Lockerungen ja, aber langsam: Wie sich Corona in Deutschland entwickeln könnte

In Karlsruhe hat das Sonnenbad eröffnet: Mit dem Sprung in kühle Nass vergingen sicher die ein oder anderen Corona-Sorgen. Ist es nun bald alles vorbei?
In Karlsruhe hat das Sonnenbad eröffnet: Mit dem Sprung in kühle Nass vergingen sicher die ein oder anderen Corona-Sorgen. Ist es nun bald alles vorbei? Copyright Uli Deck/dpa via AP
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Von Alexandra Leistner
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Der deutsche Gesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach hat vor einer zu schnellen Lockerung der Maßnahmen in Deutschland gewarnt. Die beschlossenen Veränderungen müssten wie ein Uhrwerk umgesetzt werden, mehr aber nicht.

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In Deutschland sind nach Angaben von Gesundheitsminister Karl Lauterbach derzeit rund 15 Prozent der Corona-Fälle auf die Omikron-Linie BA.2 zurückzuführen. Diese Variante verbreite sich schneller und in Tierversuchen habe man bisher beobachten können, dass sie auch einen schwereren Verlauf mit sich bringt, so Lauterbach in der Bundespressekonferenz.

Laut RKI sind die Neuansteckungen in Deutschland gesunken: 220.048 neue Fälle wurden zuletzt an einem Tag von den Gesundheitsämtern an das Robert-Koch-Institut gemeldet, die 7-Tage-Inzidenz liegt bei 1371,7.

Maßvoll aber nicht maßlos lockern

Es sei nicht "das Ende der Corona-Maßnahmen sondern ein langsamer Ausstieg", so Lauterbach zu den in der Bund-Länder-Runde beschlossenen Lockerungen in drei Schritten. Bei einer zu schnellen Öffnung stiegen nicht nur die Fallzahlen, sondern auch die Welle an sich, so der Gesundheitsminister. Dieser Anstieg könne derzeit nicht ausgeschlossen werden.

Lauterbach appellierte an die Ministerpräsidenten der Bundesländer, nicht über die beschlossenen Lockerungen hinauszugehen - etwa um sich zu "profilieren als jemand der schnell lockert oder politische Geländegewinne zu machen".

Beim Vergleich mit Dänemark und England dürfe man nicht vergessen, dass deren Lockerungsstrategie sich darauf stütze, dass bei den älteren Menschen drei bis vier Mal so viele geimpft sind wie in Deutschland.

Neue Welle im Herbst "relativ sicher"

Omikron und Delta seien "einigermaßen gut gemeistert" worden, so Lauterbach. Allerdings sei es "fast sicher", dass es im Herbst zu einer neuen Welle komme. Darauf wiesen zahlreiche Modelle hin. Im günstigsten Fall käme dann eine Omikron-Variante oder Omikron selbst.

Wenn aber Varianten kommen, die tiefer in das Gewebe eindringen, dann sei das gefährlich. Man könne die Menschen daher nur schützen durch eine Impfpflicht - ab 18 Jahren. Diesem Antrag werde er sich anschließen, wie auch der Bundeskanzler Olaf Scholz.

Deutschland hat weniger Tote als Europa im Durchschnitt

Die Todesrate sei "deutlich niedriger als im europäischen Durchschnitt", so Michael Meyer-Herrmann, Leiter des Helmholtz Zentrums für Infektionskrankheiten in Braunschweig.

In Deutschland kämen seit Beginn der Pandemie im Schnitt 1.400 Tote auf 1 Mio. Menschen - im Durchschnitt in Europa seien es 2.200. Allerdings ist Deutschland damit kein Musterschüler: In Südkorea aber hab man es noch besser hinbekommen, dort seien es 140 Tote auf 1 Mio. Einwohner. Südkorea habe eine konsequente Strategie gefahren, um die Inzidenzen niedrig zu halten.

Öffnungen müssten jetzt auch deshalb schrittweise stattfinden, um zu sehen, wann Lockerungen zu weit gehen, so Meyer-Herrmann.

Wie kann Deutschland den "endemischen Zustand" erreichen?

Ob Omikron Deutschland den endemischen Zustand bringt, hängt laut Meyer-Herrmann davon ab, wie man eine Grundimmunität in der Bevölkerung erreicht. Dabei sei das Impfen ein entscheidender Faktor.

Immer noch seien viele ungeimpfte in Gefahr und diese könnten jetzt mit Lockerungen wieder am normalen Leben teilnehmen. Diejenigen, die noch nicht infiziert sind, müssten damit rechnen sich anzustecken und daraufhin werde auch die Todeszahl wieder ansteigen.

Er warnte auch vor der Annahme, dass eine Infektion mit Omikron genügend Schutz biete. "Eine Omikroninfektion schützt nicht gegen Delta und andere vorige Varianten", warnte Meyer-Herrmann. "Deswegen ist die Gefahr hoch, dass Delta im Herbst wieder aufflammt."

Der beste Schutz sei eine Dreifachimpfung gefolgt von einer Omikron-Ansteckung. Omikron - das habe man mittlerweile gut beobchtet - führe meist auch trotz Impfung zu einer Infektion und zu Symptomen.

Impfung schützt vor Long-Covid - neue Studien

Long-Covid sei bisher nicht ausreichend berücksichtigt, betreffe aber viele Menschen und sei ein wirtschaftliches, psychisches und mentales Problem, so der Leiter des Helmholtz-Instituts. Eine neue Studie aus den USA zeigt demnach, dass viele Menschen auch über ein Jahr hinweg noch massive Probleme nach einer Covid-Infektion haben. Auch gegen diese langen Auswirkungen helfe die Impfung, so Meyer-Herrmann.

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