Härtere Strafen für Russlands Soldaten: Was plant Putin in der Ukraine?

Poster zur Ehre russischer Soldaten in der Ukraine in St. Petersburg
Poster zur Ehre russischer Soldaten in der Ukraine in St. Petersburg Copyright Dmitri Lovetsky/Copyright 2022 The Associated Press. All rights reserved
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Von Kirsten RipperEuronews mit AFP
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An diesem Dienstag hat hat das Parlament in Moskau die Strafen für russische Soldaten bei Fahnenflucht und anderen Vergehen verschärft. Und Russland hat Referenden in den besetzten Gebieten in der Ukraine angekündigt. Was steckt dahinter?

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An diesem Dienstag haben die Abgeordneten der Duma in Moskau härtere Strafen bei Vergehen russischer Soldaten wie Fahnenflucht und freiwillige Kriegsgefangenschaft beschlossen. Auch Ungehorsam und das Beschädigen von Armeeausrüstung werden im Konfliktfall schärfer bestraft.

Beobachter gehen davon aus, dass diese neuen strengen Regeln die Mobilmachung vorbereiten sollten, die Russlands Präsident Wladimir Putin zunächst - trotz der jüngsten Verluste in der Ukraine - nicht beschlossen hatte. Die angekündigte Rede des Staatschefs wurde am Dienstagabend zunächst verschoben.

Doch in Russland brodelten schon zuvor die Gerüchte, es kursierten bereits Warnungen vor der Generalmobilmachung, wie Kreml-Kritiker Igor Sushko berichtete. Im Internet suchten Russen verzweifelt nach Wegen, das Land zu verlassen. 

Wenige Minuten nach Putins Rede gab es so gut wie keine Flüge von Moskau ins Ausland mehr. Direktverbindungen nach Istanbul in der Türkei, Tbilisi in Georgen und Erewan in Armenien waren ausgebucht. Wegen der Sanktionen werden ohnehin nur noch wenige Destinationen angeflogen.

Zudem hatte am Montag die Chefin der russischen Zentralbank Elwira Nabiullina ihren Rücktritt angekündigt. Sie hatte sich zuvor gegen eine Generalmobilmachung ausgesprochen. Doch als sie im Februar zurücktreten wollte, hatte Präsident Putin diesen abgelehnt.

Politik-Experte Kamil Galeev erklärt auf Twitter, dass Russland zwar jahrzehntelang an einer überdimensionierten Armee festgehalten, dieses Prinzip aber 1997 aufgegeben hat. Deshalb glaubt Wilson-Center-Vertreter Galeev, dass es im Falle einer Mobilisierung Folgendes geben wird:

"1) tonnenweise neue, unmotivierte Rekruten

  1. im Wissen, dass sie in die Ukraine geschickt werden, wo sie wahrscheinlich sterben oder verstümmelt werden

  2. junge Männer, die lange in Moskau festsitzen, in der Nähe des Machtzentrums"

Das ist laut Kamil Galeev eine revolutionäre Situation.

Kamil Galeev zufolge spricht vieles gegen die Generalmobilmachung, was aber nicht bedeutet, dass Putin sie nicht ausrufen wird. 

Was ist das Ziel der Blitz-Referenden?

Durch die Blitz-Referenden will Putin neue Tatsachen schaffen: indem er die ukrainischen Gebiete zu russischem Territorium erklärt, würde dann Russland dort angegriffen.

Der russische Sicherheitsexperte Alexander Baunov schreibt auf Twitter, dass Putin auch durch die Referenden in den besetzten Gebieten der Ukraine eine Botschaft an den Westen sendet: "Diese Message lautet: 'Ihr habt euch entschieden, uns in der Ukraine zu bekämpfen, nun versucht, uns in Russland selbst zu bekämpfen, genauer gesagt, in dem, was wir Russland nennen.' Die Hoffnung ist, dass der Westen davor zurückschrecken wird."

Baunov erklärt weiter: "Ausländische Truppen, die Russlands Grenzen überschreiten, selbst wenn die Grenze gerade erst verschoben wurde, werden von Putin dazu benutzt, die 'Sonderoperation' in einen Krieg umzubenennen, die Mobilisierung voranzutreiben, ukrainische Standorte ins Visier zu nehmen, die er zuvor gemieden hatte, und seine nuklearen Drohungen weniger abstrakt zu machen."

Laut Baunov hat Putin beim Gipfeltreffen in Samarkan auch weniger Zuspruch durch China und andere Staaten erhalten, als er sich erhofft hatte.

Die Antwort der Ukraine auf die russischen Referenden

"Die Ukraine wird die russische Frage lösen. Die Bedrohung kann nur durch Gewalt liquidiert werden", schrieb der Leiter der ukrainischen Präsidialverwaltung, Andrij Jermak, auf Telegram.

Er verurteilte die geplanten Referenden als "Erpressung" durch Moskau. Der Kreml agiere aus "Angst vor einer Niederlage", weil die ukrainischen Streitkräfte seit Anfang September Tausende von Quadratkilometern von den russischen Truppen zurückerobert haben.

Die Regionen Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine werden seit 2014 von prorussischen Separatisten kontrolliert. Die Region Cherson im Süden ist seit Beginn der am 24. Februar begonnenen Invasion von der russischen Armee besetzt.

Eine Annexion dieser Regionen durch Russland würde eine weitere Eskalation des Kriegs in der Ukraine bedeuten.

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