Umfragen zeigen, dass das Interesse an den Wahlen stetig abnimmt, vor allem bei der Jugend. Aber desinteressiert ist die Jugend nicht.
Die Wahlbeteiligung ist ein wichtiges Thema bei den französischen Präsidentschaftswahlen. Umfragen zeigen, dass das Interesse an den Wahlen stetig abnimmt, vor allem bei der Jugend. Aber desinteressiert ist die Jugend nicht. Paris, ein paar Tage vor der Wahl wird für Maßnahmen gegen den Klimawandel demonstriert. Der Wahlkampf der Präsidentschaftskandidaten interessiert kaum.
Politiker und junge Menschen scheinen sich einfach nicht zu verstehen, so die Schlussfolgerung des Soziologen und Historikers Marc Lazar, Mitverfasser einer Studie über junge Menschen in Frankreich.
Marc Lazar, Professor für Geschichte und politische Soziologie an der Sciences Po
"Wir können sehr deutlich sehen, dass die Jugend eine Reihe von sehr wichtigen Anliegen haben. An erster Stelle steht die Umwelt. 90 % von ihnen sind der Meinung, dass sie wichtig oder sehr wichtig ist. Auch die Frage des Hungers in der Welt ist ein Thema. Gewalt gegen Frauen, sexistische Gewalt. Das sind Themen, die sie wirklich beschäftigen, aber sie finden sich nicht wieder in den politischen Programmen, den Parteien. Am auffälligsten ist, dass 90 % in Umweltfragen engagiert sind, aber nur 11 % interessieren sich für die Grünen. Da ist eine beträchtliche Kluft".
Laut einer anderen Studie sind sich nur etwas mehr als die Hälfte der 18- bis 24-Jährigen "sicher", wählen zu gehen, gegenüber 80 % der über 70-Jährigen.
Marc Lazar, Professor für Geschichte und politische Soziologie an der Sciences Po
"Junge Nichtwähler könnten für einen erheblichen Generationsunterschied zwischen dem nächsten Präsidenten und ihnen selbst sorgen. Sie entwickeln sich in einer von der Covid-Pandemie geprägten Gesellschaft - und sehen vielleicht nicht mehr, wie die Gesellschaft politisch organisiert ist. Das kann ein Zeichen für starke Verwerfungen sein, die in den nächsten fünf Jahren auftreten könnten."
Traditionell liegt die Wahlbeteiligung in Frankreich bei den Präsidentschaftswahlen am höchsten. 2017 lag sie bei 78 %, und das ist schon weniger als bei den beiden vorherigen Präsidentschaftswahlen. 2002 sorgten die Nichtwähler zum ersten Mal in der ersten Runde einer Präsidentschaftswahl dafür, dass die extreme Rechte den zweiten Wahlgang erreichte. Dass sich dies wiederholen könnte, halten viele Analysten kurz vor der Wahl für möglich.