Proteste in Lützerath: Erster Tag der Räumung verläuft friedlicher als gedacht

Der erste Tag der Räumung des besetzten Ortes Lützerath in Nordrhein-Westfalen ist bislang überwiegend friedlich verlaufen. Im Vorfeld war mit massivem Widerstand gerechnet worden. Beobachter sprachen dagegen von einer zum Teil entspannten Atmosphäre.
Auch die Polizei zeigte sich zufrieden. Sprecher Andreas Müller erklärte, dass man einige Leute erlebt habe, die teils abgeführt worden seien, teils in Begleitung, freiwillig oder mit Nachdruck, "aber zumindest geht vorwärts". Es sei wichtig zu erwähnen, "dass Lützerath jederzeit friedlich verlassen werden kann, ohne dass man mit polizeilichen Folgemaßnahmen rechnen muss."
Früh am Morgen war es zum Auftakt der Räumung im zu Erkelenz zählenden Ortsteil Lützerath zu Rangeleien gekommen. Laut Polizei wurde ein Molotow-Cocktail, Steine und Pyrotechnik in Richtung der Beamten geworfen.
"Kohle ist klimaschädlich ohne Ende"
Ab Mittag hatten die Beamten dann damit begonnen, Aktivist:innen von Bäumen und Podesten zu holen. Einige Protestierende kletterten auf so genannte Monopods und Tripods - zusammengebundende Baumstämme, von denen sie nur schwer herunterzuholen sind, ohne dabei verletzt zu werden.
Einige Klimaschützer folgten der Aufforderung, manche ließen sich wegtragen. Viele wollen aber weiter Widerstand leisten. Lakshmi Thevasagayam, Aktivistin und Pressesprecherin der Initiative "Lützerath Lebt" erklärte, dass Kohle eine der "gesundheitschädlichsten und teuersten Energiequellen" sei, die man haben könne und "natürlich klimaschädlich ohne Ende. Dass wir überhaupt im 21. Jahrhundert dagegen kämpfen müssen".
Greta Thunberg will am Protest teilnehmen
Die Abrissarbeiten in dem Camp haben begonnen. Aufgeben wollen die Aktivist:innen jedoch noch lange nicht - am Wochenende will die führende Klimaaktivistin Greta Thunberg nach Lützerath kommen. Die Schwedin wird nach Informationen der dpa am Samstagmittag an einer Demonstration gegen die Räumung der von Klimaaktivisten besetzten Ortschaft teilnehmen.
Hintergrund der Proteste ist die Entscheidung der Landesregierung, trotz eines vereinbarten Ausstiegs aus der Kohlegewinnung, aber angesichts der durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine verursachten Energiekrise, das Dorf Lützerath dem Kohleabbau zu opfern.
Wissenschaftler:innen fordern Stopp oder Moratorium
Die von den Grünen geführten Wirtschaftsministerien im Bund und in Nordrhein-Westfalen hatten mit dem Energiekonzern RWE einen um acht Jahre auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg vereinbart. Fünf bereits weitgehend leerstehende Dörfer am Tagebau Garzweiler in der Nachbarschaft von Lützerath sollen demnach erhalten bleiben - nur Lützerath nicht.
Eine Gruppe von Wissenschaftler:innen hatte in einem offenen Brief die Politik aufgerufen, die Räumung zu stoppen, beziehungsweise ein Moratorium dafür zu verhängen. In ihrem Schreiben führen die Wissenschaftler:innen der Gruppe "Scientists for Future" mehrere Gutachten an, die zu dem Schluss kommen, dass ein Abbau der Braunkohle für eine Versorgungssicherheit nicht nötig, "sondern politisch bestimmt" sei.