Patienten sind wütend: Tausende Arzttermine gestrichen wegen Beerdigung der Queen

Viele Untersuchungen und Behandlungen werden wegen der Beerdigung der Queen abgesagt
Viele Untersuchungen und Behandlungen werden wegen der Beerdigung der Queen abgesagt Copyright Hannah McKay/AP
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Von Euronews
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Wegen der Beisetzung der Queen wurde der 19. September in Großbritannien zum Feiertag erklärt. Unzählige Arzttermine wurden deshalb abgesagt. Auch Krebskranke sind betroffen, die seit Monaten auf die Untersuchung gewartet hatten.

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Seit dem Tod der Queen vergangenen Donnerstag ist Großbritannien im Ausnahmezustand. Der Tag der Beerdigung am 19. September wurde zum Feiertag erklärt. Für Tausende Patientinnen und Patienten fallen deshalb Arzttermine aus.

Extremer Personalnotstand beim NHS

Das britische Gesundheitssystem NHS leidet unter dem größten Personalmangel seiner Geschichte. Auf einen Termin müssen Patientinnen und Patienten oft Monate, teils sogar Jahre warten. Durch den Tod von Elisabeth der Zweiten müssen viele sich jetzt noch länger gedulden.

Laut einem Bericht von „openDemocracy“ wurden am 19. September, dem Tag der Beisetzung, Tausende Krankenhaustermine abgesagt. Die Königin war am vergangenen Donnerstag, 9. September, auf ihrem schottischen Landsitz Balmoral verstorben. Sie wurde 96 Jahre alt.

Damit die Menschen die große Beerdigungszeremonie verfolgen können, soll der Trauertag am kommenden Montag für alle Britinnen und Briten ein Feiertag sein. Zwingend ist die Freistellung der Angestellten aber nicht, jeder Arbeitgebende kann selbst entscheiden.

Krebsbehandlungen per SMS abgesagt

Auch Hausarztpraxen dürfen schließen und in den Kliniken werden Termine verschoben, die als „nicht dringlich“ angesehen werden. Laut „openDemocracy“ sind das etwa Hüft- und Kniegelenkoperationen, Grauer-Star-Augen-OPs, gynäkologische Untersuchungen für Schwangere und sogar einige Krebsbehandlungen.

Personen, die teils monatelang auf eine Behandlung gewartet hatten, wurde eine Woche vorher einfach abgesagt. In einem publik gewordenen Schreiben an einen Patienten gab der NHS "unvorhersehbaren Umständen“ die Schuld.

"Perversität im Namen der Monarchie"

Eine schwangere Frau berichtete „openDemocracy“, ihr Ultraschalltermin am kommenden Montag sei per SMS abgesagt worden. Beim Versuch, per Telefon einen neuen Termin zu vereinbaren, hing die Patientin vier Stunden lang in der Warteschleife.

Sie sagte im Gespräch mit der Medienplattform: "Ich bin wirklich enttäuscht. Ja, es ist eine Routineuntersuchung, aber das bedeutet, dass ich noch ein oder zwei Wochen länger warten muss, bis ich einen Termin bekomme. Und so lang muss ich mich fragen, ob mein Baby gesund ist. Das bedeutet für mich viel Ungewissheit, Angst und Warten."

Auf Twitter machen zahlreiche Betroffene ihrem Unmut Luft. Ein Mann schreibt, die Brustkrebsuntersuchung seiner Frau sei um einen Monat verschoben worden. Die Wartezeit durch die Beerdigung werde "mit ziemlicher Sicherheit Leben kosten". Das sei eine "Perversität im Namen der Monarchie". Ein anderer Patient berichtet, seine Herzuntersuchung sei abgesagt worden.

Fast 7 Millionen Menschen warten auf Termin

Für kranke Menschen in Großbritannien kommen die Streichungen zur Unzeit. Nie waren die Wartelisten der Kliniken länger. Ende Juli warteten laut offiziellen Zahlen fast 6,8 Millionen Menschen auf einen Termin – mehr als 377.000 von ihnen schon seit über einem Jahr.

Zudem geht aus NHS-Daten hervor, dass momentan fast 40 Prozent der Krebspatient:innen auch auf dringende Behandlungen mehr als zwei Monate warten müssen. Schon vor einigen Jahren wurden in einigen britischen Krankenhäusern wegen akuten Mangels an Pflegekräften Chemotherapie-Behandlungen rationiert.

Mit der Corona-Pandemie hat sich der Personalnotstand noch drastisch verschärft. Der Gesundheitsdienst steht enorm unter Druck, Pflege und Sozialfürsorge benötigen dringend Reformen. Die neue Premierministerin Liz Truss steht vor einer Mammutaufgabe.

Der NHS teilte mit, dass am Montag trotz Beerdigung und Feiertags Covid-Impfungen und Notfalltermine angeboten werden sollen. Das normale Feiertagsprotokoll sehe vor, dass genügend Praxen offen bleiben, um sich um dringende Behandlungen zu kümmern. Für Krebskranke, die seit Monaten auf lebenswichtige Routineuntersuchungen warten, dürfte das ein schwacher Trost sein.

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