Jahresrückblick 2022: hochpolitische Kunst und Musik

Jahresrückblick 2022: hochpolitische Kunst und Musik
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Von Frédéric PonsardSabine Sans
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Der Rückblick auf das Kulturjahr ist von politischen Ereignissen geprägt: Solidarität mit der Ukraine, Umweltaktivisten attackieren Kunst in Museen sowie Verhandlungen über Rückgabe von Raubkunst.

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Die Ukraine und ihre durch den Krieg in Mitleidenschaft gezogene Kultur, die Rückkehr des Publikums in die großen Ausstellungen und Konzerte sowie die Kunstwerke großer Museen, die von Umweltschützern attackiert wurden: Ein Rückblick auf ein kulturelles Jahr 2022, das reich an Ereignissen war, die über den künstlerischen Bereich hinausgingen.

Solidarität mit der Ukraine

Die Kultur gehörte zu den ersten Zielen und Opfern der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar. Aber Kunst und Musik kann man nicht töten: Nur zwei Wochen nach Kriegsbeginn gab das Kiewer Symphonieorchester ein öffentliches Konzert namens "Free Sky" auf dem Maidan im Kiew. 

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Das Kiewer Symphonieorchester gibt ein öffentliches Konzert auf dem Maidan im Kieweuronews

Im Frühjahr wurde auf der Kunstbiennale in Venedig unter dem Titel "This is Ukraine: Defending Freedom" eine kämpferische Ausstellung mit Werken der größten zeitgenössischen Künstler gezeigt. Zu ihnen gehörte auch der französische Streetartkünstler JR (Juste Ridicule): In Lviv stellte er mithilfe der Bevölkerung sein Riesenporträt der kleinen Valeriia auf.

Die Aktion schaffte es auf die TIME-Titelseite

"Ich habe dieses große Bild dorthin gebracht, weil ich wollte, dass die russischen Flugzeuge sehen, auf wen sie jeden Tag schießen", meinte JR. "Deshalb haben wir dieses 45 Meter lange Bild mitten im Herzen der Stadt ausgebreitet. Man kann es nicht übersehen, wenn man über die Stadt fliegt, die tatsächlich gerade bombardiert worden war."

Der ukrainische Künstler Nikita Kadan kam mit einer Sondererlaubnis: Er zeigte in Venedig Fragmente des Kriegs von 2014 bis heute: "Diese Arbeit zeigt Beweise wie Fragmente von russischen Raketen sowie Fragmente von Ruinen aus Kiew."

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Nikita Kadan zeigt Fragmente des Kriegseuronews

Bono spielt in einer Kiewer U-Bahn-Station

Im Mai rühmt der irische Rockstar Bono bei einem Überraschungs-Auftritt in einer Kiewer U-Bahn-Station den Kampf der Ukraine für die "Freiheit", wobei der U2-Frontmann auch sein eigenes Gebet "für den Frieden" spricht.

Banksy macht Kunst in der Ukraine

Internationale Künstler stehen an der Seite der Ukraine: Im November veröffentlichte der britische Street-Art-Künstler Banksy ein Video, das 7 Wandgemälde in Dörfern rund um Kiew zeigt. 

Beim Eurovision Song Contest gewann das ukrainische Folk-Rap-Orchester Kalush Orchestra mit seinem Song "Stefania" das glitzernde, im Fernsehen übertragene und meistgesehene Musikereignis in Europa.

Die Band tourte durch Europa und trat auch beim traditionsreichen Festival im britischen Glastonbury auf. Präsident Wolodymyr Selenskyj richtete eine Botschaft an die Festivalbesucher und freute sich, dass die restriktive COVID-Zeit für Konzerte vorbei ist. Der ESC 2023 wird aufgrund des Ukrainekrieges in Großbritannien stattfinden. 

Rollings Stones rocken den Hyde Park

Die Rolling Stones feierten ihren 60. Geburtstag mit einem Auftritt im Londoner Hyde Park, - ohne den 2021 verstorbenen Charlie Watts, aber mit Mick Jagger und Keith Richards, die trotz ihrer bald 80 Jahre sichtlich gut in Form waren. 

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Keith Richards beim Konzert im Hyde Parkeuronews

Klimaaktivisten attackieren Kunst

Zu den Höhepunkten dieses Kulturjahres gehört auch der Klimaaktivismus, der Museen in Europa und der ganzen Welt in Aufregung versetzte: Vom Prado-Museum in Madrid bis zur National Gallery in London, von Goya bis Klimt, van Gogh oder Andy Warhol, wurden Werke großer Künstler symbolisch mit Farbe oder Suppe beschmiert. An der Grenze zwischen Happening und zivilem Ungehorsam prangern junge Menschen mit diesem gewaltlosen Vandalismus die globale Erwärmung und die Untätigkeit der Regierungen an.

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Aktivisten attackieren Kunsteuronews

Rückgabe von Raubkunst

Dieses Jahr steht auch im Zeichen der Anerkennung des Diebstahls zahlreicher Kunstwerke durch Kolonialmächte in aller Welt. Deutschland wird 2023 Werke aus Benin und Nigeria zurückgeben. 

Mehrere ägyptische Petitionen fordern das Britische Museum in London auf, sein meistbesuchtes Ausstellungsstück, den sogenannten Stein von Rosetta, an Ägypten zurückzugeben. Die Entzifferung der Inschrift auf der Granitplatte durch den französischen Gelehrten Champollion führte einst zum Durchbruch beim Verständnis ägyptischer Hieroglyphen. Aktuell feiert Großbritannien den 200. Jahrestag der Entzifferung.

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Der Rosetta-Stein in Londoneuronews

Griechenland fordert Marmorskulpturen zurück

Griechenland fordert die Rückgabe der zu Beginn des 19. Jahrhunderts gestohlenen Parthenon-Friesteile von der Akropolis. Geheime Gespräche begannen 2021 zwischen London und Athen: Beide Parteien haben Anfang Dezember eine mögliche Rückgabe der hellenischen Schätze angekündigt.

Solidarität mit den Frauen im Iran

Dieses sehr politische Kulturjahr endet mit einer Kunstinstallation von JR vor den Vereinten Nationen in New York, mit der er Solidarität mit den Frauen im Iran zeigte, die sich aus Protest gegen die Ermordung von Mahsa Amini am Ende des Sommers die Haare abschnitten.

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