Würmer im Essen und Covid-19-Ausbruch: Djokovic-"Gefängnis" in Melbourne ist Alltag für viele andere

Unterstützer protestieren vor der Einrichtung für Menschen, die in Melbourne auf eine Ausweisung warten. Seit Donnerstag ist hier auch der Tennisstar Novak Djokovic.
Unterstützer protestieren vor der Einrichtung für Menschen, die in Melbourne auf eine Ausweisung warten. Seit Donnerstag ist hier auch der Tennisstar Novak Djokovic. Copyright Hamish Blair/AP
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Von Alexandra Leistner
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Menschenrechtler:innen hoffen, dass der Aufenthalt des Tennis-Stars, dem eine Abschiebung droht, im "Park Hotel" auf die schlechten Bedingungen in der Einrichtung aufmerksam macht.

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Vor dem Hotel in Melbourne, in dem Novak Djoković untergebracht wurde, nachdem sein Visum annulliert wurde, haben sich einige Fans des 34-jährigen Serben versammelt, um ihre Solidarität zu demonstrieren.

Djoković wartet auf eine Gerichtsentscheidung am Montag, um in das Land einzureisen und in 10 Tagen an den Australian Open teilzunehmen. Bis dahin wurde der Milliardär im Park Hotel im Stadtteil Carlton untergebracht, so wie viele andere Menschen, darunter Asylbewerber:innen und Migrant:innen, denen eine Ausweisung aus Australien droht.

Es ist so schmutzig und das Essen ist so schrecklich.
Dijana Djokovic
Mutter von Novak Djokovic

Der Aufenthalt des prominenten Bewohners macht auf die offenbar schlechten Bedingungen in der Einrichtung aufmerksam - einige sprechen sogar von "Gefängnis". Auch Dijana Djoković, die Mutter des Tennis-Stars, sagte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Serbien, ihr Sohn werde "wie ein Inhaftierter behandelt".

"Es ist so schmutzig und das Essen ist so schrecklich", fügte sie hinzu. "[Die Behörden] wollen ihm keine Chance geben, in ein besseres Hotel oder ein Haus umzuziehen, das er bereits gemietet hat."

Nachdem das Park Hotel eine Weile für Covid-19-Quarantäne benutzt wurde, warten dort momentan vor allem Menschen aus Nauru und Manus Island auf eine Entscheidung über ihren Visums-Antrag.

Einige von ihnen warten bereits seit mehreren Jahren auf eine Antwort. "Die ganze Welt schaut zu, wie Novak Djoković im Park-Hotel-Gefängnis festgehalten wird. Als Flüchtling war ich dort inhaftiert, & Flüchtlinge sind dort immer noch in winzigen Räumen ohne Frischluft eingesperrt. Niemand hat das verdient. Vergessen wir nicht die Menschen, die noch lange nach Novaks Abreise dort bleiben werden", schreibt Mostafa Azimitabar, der mittlerweile legal in Australien lebt.

Medienberichten zufolge sind derzeit mehr als zwei Dutzend Menschen im Park Hotel untergebracht. Regelmäßig protestieren Aktivist:innen gegen ihre Inhaftierung, Botschaften zur Unterstützung der Asylbewerber:innen wurden an Wände geschrieben. Offenbar kam es mehrfach zu Covid-19-Clustern.

Proteste zur Unterstützung der Bewohner:innen im Park Hotel in Melbourne - am 1. Dezember - vor Djokovics Ankunft.

Vor einiger Zeit teilten Bewohner Bilder des offenbar dort ausgegebenen Essens, in dem angeblich Maden aus einer Schüssel mit Huhn und Brokkoli kriechen. Auch verschimmelte Brotstücke sind darauf zu sehen.

Viele Menschen kritisierten, dass sich die Medien und Politik erst für die schlechten Verhältnisse interessierten, als ein Tennis-Star im Park Hotel untergebracht wurde. Andere hoffen, dass Djokovićs Fall als Anlass genutzt wird, die Bedingungen für Menschen, die auf eine Ausweisungsentscheidung warten, zu verbessern.

Eine Organisation zur Unterstützung von Asylsuchenden und Flüchtlingen schrieb: "Liebe Medien, wenn Sie über die Inhaftierung von #Djokovic im Park-Hotel-Gefängnis berichten, können Sie bitte auch die 33 Flüchtlingsmänner erwähnen, die seit 9 Jahren dort inhaftiert sind. Die Hälfte von ihnen hat dort COVID bekommen. Männer, denen letzte Woche Maden in ihrem Abendessen serviert wurden."

Serbien vs. Australien

Neben Djokovics Familie hat auch die serbische Regierung dem Weltranglisten Ersten die Unterstützung ausgesprochen, Präsident Aleksandar Vučić sagte, das gesamte Land stehe hinter Djoković, das serbische Außenministerium äußerte einen "verbalen Protest" gegenüber dem australischen Botschafter in Serbien, Daniel Emery.

Das Ministerium bezeichnete das, was der Tennisspieler in Melbourne erlebt, als "unangemessene und unmenschliche Behandlung". Auch der serbische Patriarch Porfirio sowie Arbeitsministerin Darija Kisic Tepavcevic schickten Unterstützungsbotschaften an Djoković.

Wie es dazu kam

Der derzeit beste Tennisspieler der Welt war mit einer vom Bundesstaat Victoria ausgestellten Sondergenehmigung nach Australien aufgebrochen. Offenbar ist Djoković nicht geimpft und will offenbar mit dem Nachweis einer vergangenen Covid-19-Infektion, also als Genesener, ins Land gelassen werden.

Als er Serbe dann am späten Mittwoch eintraf, lehnte die australische Grenzschutzbehörde seine Ausnahmegenehmigung als ungültig ab und verwehrte ihm die Einreise in das Land. Gegen eine Ausweisung hat er nun geklagt und eine Aufschiebung vorerst bis Montag erreicht.

Am Montag soll es eine Gerichtsanhörung in dem Fall geben, eine Woche später fangen in Melbourne die Australian Open an. Bei dem Turnier plant der neunfache Gewinner Djoković seinen Titel zu verteidigen.

Was kann passieren?

Sollte die Entscheidung, dass die Nachweise für eine Einreise mit Sondergenehmigung nicht ausreichen, standhalten, muss Djoković zurück nach Hause fliegen. Er könnte zudem dann für die kommenden drei Jahre für einen Visums-Antrag blockiert werden.

Reaktion von Boris Becker, Djokovićs ehemaligem Trainer

Tennis-Legende Boris Becker schrieb in einem Gastbeitrag der britischen Daily Mail mit dem Titel "Novak Djoković ist für mich wie Familie..", der Weltranglistenerste mache einen großen Fehler, indem er sich nicht impfen lasse. Er habe zwar persönlich noch nicht mit Djoković gesprochen seit dessen Ankunft in Australien, er würde ihm aber raten, sich impfen zu lassen.

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Die Affäre gefährde Djoković Chance als "größter Tennisspieler aller Zeiten" in die Geschichte einzugehen, so Becker. Er hatte den Serben von 2013 bis 2016 trainiert. Djoković siegte in diesen Jahren in sechs Grand-Slam-Turnieren, darunter auch die Australian Open, und wurde wieder die Nummer eins der Welt.

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