Offene Wunden in Nordirland: 50 Jahre "Bloody Sunday"

Offene Wunden in Nordirland: 50 Jahre "Bloody Sunday"
Copyright Peter Morrison/Copyright 2022 The Associated Press. All rights reserved
Von Euronews mit dpa
Diesen Artikel teilenKommentare
Diesen Artikel teilenClose Button
Den Link zum Einbetten des Videos kopierenCopy to clipboardCopied

Vor 50 Jahren erschossen britische Soldaten Unbewaffnete in Nordirland, bestraft wurde bis heute niemand. Premier Boris Johnson will, dass das auch so bleibt.

WERBUNG

Heute vor 50 Jahren spielten sich im nordirischen Derry dramatische Szenen ab. Britische Soldaten töteten bei einem friedlichen Bürgerrechtsmarsch 13 katholische Demonstranten. Ein weiterer starb Monate später an seinen Verletzungen. Der Schock sitzt bei vielen bis heute tief - auch weil zur Aufarbeitung wenig getan wurde

Gedenkmarsch in Derry

Mit einem Gedenkmarsch haben zahlreiche Menschen in Nordirland an die Opfer des "Bloody Sunday" vor 50 Jahren erinnert. Demonstranten und Angehörige zogen am Sonntag durch die Stadt Derry, die von den Protestanten Londonderry genannt wird. Dabei trugen sie Fotos der Toten.

Am 30. Januar 1972 hatten britische Fallschirmjäger in der Stadt 13 katholische Demonstranten erschossen. Ein weiterer starb Monate später an seinen Verletzungen. Mehrere Menschen wurden verletzt. 

In einer Untersuchung kam ans Licht, dass die britischen Soldaten nicht – wie lange behauptet – zur Selbstverteidigung schossen. Die Demonstranten waren unbewaffnet. Zur Verantwortung wurde allerdings nie jemand gezogen – die betroffenen Familien fordern endlich eine Aufarbeitung.

Bürgerkrieg mit Tausenden Toten

Die Ereignisse des „Bloody Sunday“ trugen wesentlich zur Eskalation des Nordirlandkonflikts bei. In der Folge erhielt die katholisch-republikanische Terrororganisation IRA großen Zulauf. Der Bürgerkrieg zwischen den meist katholischen Befürwortern einer Wiedervereinigung mit Irland und den überwiegend protestantischen Anhängern der Union Nordirlands mit Großbritannien kostete Tausenden Menschen das Leben.

Der irische Premierminister Micheal Martin legte an einem Denkmal in der Grenzstadt einen Kranz nieder. Der irische Präsident Michael D. Higgins sagte laut Redemanuskript in einer Videobotschaft: "Bloody Sunday ist nicht nur ein historisches Ereignis, aber bleibt ein Teil der lebendigen Erinnerung aller Iren."

Johnson will Amnestie für Bürgerkriegstaten

Auch der britische Premierminister Boris Johnson erinnerte an den Bloody Sunday, der einer der dunkelsten Tage des jahrzehntelangen Konflikts gewesen sei.

"Wir müssen aus der Vergangenheit lernen, versöhnen und eine friedliche Zukunft für die Menschen in Nordirland aufbauen", twitterte Johnson. Viele Menschen in Derry nehmen ihm das nicht ab. Denn die Regierung Johnson plant ein Gesetz, das jegliche Strafverfolgung, Zivilprozesse oder auch nur öffentliche Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Nordirland-Konflikt unmöglich machen soll.

Diesen Artikel teilenKommentare

Zum selben Thema

"Symbolisch wichtig": Siegt Sinn Féin bei den Parlamentswahlen in Nordirland?

Nordirland: Die Parlamentswahl könnte einen Richtungswechsel bedeuten

Tausende erinnern an Blutsonntag in Nordirland vor 50 Jahren