"Das war rein instinktiv": Ukrainerin Anastasia findet Zuflucht bei der Urenkelin von Tolstoi

Leo Tolstois Urenkelin Marta Albertini empfängt in Lens in der Südschweiz die ukrainische Geflüchtete Anastasia Scheludko
Leo Tolstois Urenkelin Marta Albertini empfängt in Lens in der Südschweiz die ukrainische Geflüchtete Anastasia Scheludko Copyright Fabrice COFFRINI / AFP
Von Euronews mit AFP
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Der Autor der berühmten Romane "Krieg und Frieden" und "Anna Karenina" wäre über den in der Ukraine tobenden Krieg wahrscheinlich "völlig am Boden zerstört" gewesen, sagt die Urenkelin Tolstois. Sie hat eine junge Ukrainerin bei sich aufgenommen, rein instinktiv.

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Unter dem strengen Blick ihres Urgroßvaters, des russischen Literaturgiganten Leo Tolstoi, hört Marta Albertini den erschreckenden Bericht einer geflüchteten Ukrainerin, die sie bei sich in der Schweiz aufgenommen hat.

Der Angriff der Ukraine durch das Land ihrer Vorfahren vor fast sechs Wochen habe sie zutiefst schockiert, sagt die 84-Jährige. Sie wollte etwas tun und öffnete Anastasia und ihrer Mutter ihre Tür.

"Ich darf sie nach nichts fragen, das wäre Voyeurismus"

"Ich habe sie um drei Uhr nachmittags bei mir begrüßt. Ich hatte einen Kuchen gekauft, wir haben uns an den Tisch gesetzt und ich sah in ihre Augen. Ihre Augen waren so traurig, dass ich mir sagte, ich darf sie nach nichts fragen, das wäre Voyeurismus."

Die Ankunft in der Schweiz sei eine große Erleichterung gewesen, sagte die 24-jährige Anastasia Scheludko und fügt hinzu, sie sei sehr dankbar für den herzlichen Empfang. Über die Flucht sagt sie: "Eines Morgens wachst du auf, weil der Flughafen um 5 Uhr morgens bombardiert wurde, und du hörst diese Explosion aus großer Entfernung ganz deutlich, und dann siehst du nur noch den roten Himmel in der Ferne, und dein Leben ist nie mehr dasselbe."

Tolstoi wäre über den Ukraine-Krieg entsetzt gewesen

Dass sie bei einer Urenkelin Tolstois untergekommen war, merkte Anastasia erst später. Marta Albertini hatte vor ihrer Ankunft die meisten Familienbilder, die die Holzwände des Chalets bedecken entfernt, nur ein großes Gemälde ihres Urgroßvaters ließ sie im Wohnzimmer hängen.

Albertini, die im vergangenen Jahr ein Buch über drei Generationen von Tolstoi-Frauen veröffentlicht hat, unterstreicht, dass ihr Urgroßvater ein bekannter und bekennender Pazifist war.

Fabrice COFFRINI / AFP
Porträt von Leo Tolstoi in der Wohnung der Urenkelin Marta Albertini in Lens, in der Südschweiz.Fabrice COFFRINI / AFP

Der Autor der berühmten Romane "Krieg und Frieden" und "Anna Karenina" wäre über den in der Ukraine tobenden Krieg wahrscheinlich "völlig am Boden zerstört" gewesen, sagte sie.

"Ich habe das Glück, über diese Wohnung zu verfügen, die es mir ermöglicht, das zu tun. Ich habe viele Briefe und Nachrichten von Familienangehörigen bekommen, die mich dafür lobten. Es gibt keinen Grund, Bravo zu sagen. Ich war in der Lage, es zu tun, das ist alles, das war instinktiv, wirklich rein instinktiv."

Anastasia gelangte Mitte März mit ihrer Mutter die Flucht in den Schweizer Bergort Lens, eine Woche nachdem sie aus ihrer Heimat in der südukrainischen Stadt Mykolajiw geflohen waren. Mehr als 23 000 Menschen haben bereits in der Schweiz Zuflucht gefunden.

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