Drohende Zensur in Russland: Buchverlage sind besorgt

Wladimir Putin auf der Moskauer Buchmesse 2010
Wladimir Putin auf der Moskauer Buchmesse 2010 Copyright Alexei Druzhinin/AP
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Von Julika Herzog mit AFP
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In Russland ist die Sorge über eine Rückkehr der Zensur nach sowjetischem Vorbild groß. Besonders die Buchbranche hat Angst.

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In Russland ist die Sorge über eine Rückkehr der Zensur nach sowjetischem Vorbild groß.Verleger auf der Moskauer Buchmesse "Non/Fiction" sind beunruhigt wegen der Verschärfung des Gesetzes gegen sogenannte "LGBTQ-Propaganda", das alle Formen von sogenannter "Propaganda" für homosexuelle, queere und "nicht-traditionnelle" Sexualität in Büchern, Filmen, Medien und im Internet verbietet.

Wegen schärferer "Propaganda"-Gesetze droht Buchzensur

Außerdem soll der Verkauf von Büchern von "ausländischen Agenten" verboten werden - eine Bezeichnung, die Kremlkritikern und -aktivisten, aber auch einer wachsenden Zahl von Schriftstellern verliehen wird. Führende Schriftsteller wie der Science-Fiction-Autor Dmitri Gluchowski und der Autor historischer Romane Boris Akunin wurden bereits mit diesem Etikett belegt.

"Wenn diese neuen Gesetze umfassend ausgelegt werden, könnten sie eine große Menge an Literatur betreffen, einschließlich der Klassiker. Alles wird davon abhängen, wie wir mit den Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten", meint Jewgeni Kopjow vom Eksmo-Verlag.

Verlage und Buchhandlungen fürchten neben der staatlichen Zensur außerdem die drohende Selbstzensur.

Selbstzensur wegen Angst vor Staatsapparat?

Marina Kadetowa vom Verlag Kompas-Gid erklärt: "Diese Gesetze bedeuten viele Einschränkungen. Sie wirken sich natürlich auf die Arbeit eines Verlegers aus, insbesondere die Selbstzensur. Die Verleger haben im allgemeinen große Angst."

Auch Unternehmen der russischen Filmproduktion hatten sich wegen der Gesetzesverschärfung bereits besorgt geäußert. Die neuen Gesetze könnten zum Verbot einiger russischer Klassiker, etwa Vladimir Nabokovs Roman "Lolita", führen, hieß es. Ein Verlag habe angemerkt, dass ihm nun sogar die Erwähnung bestimmter historischer Fakten zum Verhängnis werden könnte.

Hoffnung auf "Samisdat-Praxis"

Manche hoffen bereits auf eine Wiederbelebung der sowjetischen "Samisdat"-Praxis, bei der damals verbotene Bücher im Untergrund veröffentlicht wurden. Tatsächlich wurden diese Autoren später gefeiert und viel gelesen.

"In Russland gibt es eine solche Mentalität: Je mehr etwas verboten ist, desto interessanter wird es", sagt Tatiana Stoyanova, ebenfalls vom Verlag Kompas-Gid.

Dann würde die Zensur genau das Gegenteil bewirken wie gewollt und die Lust auf radikale Bücher eher wecken.

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