Zweiter Demonstrant im Iran hingerichtet

Iranische Flagge und Galgen
Iranische Flagge und Galgen Copyright LEFTERIS PITARAKIS/AP2006
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Von Julika Herzog mit dpa, AP, AFP
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Dem 23-jährigen wird vorgeworfen während der Proteste im November zwei Mitglieder der berüchtigten paramilitärischen Basidsch-Miliz mit einem Messer ermordet und vier weitere verletzt zu haben.

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Im Iran ist der zweite Demonstrant wegen seiner Beteiligung an den systemkritischen Protesten hingerichtet worden. Majid Reza Rahnavard wurde in der nordiranischen Stadt Maschad öffentlich gehängt, wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete.

"Rebel, kein Demonstrant": Fast 500 Tote seit Beginn der Proteste

Dem 23-jährigen wird vorgeworfen während der Proteste im November zwei Mitglieder der berüchtigten paramilitärischen Basidsch-Miliz mit einem Messer ermordet und vier weitere verletzt zu haben. Das Gericht hatte ihm "Kriegsführung gegen Gott" vorgeworfen und ihn gemäß islamischer Rechtsauffassung zum Tode verurteilt. Er soll die Tat gestanden haben. Einen rechtlichen Beistand hatte er Online-Berichten zufolge nicht.

Die "Basidschis", freiwillige Milizen der iranischen Revolutionsgarden, werden im Iran unter anderem zur Unterdrückung von Protesten eigesetzt. Sie gelten als die treuesten Anhänger des Systems, von denen gesagt wird, sie seien bereit, ihr Leben als Märtyrer zu opfern. Auch bei den jüngsten Protesten gingen die Basidschis laut Augenzeugen gegen die Demonstranten äußerst brutal vor. Daher richten sich die Wut und Aggressionen der Demonstranten insbesondere gegen die Basidsch-Milizen. Unter den in den vergangenen zehn Wochen im Zusammenhang mit den Demonstrationen ums Leben gekommenen Polizei- und Sicherheitskräften sollen sich vor allem Basidchis befinden.

Der Sprecher des iranischen Außenministeriums sagte, dass die Bevölkerung jedes Recht habe zu demonstrieren - aber dass dies kein Demonstrant gewesen sei, sondern ein Rebell.

Während inzwischen nach Angaben von Menschenrechtlern seit Beginn er Proteste im September mehr als 475 Demonstranten getötet wurden, geht auch die Justiz mit hartem Kurs gegen Protestteilnehmer vor. Immer wieder werden sie von der Staatsführung als Terroristen oder Krawallmacher bezeichnet, mindestens 25 Demonstranten sollen von der iranischen Justiz bereits zum Tode verurteilt worden sein.

EU beschließt neue Santionen

Über die Situation im Iran beraten an diesem Montag in Brüssel die Außenminister der EU-Staaten. Es wird erwartet, dass bei dem Treffen auch weitere Sanktionen gegen Verantwortliche für schwere Menschenrechtsverletzungen beschlossen werden. Damit soll auf die anhaltend brutale Unterdrückung der Proteste in dem Land reagiert werden.

"Ich hatte ein langes Gespräch mit dem Außenminister des Iran. Sie können sich vorstellen, dass wir über diese Hinrichtungen gesprochen haben. Ich habe die Besorgnis der Europäischen Union, unsere Verurteilung und die Sanktionen angesprochen, die wir heute beschließen werden", sagte der EU-Außenbeauftragten Josep Borrel.

Auslöser der beispielslosen landesweiten Proteste war der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im September in Polizeigewahrsam, nachdem sie von der Sittenpolizei wegen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden war.

Vergangene Woche erster Demonstrant hingerichtet

Letzte Woche wurde bereits ein erster Demonstrant, der 23-jährige Mohsen Shekari hingerichtet. Er soll ein Basidsch-Mitglied mit einer Waffe angegriffen, Schrecken verbreitet und eine Straße blockiert haben. Seine Hinrichtung wurde im In- und Ausland scharf verurteilt. Insgesamt stehen Medienberichten zufolge mindestens 25 Demonstranten auf der Todesliste der iranischen Justiz.

Moderate Kreise im Land warnen vor einer weiteren Eskalation und fordern unter anderem Neuwahlen, um die politische Krise im Land friedlich zu beenden. Für sie sind Präsident Ebrahim Raisi, seine Regierung sowie die Hardliner im Parlament und in der Justiz nicht mehr tragbar. Beobachtern zufolge rückt eine derartige Option nach der Hinrichtung des zweiten Demonstranten und der voraussichtlichen Vollstreckung weiterer Todesurteile allerdings in weite Ferne.

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