paradigmenwechsel, der längst überfällig ist. Wir wollen nicht, dass Familien weiter von Pontius zu Pilatus laufen müssen, um Unterstützung bekommen zu können. Künftig soll ein Antrag zur Geburt des Kindes genügen, um unbürokratisch die Unterstützung zu bekommen, die die Familie benötigt. Das ist auch eine Kampfansage an Kinderarmut in Deutschland. Weil das sehr viele Änderungen erfordert, wird das nicht in den ersten 100 Tagen der Regierung umzusetzen sein.

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Umso wichtiger ist mein zweites Vorhaben: Der Sofortzuschlag für Kinder und Familien mit geringem Einkommen muss sehr schnell eingeführt werden. Damit werden auf einen Schlag 2,7 Millionen Kinder in Deutschland mehr Geld bekommen."

Dem Nachrichtenmagazin SPIEGEL sagte sie, sie wolle einen Fokus auf Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsarbeit legen und dafür sorgen, dass alle Gesetze und Maßnahmen "einem Gleichstellungs-Check" unterzogen würden.

Anne Spiegel hat Politik, Philosophie und Psychologie an der TU Darmstadt, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, in Mannheim und in Spanien studiert.

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