Syrischer Folterprozess in Deutschland: Lebenslange Haft für Angeklagten

Syrischer Folterprozess in Deutschland: Lebenslange Haft für Angeklagten
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Von Euronews mit AFP
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Im weltweit ersten Prozess über syrische Staatsfolter bekommt der Angeklagte Anwar R. lebenslänglich.

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Ein ehemaliger Oberst des syrischen Geheimdienstes ist von der deutschen Justiz wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht in Koblenz sah es als erwiesen an, dass Anwar R. als Vernehmungschef in einem Gefängnis in Damaskus 2011 und 2012 für die Folter von 4000 Menschen verantwortlich war. Mindestens 30 Gefangene seien gestorben.

Erleichterung und Genugtuung bei Folteropfern, die wie Wassim Mukdad auch als Nebenkläger auftraten. "Ich bin erleichtert, obwohl ich die schrecklichen Erlebnisse noch einmal durchleben musste, aber zumindest hat das jetzt etwas bewirkt", sagte dieser.

"Sieg für die Justiz und für die Opfer"

Für den Prozess waren mehr als 80 Zeugen und zahlreiche Folteropfer angehört worden. Das Verfahren hatte international für Aufsehen gesorgt. Es gilt als wegweisend, da es der erste Strafprozess um Straffolter in Syrien war. Er wurde nach dem Weltrechtsprinzip verhandelt, wonach Kriegsverbrechen auch im Ausland verfolgt werden können. 

Menschenrechtler hoffen, dass weitere Angehörige des syrischen Regimes zur Verantwortung gezogen werden können. Der syrische Menschenrechtsanwalt Anwar al- Bunni: "Ich bin sehr glücklich, denn das ist ein Sieg für die Justiz und für die Opfer, diejenigen, die hier her kommen konnten und diejenigen, die nicht kommen konnten."

Die Bundesanwaltschaft hat zudem die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld beantragt, was eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren quasi ausschließt. Diese wurde nicht festgestellt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Verteidigung des Syrers hatte Freispruch gefordert. Der Angeklagte selbst hatte seine Unschuld beteuert. Er habe weder gefoltert noch einen Befehl dazu erteilt. Er hätte sich sogar für die Freilassung Inhaftierter des Arabischen Frühlings stark gemacht und insgeheim mit der syrischen Opposition sympathisiert. Nach seiner Flucht habe aus Syrien habe er sie sogar unterstützt, so der 58-Jährige.

Mutmaßliche Folter-Opfer des Angeklagten hatten den Mann nach ihrer Flucht in Deutschland erkannt. Er und der frühere Mitangeklagte Eyad A. waren 2019 in Berlin und Zweibrücken festgenommen wurden.

Eyad A. wurde vorgeworfen, dafür gesorgt zu haben, rund 30 Demonstranten ins Foltergefängnis von Anwar R. zu bringen. Dafür bekam er im Februar viereinhalb Jahre Haft wegen Beihilfe zu einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Revision steht noch aus.

In dem seit über zehn Jahren dauernden Bürgerkrieg in Folge der Proteste gegen die Assad-Regierung wurden laut Oppositionellen Zehntausende Menschen durch Folter in syrischen Gefängnissen getötet.

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