Kiew wartet: Welches Land hat bisher welche Waffen an die Ukraine geliefert?

Ein russischer Soldat läuft durch eine Fabrik in Mariupol. Das Foto entstand während einer vom russischen Verteidigungsministerium organisierten Reise.
Ein russischer Soldat läuft durch eine Fabrik in Mariupol. Das Foto entstand während einer vom russischen Verteidigungsministerium organisierten Reise. Copyright AP
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Von Alexandra Leistner mit AFP
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Mit neuen, modernen und vor allem schweren Waffen will der ukrainische Präsident so schnell wie möglich die von Russland besetzten Gebiete befreien.

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Fast schon gebetsmühlenhaft wiederholt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei öffentlichen Auftritten und Video-Ansprachen seine Bitte: Im Krieg gegen Russland braucht die Ukraine dringend mehr Waffen, schwere Waffen, und das so schnell wie möglich.

In Deutschland sorgt das zögerliche Verhalten der Bundesregierung für eine seit Wochen andauernde Diskussion. Das wirtschaftlich stärkste Land und  sein Bundeskanzler Olaf Scholz mache sich international zum Gespött so der Vorwurf. Aber wie sieht es denn aus bei den anderen Ländern in Europa und dem Rest der Welt? Welche Länder haben die Ukraine mit welchen Waffen versorgt?

Beobachter:innen zufolge haben westliche Waffen bisher entschieden dazu beigetragen, russische Truppen zurückzudrängen und Moskau dazu genötigt, seine Offensive auf den Donbas zu verlagern.

Nach der Entscheidung der deutschen Bundesregierung vom Mittwoch, der Ukraine ein modernes Flugabwehrsystem Iris-T zu liefern, sagte Kanzler Olaf Scholz, damit sei die Ukraine in der Lage, eine "ganze Großstadt" vor russischen Angriffen aus der Luft zu schützen.

Doch über welche Waffen verfügt die Ukraine momentan bereits? Welche Länder haben Kiew welches Material - denn die Hilfe umfasst auch Schutzausrüstungen (Helme, kugelsichere Westen) -  geliefert? Die Einzelheiten sind nicht immer bekannt, vermutlich ist nur ein Bruchteil öffentlich geworden. Aus taktischen Gründen, werden manche Lieferungen auch geheim gehalten.

Mauricio Campino/AP
Soldaten der Air Force bereiten Munition, Waffen und sonstige Ausrüstung für die Ukraine vor.Mauricio Campino/AP

Deutschland

Neben dem bereits erähnten Iris-T hat Berlin auch die Lieferung eines Radarsystems versprochen, das die gegnerische Artillerie aufspüren kann.

Vier Mehrfachwerfer aus Beständen der Bundeswehr sollen ebenfalls geliefert werden, wenn möglich bis Ende Juni - vorausgesetzt, sie werden nicht zur Bombardierung russischen Territoriums eingesetzt.

Berlin hat zudem sogenannte Ringlieferungen über andere europäische Länder veranlasst. Eine Vereinbarung sieht vor, dass Athen Militärfahrzeuge aus der Sowjetära an die Ukraine schickt und im Gegenzug modernere Panzer von Berlin erhält. Deutschland hatte ein ähnliches Abkommen mit der Tschechischen Republik geschlossen und verhandelt derzeit über ein Abkommen mit Polen.

Das Land hatte im Mai außerdem angekündigt, sieben Panzerhaubitzen liefern zu wollen.

Spanien

Madrid kündigte im April die Lieferung von 200 Tonnen militärischer Ausrüstung, Munition, 30 Militärlastwagen, schweren Spezialtransportfahrzeugen und 10 leichten Fahrzeugen an, nachdem es ein Dutzend Flugzeuge mit Munition und leichten Waffen geschickt hatte.

Frankreich

Frankreich hat Ende April angekündigt, die Entsendung von Militärgütern zu "verstärken".

Paris lieferte Waffen im Wert von mindestens 100 Millionen Euro an die Ukraine, darunter Milan-Panzerabwehrraketen, Mistral-Luftabwehrraketen und sechs Caesar-Kanonen.

Skandinavische Länder

Norwegen lieferte rund 100 Flugabwehrraketen vom Typ Mistral sowie etwa 4000 Panzerabwehrwaffen vom Typ M72.

Schweden kündigte die Lieferung von 5.000 Einzelschuss-Raketenwerfern der Klasse AT-4, 5.000 zusätzlichen Panzerabwehrwaffen und Minenräumausrüstung an.

Finnland sagte Ende Februar 2.500 Sturmgewehre, 150.000 Schuss Munition und 1.500 Raketenwerfer zu. Am 24. März kündigte es eine weitere, nicht näher bezeichnete Waffenlieferung an.

Dänemark kündigte am 27. Februar die Entsendung von 2.700 Raketenwerfern an. Im April versprach Premierministerin Mette Fredriksen, dass ihr Land weitere 600 Millionen Dänische Kronen (80 Millionen Euro) für den Kauf von Waffen beisteuern werde. Im Mai sagte Dänemark laut Washington die Entsendung eines Harpoon-Schiffsabwehrraketensystems zu. 

Mitteleuropa

Slowenien kündigte Ende Februar die Lieferung von Kalaschnikows und Munition an.

Bulgarien liefert offiziell keine militärische Ausrüstung. Doch seine diesbezüglichen Ausfuhren in EU-Länder haben sich zwischen dem 20. Februar und dem 13. April im Vergleich zum selben Zeitraum 2021 fast verdreifacht.

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Die Tschechische Republik hat Militärgüter im Wert von 3,5 Milliarden Kronen (141 Millionen Euro) geliefert und plant laut Verteidigungsministerin Jana Cernochova weitere Lieferungen im Wert von bis zu 28 Millionen Euro.

Das Land hat laut US-Verteidigungsminister Lloyd Austin auch Angriffshubschrauber und Raketen geschickt.

Belgien, Niederlande, Griechenland, Italien

Belgien kündigte an, 5.000 automatische Gewehre und 200 Panzerabwehrwaffen zu schicken.

Die Niederlande versprachen im Februar die Lieferung von 200 Stinger-Raketen und Ende April die Lieferung einer "begrenzten Anzahl" von Panzerhaubitzen des Typs Panzerhaubitze 2000, die die "schwerste Artillerie der niederländischen Armee" darstellen.

Griechenland hat neben der geplanten Lieferung von Militärfahrzeugen aus der Sowjetära mit Zustimmung Berlins 400 Kalaschnikow-Sturmgewehre, Raketenwerfer und Munition geliefert.

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Italien hat beschlossen, seine Waffenlieferungen vorerst geheim zu halten.

Nachbarländer der Ukraine

Polen lieferte Waffen im Wert von 1,6 Milliarden US-Dollar (1,5 Milliarden Euro), so Premierminister Mateusz Morawiecki, der die Lieferung von Panzern einräumte. Medien berichten von mehr als 200 T-72-Panzern und behaupten, dass Polen nach den USA der zweitgrößte Waffenlieferant der Ukraine sei.

Warschau gab bekannt, dass es unter anderem Panzerabwehrraketen, Flugabwehrraketen, Mörser, Munition und Drohnen geliefert habe.

Die Slowakei trug mit militärischer Ausrüstung im Wert von 153 Millionen Euro bei (Treibstoff, Munition, Boden-Luft-Raketen, Panzerabwehrraketen) und stellte ein S-300-Luftabwehrsystem zur Verfügung. Das Land, das gerade weitere Hilfe im Wert von 21,6 Millionen Euro bewilligt hat, wird der Ukraine außerdem mindestens acht Zuzana-Haubitzen verkaufen.

Baltische Staaten

Lettland schickte Ausrüstung im Wert von über 200 Millionen Euro (Munition, Stinger-Flugabwehrraketen und deren Abschussrampen sowie Drohnen).

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Litauen lieferte Militärhilfe im Wert von "zweistelligen Millionenbeträgen", darunter Stinger-Flugabwehrraketen, Mörser, Gewehre und Munition.

Darüber hinaus sammelten die Litauer mehr als 5 Millionen Euro, um eine türkische Militärdrohne für die Ukraine zu kaufen.

Estland stellte 227,5 Millionen Euro an Hilfe bereit und lieferte Javelin-Panzerabwehrraketenwerfer, Haubitzen, Panzerabwehrminen, Panzerabwehrkanonen und Munition.   

Großbritannien

London hat 450 Millionen Pfund (530 Millionen Euro) Militärhilfe für Kiew bereitgestellt, darunter Tausende leichte Panzerabwehrraketen, und versprach gepanzerte Fahrzeuge für Evakuierungen, Anti-Schiffsraketen und Luftabwehrsysteme.

Anfang Juni kündigte die britische Regierung die mit den USA abgestimmte Lieferung von Mittelstreckenraketensystemen. Die genaue Anzahle von M270-Werfern wurde nicht genannt, sie können präzisionsgelenkte Raketen bis zu 80 Kilometer weit schicken. 

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Premierminister Boris Johnson hatte am 3. Mai mehr Hilfe versprochen mit einem neuen Plan im Wert von 300 Millionen Pfund, der auch Radargeräte und Drohnen umfasste.

USA

Die USA kündigten an, der Ukraine HIMARS-Systeme (High Mobility Artillery Rocket System), auf leichten Panzern montierte Mehrfachraketenwerfer mit begrenzter Reichweite zu liefern. Kiew musste aber zusichern, sie nicht für Angriffe auf russisches Territorium zu verwenden.

Die Ausrüstung ist Teil eines neuen Pakets von Militärhilfe, des elften seit Beginn des Konflikts, das sich diesmal auf 700 Millionen US-Dollar beläuft.

Es handelt sich dabei um den ersten Betrag aus einem neuen 40-Milliarden-Dollar-Paket für die ukrainischen Kriegsanstrengungen, von dem Kiew 6 Milliarden Dollar für die Ausrüstung mit gepanzerten Fahrzeugen und den Ausbau der Luftabwehr erhalten soll.

Washington hat seit dem Einmarsch in die Ukraine 4,5 Milliarden US-Dollar an Hilfe bereitgestellt.

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Die USA hatten im April eine Hilfe angekündigt, die gepanzerte Fahrzeuge, Artillerie und Hubschrauber umfasste, gefolgt von einer Militärhilfe im Wert von 800 Millionen US-Dollar, die Haubitzen und deren Fahrzeuge, 144.000 Granaten und 121 "Selbstmorddrohnen" Phoenix Ghost umfasste.

Zuvor hatte Washington 1.400 Stinger-Flugabwehrsysteme, 5.000 Javelin-Panzerabwehrraketen, 7.000 Panzerabwehrwaffen eines anderen Modells, mehrere hundert Switchblade-"Selbstmorddrohnen", 7.000 Sturmgewehre, 50 Millionen Kugeln und diverse Munition, lasergesteuerte Raketen, Puma-Drohnen, Anti-Artillerie- und Anti-Drohnen-Radar, leichte Panzer und sichere Kommunikationssysteme geliefert oder zugesagt.

Die Javelin, die den russischen Panzer T-90 durchschlagen kann, ist zu einem Symbol des ukrainischen Widerstands geworden.

Türkei

Die Ukraine gab an, vor der russischen Invasion über etwa 20 türkische Kampfdrohnen des Typs Bayraktar TB2 verfügt zu haben. Anfang März erhoelt sie Ende Januar bestellte Drohnen, nach Angaben einiger Experten insgesamt 16.

Die TB2 soll unter anderem bei dem Untergang des russischen Kreuzers Moskwa, der Mitte April im Schwarzen Meer versenkt wurde, eine wichtige Rolle gespielt haben.

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Expert:innen vermuten, dass weiterhin türkische Drohnen an die Ukraine geliefert werden, was Ankara jedoch nie bestätigt hat.

Kanada

Seit Februar hat Ottawa der Ukraine Militärhilfe in Höhe von 262 Millionen kanadischen Dollar (194 Millionen Euro) geleistet und unter anderem Artilleriegeschütze, Drohnenkameras, Mittel für hochauflösende Satellitenbilder sowie zwei taktische Transportflugzeuge geschickt.

Letzte Woche kündigte die Verteidigungsministerin die Entsendung von "mehr als 20.000 Artilleriegeschossen der NATO-Standardmunition 155 mm" an.

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