Extreme Rechte um Ben-Gvir helfen Netanjahu zum Sieg nach Wahl in Israel

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Von Eva Reichhardt
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Dank der religiös-zionistischen Partei von Ben-Gvir kann Netanjahu an der Macht bleiben. Doch das Wahlergebnis ist umstritten

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Der Mann mit der runden Brille und der Kippa ist der 46-jährige Itamar Ben-Gvir, einer der Wahlgewinner und Königsmacher. Denn nur mit seiner Hilfe kann Benjamin Netanjahu an der Macht bleiben. Der Chef der extremen Rechten, galt bis vor kurzem als Randfigur in der israelischen Politikszene. Doch jetzt könnte er eine entscheidende Rolle in der nächsten Regierung des Landes spielen. Seine religiös zionistische Partei wurde bei den Wahlen die dritte politische Kraft in der Knesset und die zweite in der Koalition von Benjamin Netanjahu.Dies verschafft Ben-Gvir eine vorteilhafte Position und berechtigt ihn dazu, ein Ministerressort zu beanspruchen, insbesondere die Verantwortung für die innere Sicherheit.

Seine politischen Wurzeln liegen in der stark antiarabischen Kach-Bewegung, die in den USA als terroristisch eingestuft und von Israel verboten wurde, nachdem einer ihrer Unterstützer - Baruch Goldstein, ein Arzt - 1994 einen terroristischen Angriff auf muslimische Palästinenser verübt hatte. 29 Menschen starben.

Ben-Gvir selbst führt den kometenhaften Aufstieg seiner Partei auf die Unsicherheit in Israel angesichts der zunehmenden palästinensischen Angriffe zurück. Seine Bewegung befürwortet die israelische Annexion des besetzten Westjordanlandes, in dem rund 2,9 Millionen Palästinenser leben, und die Zwangsumsiedlung der arabisch-israelischen Bevölkerung.

Dennoch sagt Ben-Gvir, er werde sich für das Wohl aller israelischen Bürger einsetzen, auch derer, die ihn hassen. Seine Anhänger, nur Männer, feierten die ganze Nacht 

Wahlen sind für Israels Bevölkerung nichts Neues. Eine rechtsextreme Partei in der Regierung wäre es allerdings schon. Mit ihr könnte der frühere Ministerpräsident Netanjahu sein Comeback feiern - und damit die israelische Demokratie dauerhaft gefährden. Viel stand für den früheren Regierungschef Benjamin Netanjahu bei der Parlamentswahl in Israel auf dem Spiel. Am Tag der fünften Wahl in nur dreieinhalb Jahren gab der Oppositionsführer - gegen den aktuell ein Korruptionsverfahren läuft - noch mal alles. Er richtete dramatische Appelle an seine Wählerschaft und holte selbst einen jungen Mann aus dem Bett, um ihn zum Wählen zu animieren. Am Ende scheinen sich seine Notrufe in der letzten Minute ausgezahlt zu haben. Nach Auszählung fast aller Stimmen geht seine Partei, der rechtskonservative Likud, als stärkste Kraft hervor. Sein Lager - das erstmals eine rechtsextreme Partei umfasst - kann sich über eine deutliche Mehrheit der Sitze freuen. Extrem rechts wieder salonfähig.

Damit könnte die zukünftige Regierung unter Netanjahu (Spitzname: Bibi) so rechts werden wie noch nie zuvor in der Geschichte Israels. Zu seinem Pro-Bibi-Lager gehört etwa die Religiös-Zionistische Partei von Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir. 

Vor der Wahl titelte die israelische Zeitung «Times of Israel» bereits, dass sie: «Bis zum Äußersten gehen, so weit wie es selbst Europas Extreme nicht wagen würden». Vor wenigen Jahren hatte Netanjahu noch eine Zusammenarbeit mit Ben-Gvir ausgeschlossen. Nun könnte das Bündnis dem Langzeit-Regierungschef allerdings in seinem Korruptionsprozess in die Hände spielen. Smotrich hatte bereits ein radikales Programm angekündigt, um das Justizsystem in Israel zu schwächen. Er strebt etwa die Streichung der Delikte Untreue und Betrug aus dem Gesetz an - was auch die Aufhebung des Verfahrens gegen Netanjahu bewirken könnte. Der Direktor des Israelischen Demokratie-Instituts, Jochanan Plesner, warnt, dass durch die Umsetzung die Gewaltenteilung geschwächt und Israel der systematischen Korruption ausgesetzt werden könnte. 

 Ben-Gvir, gilt als politischer Brandstifter. Erst kürzlich zückte er bei Auseinandersetzungen mit Palästinensern in Ost-Jerusalem eine Waffe. Generell sollte seiner Ansicht nach mehr «mit scharfer Munition gegen palästinensische Randalierer» geschossen werden. Der bereits wegen rassistischer Hetze verurteilte 46-Jährige strebt das Ministerium für innere Sicherheit an - und hätte damit auch die Polizei unter sich. 

Aber auch die hohe Wahlbeteiligung von mehr als 70 Prozent spielte Experten zufolge bei der Niederlage des Anti-Bibi-Lagers eine Rolle. Die Spannungen im besetzten Westjordanland hatten zuletzt wieder deutlich zugenommen. Täglich kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, Anschläge von Palästinensern und Razzien der israelischen Armee.

Journalist • Eva Reichhardt

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