Wagner-Söldner erzählt seine dramatische Flucht nach Norwegen

Nach der Invasion Russlands in der Ukraine wurde auch die Sicherheit an der Grenze zu Norwegen verstärkt.
Nach der Invasion Russlands in der Ukraine wurde auch die Sicherheit an der Grenze zu Norwegen verstärkt. Copyright ANNIKA BYRDE/Annika Byrde / NTB
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Von Alexandra Leistner
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Wer der Wagner-Truppe abtrünnig wird, muss mit dem Schlimmsten rechnen. In Norwegen hat nun offenbar ein Ex-Kommandant der Söldner Asyl beantragt: Wie er dorthin kam, liest sich wie ein Krimi.

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Ein russicher Staatsbürger, bei dem es sich offenbar um einen ehemaligen Kommandanten der als besonders brutal geltenden Wagner-Söldner handelt, hat in Norwegen nach einer dramatischen Flucht zu Fuß über die verschneite Grenze Asyl beantragt.

Der Mann war nach Angaben der norwegischen Polizei in der Nacht auf Freitag über die russisch-norwegische Grenze geflohen. In Skrøytnes im Tal Pasvikdalen wurde er dann wegen des illegalen Übertritts in einem Privathaus festgenommen. Der Polizeichef der Region Finnmark, Tarjei Sirma-Tellefsen, sagte, der Russe habe in Norwegen mittlerweile einen Asylantrag gestellt.

Der Mann, der sich als Andrej Medwedew (auch Andrey Medvedev) vorstellte, soll sich in einer Flüchtlingsunterkunft Oslo aufhalten. Besonders brisant ist, dass er norwegischen Sicherheitsbehörden gegenüber versprochen hat, Informationen über die Wagner-Söldnergruppe bekanntzugeben. Die private Militärfirma soll für tausende Morde und Kriegsverbrechen in der Ukraine und anderen Ländern verantwortlich sein.

Anders als zu Beginn des Kriegs in der Ukraine hat Moskau den Einsatz von Wagner-Paramilitärs in der Ukraine mittlerweile bestätigt und den Soldaten für ihren Einsatz für das "Mutterland" gedankt.

Der Chef der Wagner-Söldner, Prigoschin hat inzwischen die Zugehörigkeit Medwedews bestätigt - und vor ihm gewarnt:

"Ja, in der Tat, Andrey Medvedev arbeitete für das norwegische Bataillon der Wagner PMC, genannt Nidhögg, da er die norwegische Staatsbürgerschaft hatte. Er hätte wegen versuchter Misshandlung von Gefangenen angeklagt werden müssen. Ausführliches Material liegt beim Sicherheitsdienst des Wagner PMC vor und wurde für die Übergabe an die russischen Strafverfolgungsbehörden vorbereitet. Bislang stand er auf der Fahndungsliste. Seien Sie vorsichtig, er ist sehr gefährlich".

Fragwürdig ist die Motivation Prigoschins, solche Informationen zu geben, da sie Medwedew diskreditieren und auch aussagen über Organsisation und Handlungen der Söldnertruppe weniger glaubwürdig machen könnten. 

Vladimir Osechkin, russischer Menschenrechtler und Betreiber der Plattform gulagu.net, sprach mit dem mutmaßlichen Deserteur. Demnach hat er Angst vor der Rache des Chefs der Wagner-Truppe Jewgeni Prigoschin. Dieser hatte Soldaten in seiner privaten Militärgruppe vor dem Desertieren gewarnt.

Auf gulagu.net erzählt der junge Russe von der dramatischen Fluchtnacht. Demnach trug er in der besagten Nacht zur Tarnung einen weißen Bademantel und wurde von Murmansk etwa 1,6 Kilometer von der Grenze zu Norwegen in Nikkel abgesetzt. Von dort aus rannte er - verfolgt von Spürhunden und unter Beschuss des FSB, über die Grenze, wie er dem Menschenrechtsnetzwerk sagte.

Nach vier Monaten unter Vertrag bei der Wagner-Truppe habe er die Organisation so schnell wie möglich verlassen wollen. Gegen seinen Willen sei die Anstellung dann aber auf unbefristete Zeit verlängert werden. Dann tauchte er für zwei Monate ab.

"Es ist klar, dass er auf jede erdenkliche Weise überprüft wird", sagte sein Anwalt Brynjulf Risnes dem staatlichen norwegischen Rundfunk NRK. "Zuerst muss man überprüfen, ob das, was er sagt, wahr ist. Es gibt sicherlich viele Leute, die glauben, dass es sich um eine Provokation handeln könnte. Die norwegischen Behörden werden sich wahrscheinlich alle Optionen offen halten."

Anwohner:innen auf der norwegischen Seite der Grenze bestätigten gegenüber lokalen Medien, dass es in der Nacht auf Freitag viel Aktivität gegeben habe. Schneemobile, Scheinwerferlicht und eine hohe Polizeipräsenz.

Vor allem den Verbrechern, die er in Gefägnissen rekrutiert hatte, um sie sechs Monate lang in den Krieg in die Ukraine zu schicken, hatte Prigoschin angekündigt, sie zu töten, sollten sie die Flucht wagen.

Prigoschin hat bestätigt, dass es den abtrünnigen Soldaten in seiner Truppe gebe.

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