Archäologische Sensation im Gazastreifen bietet politischen Sprengstoff

Die Archäologen Jihad Abu Hassan und Fadel al-Otol auf dem Gelände in Jabaliya, Gaza
Die Archäologen Jihad Abu Hassan und Fadel al-Otol auf dem Gelände in Jabaliya, Gaza Copyright AFP
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Von Verena Schad mit AFP
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Die Archäologie ist sowohl in Israel als auch in den palästinensischen Gebieten ein hochpolitisches Thema, und die Entdeckungen werden genutzt, um die Gebietsansprüche der jeweiligen Völker zu rechtfertigen.

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Im kriegserschütterten Gazastreifen sind die Menschen mehr damit vertraut, ihre Toten zu begraben, als ihr kulturelles Erbe auszugraben.

Doch während Wiederaufbauarbeiten nach dem letzten Krieg zwischen Israel und der Hamas stießen die Bulldozer im sandigen Untergrund der nördlichen Küstenenklave Jabaliya auf eine archäologische Sensation: eine römischen Nekropole aus der Zeit vor etwa 2.000 Jahren.

Der römische Friedhof mit seinen rund 50 Gräbern steht repräsentativ für die reichen, wenn auch unterentwickelten archäologischen Schätze des verarmten palästinensischen Gebiets.

Archäologie in Gaza reich aber unterentwickelt

Die Archäologie ist sowohl in Israel als auch in den palästinensischen Gebieten ein hochpolitisches Thema, und die Entdeckungen werden genutzt, um die Gebietsansprüche der jeweiligen Völker zu rechtfertigen.

Während es im jüdischen Staat eine Reihe von Archäologen gibt, die über eine beeindruckende Anzahl antiker Schätze berichten, wird dieser Bereich in Gaza weitgehend vernachlässigt. Grundlegendes Gesundheit und Bildung hat hier Vorrang.

Außerdem haben die Menschen in Gaza Angst vor Enteignung. "Das Problem in Gaza ist, dass die Menschen, wenn sie bauen und archäologische Überreste finden, Angst haben, darüber zu sprechen, weil sie wissen, dass die Palästinensische Autonomiebehörde in einer finanziellen Krise steckt und es möglich ist, dass sie für den Fund nicht entschädigt werden", sagt Jihad Abu Hassan, Leiter der "Mission Premiere Urgence" in Gaza. 

Außerdem glaube der Archäologe der NGO aus Frankreich, dass es an Bewusstsein für das Kulturerbe mangelt. 

Fadel al-Otol ist ein palästinensischer Archäologe und Experte für Restaurierung und Instandhaltung von Altertümern. Er arbeitet ebenfalls an dem Ausgrabungsprojekt in Jabaliya.

Kulturelles Erbe Palästinas eine Chance für junge Menschen im Gazastreifen

"Ich habe eine große Neugierde und Liebe für die Archäologie entwickelt, weil ich durch sie die Geschichte meines Landes entdecken kann. Ich erinnere mich, dass ich als Kind während der Intifada nach Steinen suchte, um sie auf israelische Soldaten zu werfen, heute suche ich nach Steinen, um ihnen die Geschichte meines Landes zu beweisen."

Archäologen sehen im kulturellen Erbe Palästinas eine Chance für junge Menschen im Gazastreifen. In Jabaliya jedenfalls schützen und restaurieren die Behörden zusammen mit NGOs den wertvollen Fund.

Ein Wachmann hatte auf der Großbaustelle ein seltsames Stück Stein bemerkt, das aus der Erde ragte. Ägypten hatte die Wiederaufbauinitiative im Wert von 500 Millionen Dollar nach dem letzten Krieg im Mai 2021 gestartet. 

Die ägyptischen Vorarbeiter wurden nach der Entdeckung des Wachmans benachrichtigt, die sofort die örtlichen Behörden kontaktierten und die Arbeiter aufforderten, die Arbeiten einzustellen. 

Weil es in den sozialen Medien sofort Gerüchte über den großen Fund gab, zog die Altertumsbehörde des Gazastreifens die französische Nichtregierungsorganisation "Premiere Urgence Internationale" und die Französische Schule für Bibelwissenschaft und Archäologie in Jerusalem hinzu, um die Bedeutung der Stätte zu bewerten und das Gebiet abzugrenzen.

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