Briten liefern Panzer "Challenger 2" an die Ukraine - Welche Folgen für den Krieg?

Britische Challenger 2-Panzer auf einem Trainingsgelände
Britische Challenger 2-Panzer auf einem Trainingsgelände Copyright ADRIAN DENNIS/AFP
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Von Euronews mit AFP
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Der britische Premierminister Rishi Sunak hat dem Präsidenten der Ukraine die Lieferung von #Challenger2-Panzern zugesagt. Militärexperten rechnen damit, dass Kiew im Kampf gegen Russland auch deutsche Leopard 2 Panzer bekommen könnte.

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In einem Telefongespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodomyr Selenskyj hat der britische Premierminiser Rishi Sunak der Ukraine etwa ein Dutzend Panzer des Typs Challenger 2 versprochen. Laut ukrainischen Berichten sollte die Lieferung sobald wie möglich erfolgen.

Die britische Armee hat den Kampfpanzer Challenger 2 in Bosnien, dem Kosovo und dem Irak eingesetzt. Insgesamt verfügt sie über 224 dieser Panzer. Neben den Briten steht der Challenger 2 nur bei der Armee in Oman im Dienst. Er ist also weit weniger verbreitet als der Leopard 2.

"Moderne Panzer nach Nato-Standard wie Leopard, Challenger oder Abrams haben ein Zielsystem, mit dem sie sich direkt auf ein Ziel einstellen und es mit einem Schuss zerstören können. Das ist ein enormer Vorteil", erklärt der ukrainische Hauptmann Volodymyr Tchaikovsky im Gespräch mit AFP in der Nähe von Bachmut im Osten der Ukraine, wo derzeit blutige Kämpfe gegen Russlands Truppen ausgetragen werden.

Der Challenger-Panzer wurde in den 90er Jahren ferstiggestellt und ist also mehr als 20 Jahre alt, aber er wird dennoch der modernste Panzer sein, der der Ukraine zur Verfügung steht.

Kein Game Changer?

Auch wenn das britische Versprechen Analysten zufolge kein "game changer" sein dürfte, so hofft Kiew vor allem dass der Schritt Großbritanniens andere Länder dazu inspiriert, der Ukraine mit modernerer Ausrüstung zu helfen.

Viele Militärexperten meinen, dass mit der Lieferung des Challenger 2 der Druck auf Deutschland steigt, die von Kiew geforderten Lieferungen des Leopard 2 zu bewilligen. Am Mittwoch hatte Polen seine Pläne angekündigt, 14 schwere Panzer des Typs Leopard 2 an die Ukraine zu liefern.

Das deutsche Panzermodell gilt als eines der leistungsfähigsten der Welt und ist in Europa bei vielen Armeen im Einsatz, was den Zugang zu Ersatzteilen und Munition sicherstellt.

Höhere Schussweite des Challenger 2

Anders als viele andere Kampfpanzer ist der Challenger 2 mit einer 120-mm-Kanone mit gezogenem Lauf ausgerüstet, der sogenannten Royal Ordnance L30. Damit verfügt der Panzer über eine erheblich höhere Schussweite von etwa 9.000 Metern - der Leopard 2 kommt auf eine Schussweite von etwa 4.000 Metern.

Wie das deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall BAE Systems auf seiner Internetseite mitteilt, hat das britische Verteidigungsministerium das Unternehmen im Mai 2021 damit beauftragt, 148 Challenger 2 Kampfpanzer für die britischen Streitkräfte kampfwertzusteigern. Der Auftrag hat ein Volumen von 800 Mio. britischen Pfund. Das modernisierte Fahrzeug, das die Bezeichnung Challenger 3 tragen soll, wird laut Rheinmetall "ein netzwerkfähiger, digitaler Kampfpanzer mit höchster Durchsetzungsfähigkeit, verbesserter Überlebensfähigkeit sowie hervorragenden Überwachungs- und Zielerfassungsfähigkeiten sein".

Zu viele verschiedene moderne Panzer für die Ukraine?

Vor dem Angriffskriegs Russlands hatte die Armee der Ukraine 900 Panzer sowjetischer oder russischer Bauart. Jetzt haben westliche Staaten nach Angaben von AFP bereits etwa 300 modernisierte Panzer sowjetischer Bauart an Kiew geliefert. Waffen zu bekommen ist eine Sache, sie zu benutzen eine andere, erklärt ein US-Beamter gegenüber AFP.

"Die sowjetischen Panzer sind sehr rustikal und haben weniger Elektronik an Bord. Angesichts der Vielfalt der versprochenen westlichen Panzer und gepanzerten Fahrzeuge könnte es eine logistisches Durcheinander geben", warnt ein französischer Offizier, der anonym bleiben wollte "Die Baureihen sind extrem unterschiedlich, jeder hat seine eigenen Waffensysteme und Motoren...".

Der Leopard 2 verschießt wie der französische Leclerc oder der US-amerikanische Abrams 120-mm-Granaten. Der britische Challenger 2 hingegen ist mit 120-mm-Kanone mit gezogenem Lauf ausgestattet, die eine spezielle Munition erfordert. Der französische AMX 10 RC, der auf Rädern und nicht auf Ketten läuft, ist weniger komplex in der Wartung, verwendet aber 105-mm-Munition.

Aufgrund der hohen Intensität der Kämpfe ist die Wartung der stark beanspruchten Ausrüstung von entscheidender Bedeutung, insbesondere direkt an der Front.

Aber "die Ukraine befindet sich im Zustand der allgemeinen Mobilmachung und verfügt über einen beträchtlichen Pool an Arbeitskräften. Und sie haben die internen Strukturen und Vorkehrungen, um all diese verschiedenen Ausrüstungen zu assimilieren", erklärt Léo Péria-Peigné, Rüstungsexperte beim französischen Institut für internationale Beziehungen (IFRI).

Dennoch meint Péria-Peigné, dass der Challenger-2-Panzer wegen seiner Andersartigkeit und weil er wie viele moderne Panzer störanfällig ist, eine Art "vergiftetes Geschenk" werden könnte. Wenn von einem Dutzend Challenger-2-Panzer ein Drittel wegen Wartungsarbeiten ausfällt, könnte die Wirkung auf den Kriegsverlauf sehr begrenzt bleiben.

Der deutsch-französische Konzern KNDS - ein Zusammenschluss des deutschen Unternehmens KMW und des französischen Nexter - hatte im vergangenen November ein Wartungszentrum in der Slowakei, um die in der Ukraine eingesetzten französischen und deutschen Rüstungsmaschinerie zu reparieren - nämlich die Caesar- und PzH 2000-Kanonen, Gepard-Flugabwehrpanzer oder MARS II-Mehrfachraketenwerfer.

Es ist jedoch entscheidend, dass der Westen seine Panzer und gepanzerten Fahrzeuge nicht tröpfchenweise, sondern in großen Mengen entsendet, da dies sonst kontraproduktiv sein könnte, warnt IFRI-Experte Léo Péria-Peigné.

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