"Keine Gesprächsbereitschaft": Baerbock kritisiert Lawrow auf dem G20-Gipfel

Der russische Außenminister Lawrow und seine indonesische Amtskollegin Retno Marsudi bei bilateralen Gesprächen auf dem G20-Gipfel in Nusa Dua, Bali, 08.07.2022
Der russische Außenminister Lawrow und seine indonesische Amtskollegin Retno Marsudi bei bilateralen Gesprächen auf dem G20-Gipfel in Nusa Dua, Bali, 08.07.2022 Copyright Willy Kurniawan/AP
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Von Euronews mit dpa
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Zahlreiche Spitzendiplomaten bemühten sich um eine gemeinsame Basis in Bezug auf den Ukraine-Krieg und dessen globale Auswirkungen. Ein Konsens scheint in weiter Ferne.

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Nach dem Eklat um Sergej Lawrow, der beim G20-Gipfel auf Bali nach seiner Rede den Saal verlassen hatte, hat die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat ihrem russischen Amtskollegen Gesprächsverweigerung vorgeworfen. "Dass der russische Außenminister einen großen Teil der Verhandlungen hier nicht im Raum, sondern außerhalb des Raumes verbracht hat, unterstreicht, dass es keinen Millimeter an Gesprächsbereitschaft der russischen Regierung derzeit gibt", erklärte Baerbock. 

Gerade bei der wichtigen Frage, wie die weltweite Ernährungskrise bewältigt werden könne, sei Lawrow nicht anwesend gewesen.

Die Spaltung der zwischen China und Russland auf der einen und den Vereinigten Staaten und Europa auf der anderen Seite trat nirgendwo deutlicher zutage als zum Auftakt des G20-Gipfels im indonesischen Nusa Dua auf Bali. Zahlreiche Spitzendiplomaten bemühten sich um eine gemeinsame Basis in Bezug auf den Ukraine-Krieg und dessen globale Auswirkungen. Ein Konsens scheint in weiter Ferne - trotz eindringlicher Worte des indonesischen Gastgebers und einem emotionalen Plädoyer für Einigkeit und ein Ende des Krieges. 

Lawrow: Westen verhindert friedliche Lösung im Ukraine-Konflikt

Dem Westen warf Lawrow vor, den Übergang zu einer friedlichen Lösung des Konflikts in der Ukraine zu verhindern. Wenn die EU und die USA einen Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld anstrebten, "dann haben wir wahrscheinlich mit dem Westen nichts zu besprechen", erklärte er gegenüber Journalist:innen.

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, teilte mit, dass Lawrow nur noch für bilaterale Gespräche anwesend sei und danach direkt abreise. Er werde weder am offiziellen Essen noch an der Nachmittagssitzung teilnehmen.

Lobende Worte fand Lawrow für den G20-Gastgeber Indonesien. Es sei ein "verantwortliches Land", das die souveränen Rechte eines Landes achte.

Indonesien hatte nach einer Reise von Präsident Joko Widodo nach Moskau und Kiew Ende Juni angeboten, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln. Außenministerin Retno Marsudi sagte in ihrer Eröffnungsrede, die Staatengruppe müsse das Treffen nutzen, um Vertrauen aufzubauen und "dem Frieden eine Chance zu geben". 

Gastgeber Indonesien appelliert eindringlich an Staaten "Misstrauen zu überwinden"

Sie forderte die Gruppe - zu der auch Lawrow, der chinesische Außenminister Wang Yi, Blinken und mehrere europäische Amtskollegen gehörten - auf, das Misstrauen zu überwinden, um den Planeten vor zahlreiche Herausforderungen zu stellen, die vom Coronavirus über den Klimawandel bis hin zur Ukraine reichen.

Zum ersten Mal seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine saßen auch US-Außenminister Antony Blinken, der russische Außenminister Sergej Lawrow im selben Raum. Weder Lawrow noch Blinken zeigten Interesse aneinander, und die beiden hatten keine Pläne für ein Treffen.

"Sie wissen, dass nicht wir es waren, die alle Kontakte abgebrochen haben", sagte Lawrow nach der ersten Sitzung vor Journalist:innen. "Es waren die Vereinigten Staaten. Das ist alles, was ich sagen kann. Und wir rennen niemandem hinterher und schlagen Treffen vor. Wenn sie nicht reden wollen, ist das ihre Entscheidung".

USA beschuldigen Russland Getreide in der Ukraine zu blockieren

Kurz darauf nahm Blinken Lawrow und seine Delegation direkt ins Visier und beschuldigte Russland in der zweiten G-20-Sitzung direkt, Millionen Tonnen Getreide in ukrainischen Häfen zu blockieren und in weiten Teilen der Welt für Ernährungsunsicherheit zu sorgen.

Bei einem separaten Treffen begrüßte Blinken die Rede von Marsudi. "Wir sehen, dass die Auswirkungen Pandemie noch immer in der ganzen Welt zu spüren sind, und wir sehen leider auch, dass die Auswirkungen der russischen Aggression gegen die Ukraine die Dinge noch schwieriger machen, als sie ohnehin schon waren", sagte er ihr.

Zudem wurde das Treffen gleich zu Beginn von unerwarteten., politischen Entwicklungen überschattet - nachdem der britische Premier Boris Johnson seinen Rücktritt angekündigt hatte, reiste die britische Außenministerin Liz Truss ab. Nur wenige Stunden später ereilte die Nachricht vom Attentat auf den frühreren japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe das Gipfeltreffen. Beide Politiker sind keine Unbekannten in der Runde der G20 - häufig hatten sie an ähnlichen Konferenzen und Gipfeltreffen teilgenommen.

Ein Ziel des Treffens am Freitag war es, die Grundlagen für den kommenden G-20-Gipfel zu schaffen, den ebenfalls Indonesien im November ausrichten wird und an dem möglicherweise auch der russische Präsident Wladimir Putin teilnehmen wird.

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