Rechtsstaat, Kriegsschäden, Belarus: Baerbocks schwieriger Antrittsbesuch in Polen

Der polnische Außenminister Zbigniew Rau und die neue deutsche Chefdiplomatin Annalena Baerbock.
Der polnische Außenminister Zbigniew Rau und die neue deutsche Chefdiplomatin Annalena Baerbock. Copyright Czarek Sokolowski/ Associated Press
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Von euronews
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In Warschau standen für die neue Außenministerin nicht nur angenehme Themen auf der Tagesordnung.

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Zum Abschluss ihrer Antrittsreisen der wohl schwerste Besuch: Die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock wurde in Warschau vom polnischen Präsidenten Andrzej Duda empfangen. Zuvor hatte sie gesagt, bei dem Streit um Rechtsstaatlichkeit zwischen Polen und der EU müsse Europa seine Grundwerte verteidigen. Die EU wirft Polen vor, durch Justizreformen die Unabhängigkeit der Gerichte zu untergraben. Vertragsverletzungsverfahren und europäische Gerichtsurteile ließen Warschau bisher unbeeindruckt.

Gerade weil die Diskrepanzen so groß sein, müsse man im Gespräch bleiben und gemeinsam nach einer Lösung suchen, so Baerbock nach einem Treffen mit ihrem polnischen Amtskollegen Zbigniew Rau.

Polnischer Außenminister fordert Entschädigung für Kriegsschäden

Dieser unterstrich erneut die Forderungen nach Wiedergutmachung für Kriegsschäden. Er erwarte von der neuen deutschen Regierung, dass diese sich der Verantwortung stelle, so Rau. Polen begrüße, dass der Koalitionsvertrag die Errichtung eines Denkmals für die polnischen Kriegsopfer in Berlin vorsehe und er hoffe, dass dieses der polnischen Sensibilität entsprechen werde.

Es sei Deutschlands historischer Auftrag, die deutsch-polnische Freundschaft in Frieden ehrlich zu pflegen und zuzuhören, so Baerbock. Sie kam zudem auf die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze zu sprechen, wo zahlreiche Migrant:innen ausharren. Baerbock: "Wir stehen heute hier in voller Verantwortung und Solidarität an der Seite Polens und der baltischen Staaten angesichts der Erpressungsmanöver Lukaschenkos."

Die EU wirft dem belarussischen Machthaber vor, gezielt Menschen an die europäischen Außengrenzen zu schleusen, um die EU zu destabilisieren. Baerbock forderte Polen dazu auf, humanitäre Hilfe für die MigrantInnen zuzulassen. 

Ob bei ihrem Antrittsbesuch auch über die deutsch-russische Gaspipeline Nordstream 2 gesprochen wurde, wurde nicht bekannt. Polen ist ein entschiedener Gegner des Projekts. Baerbock ieigentlich auch. Wie die neue Ampel-Regierung dazu steht, ist bisher jedoch nicht klar. Die FPD ist skeptisch, die SPD offener. Eine Zwickmühle für Baerbock.

Baerbock trifft Blinken in Liverpool

Die Grüne kommt vor dem Treffen der G7-Außenminister am Wochenende in Liverpool zudem erstmals seit ihrem Amtsantritt mit ihrem US-Kollegen Antony Blinken zusammen. Das Außenministerium in Washington teilte mit, das Gespräch sei für 19.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit in Liverpool geplant. Zuvor stehe ein Treffen Blinkens mit seiner britischen Kollegin Elizabeth Truss auf dem Programm. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte, Baerbock werde nach dem Gespräch mit Blinken auch Truss treffen.

Deutschland übernimmt im kommenden Jahr nach sieben Jahren turnusgemäß wieder den Vorsitz der G7 - dazu zählen außerdem Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA. Baerbock will den Kampf gegen die Klimakrise zu einem der Schwerpunkte des deutschen Vorsitzes der Runde der führenden westlichen Wirtschaftsnationen (G7) machen. Das US-Außenministerium hat angekündigt, Blinken werde in Liverpool unter anderem den Aufmarsch russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine ansprechen.

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