Kommt die "massive 5. Welle"? Was wir von Großbritannien und Dänemark über Omikron lernen können

Die Lage in Großbritannien macht Wissenschaftler:innen und Politiker:innen in EU-Ländern langsam unruhig.
Die Lage in Großbritannien macht Wissenschaftler:innen und Politiker:innen in EU-Ländern langsam unruhig. Copyright Matt Dunham/AP
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Von Cornelia TrefflichAlexandra Leistner
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Während in Großbritannien die Fallzahlen in die Höhe schnellen, bricht im restlichen Teil Europas leise Panik aus. Was weiß man über Omikron anhand der Daten, die aus Dänemark und Großbritannien vorliegen?

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Kommt in Deutschland jetzt doch Panik auf hinsichtlich der Verbreitung der Coronavirus-Mutante Omikron? Forscher:innen warnen davor die Variante zu unterschätzen, schon an Weihnachten könne die in Südafrika entdeckte Variante auch hierzulande die dominierende sein und die Intensivstationen der deutschen Krankenhäuser an ihre Belastungsgrenzen bringen.

Eine Erholung von der aktuellen vierten Welle erwartet auch Gesundheitsminister Lauterbach nicht, im Gegenteil: Am Freitagmorgen warnte er vor einer fünften Welle, die "alles in den Schatten stellt, was wir bisher in der Pandemie gesehen haben".

Um eine Idee vom Verhalten der neuen Variante zu bekommen, zwingt sich der Blick nach Großbritannien und Dänemark auf. In beiden Länder steigen die Infektionen derzeit exponentiell. Am Donnerstag wurden in Großbritannien 88.376 positive Coronavirus-Tests gemeldet.

Sowohl Großbritannien als auch Dänemark gelten als Meister der Sequenzierung, in Dänemark werden laut Tagesschau alle positiven PCR-Tests auf die Virusvariante untersucht. Die Daten aus beiden Ländern können uns schon jetzt Anhaltspunkte dafür geben, was dem Rest Europas in den kommenden Monaten bevorsteht.

10.000 Fälle in Großbritannien - Tendenz exponentiell

Der britische Premier Boris Johnson prägte erst am vergangenen Sonntag den Begriff einer "Flutwelle", die sein Land überrolle, als er von der virulenten Omikron-Variante sprach. Am 17. Dezember waren in Großbritannien laut den Gesundheitsbehörden rund 10.000 Infektionen mit Omikron gemeldet worden.

Die explodierenden Zahlen veranlassten die Regierung, die Booster-Kampagne zu intensivieren und neue einschränkende Maßnahmen einzuführen, in der Hoffnung, die sich bedrohlich aufbäumende Welle zu brechen.

Auch in Dänemark sind die Ansteckungszahlen am Explodieren, trotz einer Impfquote von 80 Prozent. Allein am 16.12. wurden dort fast 10.000 neue Corona-Fälle registriert - so viele wie noch nie an einem einzigen Tag - und die Wachstumsrate der Variante ist exponentiell.

Ähnlich wie in Großbritannien verdoppelt sich auch in Dänemark die Zahl der neuen Fälle etwa alle zwei Tage. Die Variante setzt sich schnell gegen ihren Konkurrenten "Delta" durch.

Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen kündigte am Donnerstag Maßnahmen an, um die Ausbreitung des Virus zu bremsen. "Ich habe keinen Zweifel daran, dass neue Maßnahmen nötig sein werden, um die Infektionsketten zu durchbrechen", schrieb sie auf Facebook.

Nach Hochrechnungen, die von Journalist:innen der Financial Timeszusammengestellt wurden, verbreitet sich B.1.1.52 so schnell, dass sie in den nächsten Tagen in England, Schottland und Dänemark die vorherrschende Variante sein dürfte.

Diese Einschätzung wird von Forscher:innen des Statens Serum Institut (SSI) in Kopenhagen, einem der führenden Institute für die Analyse von B.1.1.529, bestätigt.

Omikron überholt Delta

In einem am 13. Dezember veröffentlichten Bericht wurde prognostiziert, dass Omikron bis zum Ende der Woche in der Region um die dänische Hauptstadt die dominierende Variante ausmachen würde.

Die Variante verbreitet sich rasend schnell und scheint mehreren Studien zufolge dem Impfstoff gegen Covid-19 teilweise entgehen zu können. Die dänischen Ergebnisse gehen in die gleiche Richtung wie die südafrikanischen Studien, die zeigen, dass Omikron für Impfdurchbrüche sorgt, auch wenn der Patient zwei Dosen des Impfstoffs erhalten hat. Mit einer Auffrischung kann der Schutz aber besser aufrechterhalten werden.

In Dänemark wurden 75 Prozent der Omikron-Infektionen bei Menschen festgestellt, die bereits vollständig geimpft waren. Das sind 30 Prozent mehr als bei den anderen Varianten.

Dänemark gehört in Europa zu den Ländern, in denen es eine der höchsten Impfquoten gibt. Etwas mehr als 80 Prozent der Bevölkerung sind doppelt geimpft. Im Vergleich dazu sind in Deutschland 70,1 Prozent vollständig geimpft (Stand: 17.12.2021).

Warum Omikron trotz mildem Verlauf gefährlich ist

Wie gefährlich Omikron tatsächlich werden kann, ist noch schwer abschätzbar. Die Zahlen der Krankenhauseinweisungen im Bericht des Statens Serum Instituts spiegeln einen leichten Anstieg wider, wenn man die Omikron-Variante betrachtet. 1,1 Prozent der 3.437 Fälle wurden ins Krankenhaus eingeliefert, verglichen mit 0,7 Prozent der Personen, die mit dem Delta-Stamm infiziert waren.

Für eine genauere Schätzung fehlt jedoch noch die Zeit, da die Krankenhauseinweisungen erst Tage oder Wochen nach der Ansteckung erfolgen.

"Noch immer wissen wir wenig zur Krankheitsschwere bei Omikron", schreibt Data-Journalist Christian Endt auf Twitter. "Doch selbst wenn es milder verläuft als Delta, könnte das Gesundheitssystem unter der schieren Wucht von zu vielen Fällen gleichzeitig zusammenbrechen. Zumal die Krankenhäuser immer noch voll mit Delta-Patienten sind".

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Doch die Bettenauslastung in Krankenhäusern ist nicht das einzige Problem. Omnikron könnte auch dafür sorgen, dass zu viele Menschen gleichzeitig krank werden - besonders in Pflegeberufen, der Polizei und Feuerwehr wäre das fatal. 

Sequenzierungen sind notwendig

Sowohl in Dänemark als auch im Vereinigten Königreich basieren diese Zahlen und Prognosen auf den Ergebnissen der Sequenzierung, einer Technik zur Analyse der DNA des Virus, mit der die Virusvariante bestimmt werden kann.

Laut der Gisaid-Gendatenbank ist das Vereinigte Königreich neben Schweden eines der Länder, in denen besonders viel sequenziert wird.

In Schweden werden 21,5 Prozent, in Großbritannien 17,4 Prozent, in Italien und Frankreich dagegen nur 1,7 bzw. 1,5 Prozent analysiert.

In Deutschland werden im Rahmen der Coronavirus Surveillance Verordnung (CorSurV) 5 Prozent der positiv getesteten Proben sequenziert. Sollte es in einer Woche weniger als 70.000 Neuinfektionen geben, erhöht sich dieser Anteil auf 10 Prozent.

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