"Hysterisches Urteil der Obrigkeit": 8,5 Jahre Haft für Kremlkritiker Ilja Jaschin

Ilja Jaschin während der Urteilsverkündung
Ilja Jaschin während der Urteilsverkündung Copyright Yury Kochetkov/AP
Von Euronews mit DPA
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Das Verfahren wurde eingeleitet, nachdem Jaschin in einem Videostream das von russischen Soldaten angerichtete Massaker in dem Kiewer Vorort Butscha öffentlich angeprangert hatte.

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Der prominente Kremlkritiker Ilja Jaschin ist wegen Verunglimpfung der russischen Streitkräfte zu achteinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

Das Verfahren wurde eingeleitet, nachdem Jaschin in einem Videostream das von russischen Soldaten angerichtete Massaker in dem Kiewer Vorort Butscha öffentlich angeprangert hatte.

Grundlage ist ein neues Gesetz, das nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine eingeführt wurde und die Verbreitung von Falschinformationen über das Militär unter Strafe stellt.

Während der Urteilsverkündung bekundeten Unterstützer Jaschins vor dem Moskauer Gericht ihre Solidarität. Er hatte seine Anhänger in seinem Kanal im Nachrichtendienst Telegram aufgefordert, zu dem öffentlichen Verfahren zu kommen.

Der 39-Jährige, einer der letzten verbliebenen prominenten Oppositionellen in Russland, sprach von einer politischen Inszenierung des Verfahrens. Mit diesem "hysterischen Urteil" wolle "die Obrigkeit allen Angst machen", habe aber "faktisch nur seine Schwäche gezeigt", hieß es auf dem Telegram-Kanal des Politikers unmittelbar nach Verkündung. 

Er scbrieb auch: "Wir haben auch keinen Grund traurig zu sein, denn wir haben diesen Prozess gewonnen, Freunde. Der Prozess war als Anklage gegen den 'Volksfeind' in meiner Person konzipiert, wurde aber zu einem Antikriegstribunal. Wir haben die Wahrheit über Kriegsverbrechen gesagt und ein Ende des Blutvergießens gefordert. Und als Antwort hörten wir ein Sammelsurium von Parolen aus dem Kalten Krieg, das vom Staatsanwalt wirr vorgetragen wurde."

"Inadäquate Brutalität gegenüber einem schon sehr schwachen Gegner"

Jaschin gilt als Vertrauter des im Straflager inhaftierten Kremlkritikers Alexej Nawalny. Letzterer kommentiert in den sozialen Netzwerken die Verurteilung Jaschins folgendermaßen: "Dieses weitere gewissenlose und unrechtmäßige Putin'sche Urteil wird Ilja nicht zum Schweigen bringen und sollte den ehrlichen Menschen in Russland keine Angst machen."

Die Politologin Tatjana Stanowaja erklärte, mit der Härte der Strafe überschreite die russische Führung die Grenze von einer Machtdemonstration hin zu "inadäquater Brutalität gegenüber einem schon sehr schwachen Gegner". Die Härte habe sogar einige Kriegsbefürworter schockiert, meinte sie.

Auch Kremlchef Wladimir Putin nahm am Rande einer Pressekonferenz Stellung zum Urteil, obwohl er zunächst so tat, als wisse er nicht, um wen es sich bei dem Verurteilten handle. Sein Prinzip sei es, sich nicht in die Tätigkeit der Gerichte einzumischen, sagte Putin. Die Verfassung erlaube es Jaschins Anwälten vor einer höheren Instanz in Berufung zu gehen, fügte er hinzu.

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