Polizist schießt 16-Jährigem Roma in den Kopf - Proteste in Thessaloniki und Athen

Rund 1500 Menschen nahmen an den Protesten in Thessaloniki teil
Rund 1500 Menschen nahmen an den Protesten in Thessaloniki teil Copyright AP Photo
Von Shafia Khawajaeuronews mit dpa, AP
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In Thessaloniki und Athen protestieren die Menschen gegen Polizeigewalt und die Diskriminierung der Roma, nachdem ein 16-Jähriger von einem Polizisten in den Kopf geschossen wurde.

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Ein Polizeibeamter musste sich in Thessaloniki am Dienstagmorgen vor Gericht verantworten wegen versuchten Totschlags mit möglichem Vorsatz und eines Vergehens wegen illegalen Abfeuerns seiner Waffe. Am Montag hatte der Polizist auf einen 16-Jährigen Jugendlichen geschossen, nachdem dieser seine Tankstellenrechnung nicht bezahlt hatte.

Vor dem Gerichtsgebäude versammelten sich Demonstrierende, die Plakate hochhielten mit der Aufschrift: "Es war nicht das Benzin, es war nicht das Geld, die Polizei hat geschossen, weil er ein Roma war." Es flogen Stöcke und Steine, die Beamten versuchten, die Protestierenden auseinanderzutreiben.

Der Jugendliche befindet sich in einem kritischen Zustand in einem Krankenhaus in Thessaloniki. Der 34-Jährige Polizist hatte ihn bei einer Verfolgungsjagd in den Kopf geschossen. Beamte einer Motorradstreife verfolgten den Pickup des Teenagers, nachdem ein Tankstellenangestellter die unbezahlte Rechnung von 20 Euro gemeldet hatte.

Die griechische Regierung äußerte sich bisher noch nicht zu den Vorkommnissen. Der Ministerpräsident Tákis Theodorikákos kündigte am Montagabend jedoch per Twitter eine einmalige Beihilfe in Höhe von 600 Euro für alle Mitglieder der griechischen Polizei und der Küstenwache an. 

Der Ministerpräsident kündigte eine Beihilfe in Höhe von 600 Euro für die griechischen Polizei an

Proteste gegen die Diskriminierung von Roma

Am späten Montagabend nahmen etwa 1.500 Menschen an einem Protestmarsch teil, der von linken und anarchistischen Gruppen im Zentrum von Thessaloniki organisiert wurde, um gegen die Polizeigewalt zu protestieren. Einige zerstörten Geschäfte und warfen Molotowcocktails auf die Polizei, die mit Tränengas und Betäubungsgranaten reagierte. Sechs Personen wurden festgenommen, verletzt wurde niemand.

Auch in Athen nahmen mehrere hundert Menschen an einer friedlichen Demonstration teil. Die Demonstrierenden in Griechenlands Hauptstadt trugen ein Transparent mit der Aufschrift: "Sie haben sie erschossen, weil sie Roma waren." Nach Beendigung des Protests kam es zu kurzen Zusammenstößen mit der Polizei.

Auch vor dem Krankenhaus, in dem der Jugendliche liegt, kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Roma und der Polizei.

Angehörige der Roma-Gemeinschaft in Griechenland und Menschenrechtsaktivisten werfen den griechischen Behörden häufig vor, die Roma zu diskriminieren. In den vergangenen Jahren wurden mehrere Roma-Männer bei Auseinandersetzungen mit der Polizei tödlich erschossen oder verletzt, weil sie sich angeblich der Verhaftung wegen Gesetzesverstößen entziehen wollten.

Jahrestag gegen Polizeigewalt

Die Behörden sind in erhöhter Alarmbereitschaft, denn ausgerechnet an diesem Dienstag jährt sich zum 14. Mal die Erschießung des damals 15-jährigen Alexandros Grigoropoulos. Er war 2008 bei einem Polizeieinsatz getötet und der verantwortliche Polizist später wegen Mordes verurteilt worden. Seither gibt es an diesem Tag jedes Jahr Demonstrationen gegen Polizeigewalt. Protestmärsche zum Gedenken an Grigoropoulos enden oft gewalttätig.

Dieses Jahr ist der Gedenktag genau mit dem Gerichtstermin zusammengetroffen. Dem angeklagten Polizisten wurde mehr Zeit zur Vorbereitung seiner Verteidigung gewährt, was im griechischen Justizsystem üblich ist. Am Freitag wird er erneut vor einem Untersuchungsrichter erscheinen.

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