Burkini und "oben ohne" erlaubt: Grenoble sorgt mit neuer Schwimmbadordnung für Zoff

Mitglieder der Pro-Burkini-Vereinigung "Alliance Citoyenne" jubeln nach der Ankündigung des Stadtrats von Grenoble
Mitglieder der Pro-Burkini-Vereinigung "Alliance Citoyenne" jubeln nach der Ankündigung des Stadtrats von Grenoble Copyright JEFF PACHOUD / AFP
Von Euronews mit AFP/DPA
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Kritiker sprechen von einer schleichenden Islamisierung, während der Bürgermeister von Grenoble Eric Piolle, Frauen die Entscheidung selbst überlassen will, im Wasser so viel oder wenig zu tragen, wie ihnen passt.

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Diese Entscheidung dürfte den alten Zwist um muslimische Ganzkörperbadeanzüge, sogenannte Burkinis, neu entfachen. Der Stadtrat von Grenoble hat am Montag einer Änderung der Hausordnung der öffentlichen Schwimmbäder zugestimmt, die das Tragen von Burkinis erlaubt. 

Nach dreieinhalbstündiger kontroverser Debatte stimmte eine knappe Mehrheit der Stadtverordneten für eine entsprechende Änderung der Schwimmbadordnung. Mit den Plänen hatte der grüne Bürgermeister der Stadt, Éric Piolle, eine landesweite Burkini-Debatte losgetreten. 

Kritiker sprachen von einer schleichenden Islamisierung, während Piolle Frauen die Entscheidung selbst überlassen will, im Wasser so viel oder wenig zu tragen, wie ihnen passt. Oben ohne ist künftig ebenfalls erlaubt.

Vorwurf an den Bürgermeister: Er führe sich auf wie ein "linker Zemmour"

Vor der Abstimmung hatten Vertreter der Opposition dem Bürgermeister vorgworfen, "um jeden Preis" in den nationalen Medien präsent sein zu wollen. Er benehme sich wie ein "linker Zemmour" und führe "einen beispiellosen Schlag gegen muslimische Frauen" aus, die um nichts gebeten häten

Nach der Abstimmung brachten sie ihre große Enttäuschung zum Ausdruck und kündigten an, unverzüglich Rechtsmittel einzulegen, um die Annullierung der Abstimmung zu erreichen. "Sie tragen eine sehr ernste Verantwortung", rief der ehemalige konservatve Bürgermeister Alain Carignon, bevor er mit seiner Fraktion demonstrativ aus Protest den Stadtrat verließ. 

Der grüne Bürgermeister Eric Piolle wischte die Einwände der Opposition beiseite und berief sich auf den "feministischen" Kampf, auf "Gesundheit" und "Laizität", weil nichts das Tragen religiöser Kleidung im öffentlichen Raum verbiete, "auch nicht im Schwimmbad".

Piolle auf Twitter: "Wir heben die Kleiderverbote auf: Es zählen nur die Hygiene- und Sicherheitsvorschriften."

Jubel bei den Burkini-Befürworter:innen

In der  überarbeiteten Hausordnung für Schwimmbäder gebe es nunmehr keine vorgeschriebene Länge von Badeanzügen mehr, erklärte die stellvertretende Sportministerin Céline Mennetrier. Damit werde es Frauen ermöglicht, oben ohne zu baden, und alle Badenden könnten einen Badeanzug tragen, der sie vor der Sonne schützt.

Das Tragen des Burkinis wurde von der umstrittenen Vereinigung "Alliance Citoyenne" gefordert, die seit 2019 mehrere Protestaktionen in Grenobler Schwimmbädern organisiert hatte. Die Sympathisant:innen des Vereins, die sich in einem Saal im Rathaus von Grenoble versammelt hatten, verfolgten die Sitzung per Videoübertragung.

Der Präsident (LR) der Region Auvergne-Rhône-Alpes, Laurent Wauquiez, reagierte umgehend auf die Abstimmung des Stadtrats und beschuldigte Eric Piolle, "seinen Bruch mit dem Laizismus und den Werten unserer Republik endgültig zu besiegeln".

Wauqiez: Angesichts dieses Separatismus werde wie versprochen die Region sofort alle Subventionen für die Stadtverwaltung von Grenoble einstellen..

Der Präfekt des Departements Isère, Laurent Prévost, hatte bereits am Sonntagabend gerichtliche Schritte angekündigt, sollte es grünes Licht für das Tragen von Burkinis in öffentlichen Bädern in Grenoble geben. 

Gemäß der Anweisungen, die er von Innenminister Gérald Darmanin erhalten habe, werde er vor das Verwaltungsgericht ziehen, um eine Aussetzung der Regelung zu erwirken.

Burkini-Verbot an der Côte d'Azur

Um Burkinis gab es bereits im Sommer 2016 einen heftigen Streit in Frankreich, örtlich auch Verbote. Der Staatsrat erklärte schließlich ein kommunales Burkini-Verbot, wie es an der Côte d'Azur erlassen worden war, für rechtswidrig. 

Um Burkinis weiterhin von Stränden und aus Bädern zu verbannen, bedienten Kommunen sich danach Begründungen der Hygiene und der Sicherheit.

Frankreich versteht sich als laizistisches Land, in dem eine strikte Trennung von Staat und Religion herrscht. Der Umgang mit religiösen Symbolen in der Öffentlichkeit sorgt immer wieder für Kontroversen, vor allem im Zusammenhang mit dem Islam.

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