Warum ist Atomkraft für die Finnen eine attraktive Lösung geworden?

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Von Julian GOMEZ
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Zwischen 60 und 70 % der Finnen sind für die Atomenergie. Das ist ein enormer Anstieg im Vergleich zu vor 30 Jahren. In dieser Witness-Reportage werden die Gründe dafür erklärt.

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Warum befürwortet die Mehrheit der Finnen die Kernenergie? Um diese Frage zu beantworten, hat euronews-Reporter Julián López Gómez in seiner Witness-Reportage vor Ort recherchiert.

Da der Winter naht und der Energiebedarf steigt, hofft Finnland, seine Abhängigkeit von Russland zu verringern. Die Kernenergie, die einst das Misstrauen der Öffentlichkeit erregte, ist nun zu einer attraktiven Lösung geworden.

Finnland bereitet die Wiederinbetriebnahme des größten europäischen Kernreaktors Olkiluoto 3 vor. 2005 wurde das Projekt auf einer Insel vor der Südwestküste Finnlands begonnen.

Nach mehreren Rückschlägen wurde die Inbetriebnahme bis September dieses Jahres verschoben, doch dann wurde der Reaktor wegen technischer Probleme wieder abgeschaltet.

Zwischen 60 und 70 Prozent der finnischen Öffentlichkeit befürworten heute die Kernenergie, was deutlich über dem EU-Durchschnitt liegt. Das war nicht immer so, denn Umfragen aus den 1980er-Jahren zeigten, dass nur 40 Prozent der Finnen diese Energiequelle befürworteten.

Die finnische Partei der Grünen ist ebenfalls nicht gegen die Kernenergie, eine Haltung, die von ihren Kollegen in anderen europäischen Ländern nicht geteilt wird.

Erklärungen für den Gesinnungswandel

Für diesen Gesinnungswandel gibt es eine Reihe von Erklärungen. Das Vertrauen in die staatliche Regulierung ist in Finnland groß, und viele sehen in der Kernenergie ein wichtiges Instrument im Kampf gegen die Klimakrise. Darüber hinaus ermöglicht Uran Finnland eine größere Unabhängigkeit bei der Energieerzeugung.

Finnin Anna Viitanen sagte uns: "Meine Meinung über Kernkraftwerke in Europa hat sich in diesem Jahr geändert [...] wir sollten nicht mehr von der Energie aus Russland abhängig sein, das macht uns unabhängiger."

Seit dem Einmarsch in die Ukraine nutzt Russland die Gaslieferungen als Druckmittel, was die Energiekosten in Europa in die Höhe treibt. Die EU-Staaten hoffen, sich von russischer Energie unabhängig machen zu können, doch dazu müssen sie alternative Bezugsquellen finden.

Eine Minderheit der Finnen ist jedoch nach wie vor nicht von der Kernenergie überzeugt. Einige verweisen auf die Möglichkeit von Unfällen oder auf das Problem der Lagerung radioaktiver Abfälle.

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Der euronews-Reporter (li.) im Wald mit dem Umweltaktivisten Jari Natuneneuronews

Der finnische Biochemiker und Umweltaktivist Jari Natunen meint, dass wir unseren Lebensstil ändern müssen, anstatt auf die Kernenergie zurückzugreifen.

"Wir können den Planeten nicht retten, indem wir mehr konsumieren. [...] Die Zeit für diese Art der Wirtschaft ist vorbei. Wir müssen unseren Konsum von Gütern und Energie reduzieren."

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