Verteidigungsministerin Klaudia Tanner: "Österreich trägt die Neutralität im Herzen"

Österreichs Verteidigungsministerin Klaudia Tanner
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Von Johannes PleschbergerEuronews
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Das Euronews-Interview mit Österreichs Verteidigungsministerin Klaudia Tanner von @JPleschberger zur neuen Strategie der Alpenrepublik

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Will Österreich weiterhin neutral bleiben?

Und inwieweit muss das Budget für das österreichische Bundesheer erhöht werden?

Darüber hat Johannes Pleschberger für Euronews mit Österreichs Verteidigungsministerin Klaudia Tanner gesprochen.

Euronews: Schweden und Finnland beginnen offenbar im Mai den NATO Beitrittsprozess. Damit ist Österreich neben Irland das einzige EU Mitglied, das militärisch neutral bleibt. Wollen Sie das ändern? Streben Sie einen NATO-Beitritt an oder welche ist Ihre Strategie?

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner: Diese Frage stellt sich für Österreich nicht, weil wir ein neutraler Staat sind. Die Neutralität ist auch in unserer Verfassung festgeschrieben und daher stellt sich die Frage eines Beitritts zu einem Militärbündnis nicht.

Ich denke, dass es mehr ist als nur eine in der Verfassung determinierte Neutralität, sondern die Österreicherinnen und Österreicher tragen dies ja auch im Herzen.
Klaudia Tanner
Österreichs Verteidigungsministerin

Euronews: Da gibt es ja auch entsprechende Umfragen. Da wehrt sich die Bevölkerung eigentlich oder will keinen solchen Beitritt.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner: Vielleicht auch aus den Lehren, die man aus der Geschichte gezogen hat. Ich denke, dass es mehr ist als nur eine in der Verfassung determinierte Neutralität, sondern die Österreicherinnen und Österreicher tragen dies ja auch im Herzen.

Der Angriffskrieg Putins auf die Ukraine, hat gezeigt, dass wir insbesondere auch im Bereich der militärischen Landesverteidigung investieren müssen.
Klaudia Tanner
Österreichs Verteidigungsministerin

Euronews: Jetzt sind sich viele Experten und Politiker einig: Das Heer wurde in den letzten Jahrzehnten in Österreich kaputtgespart, sozusagen, wenn man das so ausdrücken will. Zum Vergleich: Die Schweiz hat eine halb so große Landesfläche, aber ein doppelt so hohes Militärbudget. Wollen Sie auch das Budget verdoppeln?

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner: Es ist eine unabdingbare Notwendigkeit, dass wir in das österreichische Bundesheer investieren. Das war nicht nur in Österreich so, sondern auch in vielen anderen Staaten, wo man vielleicht der sozialen Sicherheit den Vorrang gegeben hat vor der militärischen Sicherheit. Und in Österreich ist es auch unabdingbar notwendig zu investieren. Das werden wir tun, das haben wir ja auch schon getan. Wir haben ja dreimal in Folge das Budget erhöht, sind jetzt bei einem Jahresbudget von 2,713 Milliarden €. Aber nicht zuletzt die Nacht, der 24. Februar, der Beginn des Angriffskrieges Putins auf die Ukraine, hat gezeigt, dass wir insbesondere auch im Bereich der militärischen Landesverteidigung investieren müssen. Es ist bekannt, dass es eine unglaubliche Investitionslücke da gibt, wo wir in Teilbereichen schon investieren konnten. Dieser Weg ist fortzusetzen, damit wir vorbereitet sind auf die Risiken, die ja nicht weniger werden.

Der Vergleich mit der Schweiz

Euronews: Sie haben Anfang April vor rund drei Wochen gesagt, Sie unterstützen die Forderung nach 1,5 % der Wirtschaftsleistung des BIP, also als Heeres Budget. Sind Sie nach wie vor bei dieser Zahl?

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner: Ja, also es ist die Frage, misst man etwas am Budget oder nicht? Sie haben zuvor die Schweiz erwähnt. Wenn man sich das Budget gemessen am BIP in der Schweiz anschaut, ist es gar nicht so viel mehr, als Österreich hat. Aber es geht insbesondere darum, dass wir vor allem die Summe und das Budget, das wir halten, außer Streit stellen. Was meine ich damit, dass nicht eine allfälliges Ende der Legislaturperiode ist, in der nächsten Regierung möglich machen würde, diesen Weg sozusagen zu verlassen? Und das verhandeln wir gerade. Aber Sie haben es richtig angesprochen Das Ziel ist, dass wir noch in diesem Jahr auf 1 % des Bruttoinlandsproduktes kommen und dann in Schritten bis zu 1,5 %. Wir werden sicher nicht etwas investieren, das wir nicht unbedingt brauchen. Das sei an dieser Stelle auch den Steuerzahlern, zu denen wir ja alle gehören, auch ausgerichtet.

Euronews: Kurz - Die Schweiz hat ein Budget von 5 Milliarden, Österreich von 2,7 % des BIP. Das entspricht nicht immer der gleichen Zahl in Milliarden. Aber das heißt, Sie bestätigen wieder diese Forderung nach 1,5 %. Wie wahrscheinlich ist das? Der grüne Koalitionspartner ziert sich da eher bei dieser Forderung.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner: Nein, ich glaube, es gibt einen parteiübergreifenden Beschluss. Den gibt es ja, seit wir im Nationalen Sicherheitsrat quer über alle Parteigrenzen hinweg beschlossen haben, dass das österreichische Bundesheer dementsprechend budgetmäßig auch ausgestattet werden muss. Ich sehe überhaupt keinen Grund, daran zu zweifeln, und zwar von keiner Partei, auch nicht vom Koalitionspartner. Jetzt geht es darum, dass wir ausverhandeln und dann am Ende des Tages doch außer Streit stellen, damit wir eine gewisse Planbarkeit haben. Weil Sie wissen, gerade Investitionen im Bereich der Landesverteidigung, Beschaffungen, die brauchen einfach auch eine gewisse Zeit. Wir müssen planen können, um dann gezielt investieren zu können.

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