Kunst in Katar: Zeitgenössisch und international

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Das Arabische Museum für zeitgenössische Kunst ist nicht das einzige Ausstellungshaus, das Kunstbegeisterte nach Katar zieht. Inzwischen wird der Bau von zwei weiteren Museen vorbereitet.

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Kunst, Museen und Ausstellungen: Dafür steht in Katar nicht nur das Arabische Museum für zeitgenössische Kunst in Katar, das sich dem Nahen Osten, Nordafrika und Südasien widmet. Und in den kommenden Jahren sollen zwei weitere Museen hinzukommen.

„Die Fußballweltmeisterschaft läuft, und eine der Sehenswürdigkeiten für viele Gäste, die nichts mit Fußball zu tun haben, ist eine neue Ausstellung im Mathaf. Nur wenige Schritte vom Education-City-Stadion entfernt hat das Arabische Museum für zeitgenössische Kunst kürzlich vier zeitgenössische Ausstellungen eröffnet. Wir haben Aadel Haleem hingeschickt, um sich die anzusehen“, so euronews-Mitarbeiterin Miranda Atty.

Weißes Papier? Kunst auf den zweiten Blick

Der Künstler Taysir Batniji hat ein Werk geschaffen, das einen sich erst auf den zweiten Blick erschließt.„Wenn man von weitem hinschaut, sieht man weißes Papier. Aber wenn man näherkommt, sieht man Formen, Menschen und Zeichnungen, die mit der Hand angefertigt wurden. Tatsächlich sind es Szenen von der Hochzeit meines Bruders“, sagt Batniji.

Um diese Aufnahmen zu erkennen, muss man unter die Oberfläche schauen. Der palästinensische Künstler sagt, der Tod seines Bruders 1987 zu Beginn der ersten Intifada - nur zwei Jahre nach seiner Hochzeit - habe ihn tief getroffen. „Der Begriff des Verlusts hat meine Arbeit neben anderen Begriffen wie Verdrängung, Identität und Erinnerung geprägt. Denn all diese Begriffe entstammen meiner Erfahrung als Palästinenser. Wie jeder Künstler holt man sich seine... sagen wir mal 'Inspiration'… oder man versucht, den Zusammenhang, in dem man lebt oder mit dem man sich beschäftigt, in seine Arbeit einzubringen“, betont er.

Seine Ausstellung im Arabischen Museum für zeitgenössische Kunst befasst sich mit seinem 25-jährigen Wirken, das stark von seinen eigenen Kämpfen und Erfahrungen geprägt ist.

Er gibt hier viele Werke, die versuchen, das Aberwitzige seiner Lage darzustellen.
Zeina Arida
Leiterin des Arabischen Museums für zeitgenössische Kunst

Zeina Arida, Leiterin des Arabischen Museums für zeitgenössische Kunst, erläutert: „Er gibt hier viele Werke, die versuchen, das Aberwitzige seiner Lage darzustellen. Er versucht immer wieder ohne Erfolg, nach Palästina zurückzukehren.“

Mit vier neuen Ausstellungen soll gezeigt werden, dass es viele arabische Stimmen und Blickwinkel gibt. Sophia Al-Maria ging einen ganz eigenen Weg zu ihrer ersten Ausstellung im Mathaf. Die katarisch-amerikanische Künstlerin arbeitete von 2007 bis 2011 im Museum und ist nun als Ausstellungsleiterin zurück.

„Es ist unwirklich, in einer Einrichtung zu arbeiten, sich selbst nicht als Künstlerin zu betrachten und von niemandem als Künstlerin angesehen zu werden. Und dann, mehr als ein Jahrzehnt später, kehre ich mit einer Ausstellung zurück. Das ist wie ein Traum“, so Al-Maria.

Es ist zugleich ihre erste Einzelausstellung im Nahen Osten. „Ich hoffe, mit dieser Ausstellung die oft unsichtbare Arbeit hinter den Kunstschaffenden zu zeigen, aber auch die oft unsichtbare Arbeit in den Hotels und die Arbeit vor Ort, die in jeder Stadt auf der ganzen Welt ständig geleistet wird“, sagt sie.

Kulturelle Brücken

Tom Eccles und Mark Rappolt stellen ebenfalls aus. Sie zeigen Verbindungen zwischen Altem und zeitgenössischer Kunst. Die Ausstellung ist Teil eines neuen Vorstoßes in Katar: Ab 2024 wird sich das Land alle vier Jahre in eine Heimat für zeitgenössische arabische Kunst verwandeln. „Kulturjahre“ wird das genannt.

Koordinatorin Aljazi Al Khayareen führt aus: „Es geht darum, Katar in die Welt und die Welt nach Katar zu bringen. Wir bauen kulturelle Brücken. Wir kommen unter den Säulen der Kultur zusammen, die von Mode über Kunst, Speisen, Film, Literatur bis hin zu Wissenschaft reichen können. Wir bauen kulturelle Brücken, um Menschen zusammenzubringen.“

Ganz in der Nähe, nämlich auf der anderen Seite des Parkplatzes, zeigt die Majaz-Galerie einheimische Arbeiten.

euronews-Mitarbeiter Aadel Haleem berichtet: „Während der Fußballweltmeisterschaft sind alle Augen auf Katar gerichtet, doch der Golfstaat möchte das Rampenlicht mit den benachbarten Ländern im Nahen Osten, Nordafrika und Südasien teilen. Daher sollen Ausstellungen wie diese die Beziehungen zwischen diesen Ländern stärken.“

LKW-Kunst aus Indien und Pakistan

Farid Bawa, Gründer von All India Permit, sagt: „Die Menschen, die in diesem Teil der Stadt leben, können sich alle irgendwo auf dieser Wand wiederfinden. Jemand kann Bangla lesen, Hindi, Arabisch oder Urdu.“

Sie huldigen den Lastwagen geradezu, bemalen sie wochen- und monatelang, während in Indien die Lastwagen schon am zweiten Tag fertig sein müssen
Farid Bawa
Gründer von All India Permit

Überall in der Stadt gibt es indische und pakistanische Kunstwerke: Hier geht es um die sogenannte LKW-Kunst. „Die Lkw-Kunst begann in den 1920er Jahren, als die Briten diese Bedford-Lkw herbrachten. Nach der Teilung hatten wir unseren eigenen Stil, und die Pakistaner sind ihrem eigenen Stil treu geblieben. Sie huldigen den Lastwagen geradezu, bemalen sie wochen- und monatelang, während in Indien die Lastwagen schon am zweiten Tag fertig sein müssen. Die pakistanische Lkw-Kunst ist äußerst kleinteilig und die indische Lkw-Kunst ein bisschen anschaulicher, ein bisschen schneller, aber auch wirklich schön“, sagt Bawa.

In Mathaf erhofft man sich, mit der größten Sammlung zeitgenössischer arabischer Kunst in der Gegend und vier gleichzeitig stattfindenden Ausstellungen noch mehr Menschen zu erreichen.

Zeina Arida, Leiterin des Arabisches Museums für zeitgenössische Kunst, sagt: „Es ist wichtig, einen öffentlichen Raum zu haben, der nicht nur das allgemeine Publikum, sondern auch Studenten und Kunstschaffende anzieht und eine Plattform zur Unterstützung künstlerischen Schaffens darstellt. Es ist also ein ganzes Gebilde, an dem das Mathaf mitwirkt.“

Unterschiedliche Geschmäcker sollen angesprochen werden und Kunst in der Gesellschaft verankert werden. Die Museen in Katar haben eine ganze Reihe neuer Kunstwerke vorgestellt, darunter mehr als 200 Ausstellungsstücke des künftigen Lusail-Museums.

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„Geschichten einer vernetzten Welt“

Das ist die Ausstellung namens „Geschichten einer vernetzten Welt“. Es ist ein Einblick in das kommende Lusail-Museum: Von Baukunst bis hin zu seltenen geschichtlich bedeutsamen Werken.

Kholood Al Fahad, Ausstellungsleiterin im Lusail Museum, gibt weitere Einzelheiten preis: „Es beginnt mit einer Galerie über die Entdeckung des Orientalismus. Die wichtigste Sammlung des Museums fußt auf der orientalischen Kunst europäischer Künstler des 19. Jahrhunderts, die in den Osten reisten.“ Die Ausstellung umfasst Werke, die sich mit Bewegung, dem Ich und mit Austausch befassen. Dabei sind Gegenstände, Gemälde und sogar Requisiten aus Filmen wie ‚Antonius und Kleopatra‘ aus dem Jahr 1972.

Kholood Al Fahad erklärt: „Der Umfang der Ausstellung beträgt nicht mehr als 22 Prozent der Hauptausstellung des Museums. Sie gibt nur einen Eindruck von den Themen, die wir in der Sammlung erforschen.“

Der Bau des Lusail-Museums soll im kommenden Jahr begonnen werden. Die Gäste sollen dann später auf eine Reise mitgenommen werden: von Überresten früherer Stätten bis hin zu Schaubildern des neuen Museums, das in einer Stadt untergebracht ist, die eigens für die Fußballweltmeisterschaft erdacht wurde.

Kunst in der Mühle

Ein weiteres Museum, das in Arbeit ist, ist die Kunstmühle, die ebenfalls eine Vorabausstellung zeigt.

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„Die Ausstellung des Mühlenmuseums findet an zwei Orten statt: hier in Al Najada, und hier, in Katars alten Mehlmühlen. Der zweite Ort wird die dauerhafte Heimstätte des Museums sein. Aber sie wird nicht vor 2030 fertig sein“, sagt euronews-Mitarbeiterin Atty.

Ausstellungsleiterin Maryam Al Thani betont: „Eigentlich geht es bei dieser Ausstellung nicht um einen bestehenden Ort, sondern um ein Konzept. Der Grundgedanke lautet: Wie können wir der Öffentlichkeit ein Konzept vermitteln? Die beste Möglichkeit ist die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Zad, das die Mühle betreibt. Wir nutzen einen kleinen Teil eines Lagerraums, damit die Menschen einen Blick darauf werfen können, wie die Mühle heute aussieht. Und wenn sie 2030 wiederkommen, erkennen sie, wie sie in Zukunft aussehen könnte.“

Mühlen sind ein fester Bestandteil der hiesigen Kultur. Zu vernehmen ist das Geräusch der Anlagen und man sieht, wie Brot gebacken wird. Mit Mehl gefüllte Säcke sind Teil der Ausstellung. Sieben Kunstschaffende wurden mit der Auswahl beauftragt. Sie bestimmen, welche Ausstellungsstücke hier bleiben.

„Es gibt nicht nur Gemälde, sondern auch Filmausrüstung, Fotografien, Mode, Baukunst und Fahrzeuge. Die Sammlung umfasst so viele verschiedene Dinge, die sich mit den Konzepten der modernen und zeitgenössischen Kunst befassen. Und sie ist ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird“, so Al Thani.

Neuerungen im Museum für Islamische Kunst

Das Museum für Islamische Kunst, der vielleicht bekannteste Kunstort des Landes, wartet seit Kurzem mit Neuerungen auf. Julia Gonnella, Leiterin des Museums, sagt: „Wir waren 18 Monate lang geschlossen, um das umzusetzen. Wir haben eine Menge verändert, unter anderem die Anordnung der Galerien. Wir haben angefangen, einen Besucherpfad einzurichten, Hintergrundgeschichten zu erzählen und einen Rundgang aufzubauen, so dass die Gäste etwas über Kunst, Kultur und Geschichte des Nahen Ostens lernen.“

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Wir wollten, dass sich die Gäste wohlfühlen, aber auch etwas über islamische Kunst, Geschichte und Kultur lernen.
Shaikha Nasser Al Nassr
Stellvertretende Leiterin des Museums für Islamische Kunst

Viele verschiedene Stränge der islamischen Geschichte sollen miteinander verbunden werden.

„Wir wollen, dass sich die Gäste wohlfühlen, aber auch etwas über islamische Kunst, Geschichte und Kultur lernen. Dazu haben wir zwei Galerien eingerichtet. In der einen geht es um die Bedeutung des Lernens in der islamischen Gesellschaft. Außerdem haben wir eine ganze Galerie über die Wissenschaft und die islamische Geschichte eingerichtet“, erläutert Shaikha Nasser Al Nassr, Stellvertretende Leiterin des Museums für Islamische Kunst.

Die Fußballweltmeisterschaft war für Katar auch der Anstoß zu einem neuen Kunst- und Kulturprogramm. Dazu gehört ebenfalls die von Malek Jandali komponierte und sich auf das Nationalmuseum beziehende „Wüstenrosen-Sinfonie“. Das Land will seine Stellung als kultureller Mittelpunkt festigen.

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