Pulverfass Bosnien: "30 Jahre alte EU-Versprechen sind Fata Morgana"

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Von Johannes PleschbergerEuronews
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Wegen des Kriegs in der Ukraine verstärkt Österreich seine Truppen im Westbalkan - auch in Bosnien-Herzegowina. Warum ist die Lage angespannt?

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Minen entschärfen, lokale Gewohnheiten erlernen. Österreichische EUFOR-Soldaten, wenige Tage vor ihrer Entsendung nach Sarajevo, in der Kaserne Götzendorf bei Wien.

Die Europäische Union befürchtet, dass sich der Ukraine-Krieg auf den Westbalkan auswirkt. Mithilfe des größten Truppenstellers Österreich wird die EUFOR-Mission derzeit auf insgesamt 1100 Einheiten nahezu verdoppelt.

Karl Wolf, Oberst beim österreichischen Bundesheer, erklärt die Gründe dafür: "Auch ergänzend zu den Umfeldbedingungen, die man ja jetzt genau in den Nachrichten mit der Ukraine verfolgt, haben sich die Länder und die Nationen entschlossen, Reservekräfte in den Einsatzraum Bosnien zu entsenden."

Seit der Kriege und ethnischen Säuberungen der 90er Jahre besteht Bosnien aus zwei Landesteilen: der serbischen Republika Srpska und der bosniakisch-kroatischen Föderation. Doch die Republika Srpska will sich offenbar von der Föderation loslösen und plant eine eigene Justiz sowie eine eigene Armee. Durch die guten Beziehungen der bosnischen Serben zu Moskau wird nun eine ähnliche Situation wie in der Ukraine befürchtet.

Valentin Inzko ist der ehemalige hohe Repräsentant der UN für Bosnien und hat auch die EU vor Ort vertreten. Der österreichische Diplomat sagt: "Das Ziel der Republika Srpska ist es, staatliche Strukturen aufzubauen und im richtigen Zeitpunkt dann, sich unabhängig zu erklären."

Um einen erneuten bewaffneten Konflikt zu verhindern, fordert der ehemalige hohe Repräsentant für Bosnien Valentin Inzko einen raschen EU-Beitritt für Sarajevo. Der Annäherungsprozess würde bereits viel zu lange dauern.

Nächstes Jahr ist der 30. Jahrestag von dem Versprechen, den Ländern am Balkan eine Perspektive zu geben. Das ist keine Perspektive, das ist eine Fata Morgana
Valentin Inzko
Ehemaliger hoher Repräsentant der UN in Bosnien

Valentin Inzko, der ehemalige hohe Repräsentant für Bosnien erklärt: "Nächstes Jahr ist der 30. Jahrestag von diesem Versprechen, den Ländern am Balkan eine Perspektive zu geben. Das ist keine Perspektive, das ist eine Fata Morgana, wenn jemand nicht einmal in 30 Jahren das bekommt was versprochen wurde. Wir haben eben gebeten in diesem Schreiben, um eine beschleunigte und vereinfachte Aufnahme oder Annäherung Bosnien-Herzegowinas in die Europäische Union."

Kurzfristig fordert Inzko, dass nicht 1000 sondern zumindest 5000 Einheiten in Bosnien stationiert werden.

Euronews-Reporter Johannes Pleschberger fasst zusammen: "Der wesentliche Auftrag der Soldaten ist es, für Sicherheit in Bosnien zu sorgen. Das von speziellen Einheiten regelmäßig erhobene Stimmungsbild in der Bevölkerung verschlechtert sich jedoch. Nichtsdestotrotz bleibt die Hoffnung, dass sich der Schrecken der 90er Jahre nicht wiederholt."

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