Verleugnet, vergessen: Bundestag stellt erstmals queere NS-Opfer in den Mittelpunkt des Gedenkens

Gedenkstunde im Bundestag
Gedenkstunde im Bundestag Copyright STEFANIE LOOS / AFP
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Von Euronews mit DPA
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Bei der Gedenkstunde sprach auch die Holocaust-Überlebende Rozette Kats. Sie mahnte, alle Opfer der Nazis gleichermaßen in die Erinnerung einzuschließen.

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Der Deutsche Bundestag hat am Holocaust-Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Im Mittelpunkt der Gedenkstunde standen erstmals Menschen, die in der NS-Zeit wegen ihrer sexuellen Identität verfolgt und ermordet wurden.

"Es kann keinen Schlussstrich geben"

Für die Erinnerungskultur sei es wichtig, die Geschichten aller Verfolgten zu erzählen, mahnte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. "Wenn viele Menschen in unserem Land glauben, Deutschland hätte sich bereits mehr als genug mit der Shoah beschäftigt, das ist ein Irrtum. Es kann keinen Schlussstrich geben."

Bei der Gedenkstunde sprach auch die Holocaust-Überlebende Rozette Kats. Sie pflichtete Bas in ihrer Rede bei und mahnte, alle Opfer der Nazis gleichermaßen in die Erinnerung einzuschließen.

"Was ich als kleines Kind lernen musste, das mussten jedoch auch viele Angehörige sexueller und geschlechtlicher Minderheiten vor, und leider auch nach 1945 lernen. Denn es macht Menschen krank, wenn sie sich verstecken und verleugnen müssen."

Die Niederländerin wurde 1942 in einer jüdischen Familie geboren und überlebte den Holocaust als Kind bei einem Ehepaar in Amsterdam, bei dem sie unter falscher Identität aufwuchs. Ihre leibliche Familie wurde in Auschwitz ermordet

Paragraf 175 wurde erst 1994 abgeschafft

Die Geschichte der queeren NS-Opfer wurde lange in der Forschung, Aufarbeitung und Erinnerung missachtet. 50.000 Männer wurden unter dem NS-Regime gemäß des Paragrafen 175, der Homosexualität noch bis 1994 unter Strafe stellte, zu Freiheitsstrafen verurteilt. Mindestens 5000 bis 6000 von ihnen wurden in Konzentrationslagern ermordet.

Am 27. Januar 1945 hatten Soldaten der Roten Armee die Überlebenden des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz im besetzten Polen befreit. Die Nazis hatten dort mehr als eine Million Menschen ermordet. Seit 1996 wird das Datum in Deutschland als Holocaust-Gedenktag begangen. An vielen Orten wurden an diesem Freitag zur Erinnerung Kränze niedergelegt.

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