Ukraine-Krieg: "Kampf um die Sicherheit Europas mit enormen Kosten"

Camille Grand, ehemaliger Mitarbeiter bei der NATO und jetzt Policy Fellow beim European Council on Foreign Relations und Ian Lesser, Vizepräsident des German Marshall Funds und Exekutivdirektor des Brüsseler Büros, haben mit Euronews über den EU-Gipfel in Kiew gesprochen.
"Es ist das erste Mal, dass die EU einen Gipfel in einem Land abhält, das sich im Krieg befindet. Und die Tatsache, dass der größte Teil der Kommission zu diesem Anlass nach Kiew gereist ist, ist an sich schon ein Zeugnis für das Engagement der Europäischen Union für die Ukraine", sagt Camille Grand auf die Frage, wie ihm der EU-Gipfel in Kiew in Erinnerung bleiben wird.
Ian Lesser, Vizepräsident des German Marshall Funds, bestätigt, dass durch den russischen Einmarsch in die Ukraine, sich letztere noch mehr an Europa und den Westen gebunden hat. Er fügt hinzu:
"Aber es gibt eine Menge Zerstörung. Es gibt hohe menschliche Verluste, die Ungewissheit, die Unsicherheit, die das geopolitische Umfeld der Ukraine in den kommenden Jahren prägen wird. Was auch immer der Ausgang dieses unmittelbaren Konflikts sein mag, er ist sehr, sehr erheblich."
Trotz der Kritik aus Kiew, dass die Sanktionen gegen Russland nicht so effektiv seien, wie gedacht, findet Grand:
"Die Realität der von der Europäischen Union seit Beginn des Krieges verhängten Sanktionen ist, dass sie sowohl in ihrem Umfang als auch in ihrer Tragweite beispiellos sind, insbesondere gegen ein großes Land, das Mitglied des UN-Sicherheitsrates ist und ist eine in das globale System integrierte Wirtschaft, die die EU als größten Handelspartner hatte."
Auf die Frage, wie es langfristig mit Europas Engagement für die Ukraine aussieht, meint Lesser:
"So sehr dies ein Kampf um die Ukraine ist, so sehr ist es in gewisser Weise auch ein Kampf um die Sicherheit Europas. Europa hat sich dafür bereits sehr stark engagiert. Die Kosten sind enorm. Die Kosten, die entstehen würden, wenn sie die Ukraine irgendwann einmal aufgegeben würde, wären enorm. Es wird für Europa sehr, sehr schwierig sein, nein zu diesen Anfragen (aus Kiew) zu sagen."
Was Sie über den EU-Ukraine-Gipfel wissen müssen
Es ist das erste Gipfeltreffen dieser Art in einem Land mitten im Kriegsgebiet und findet unter größten Sicherheitsvorkehrungen statt. Laut Kommission ein außergewöhnlich "starkes Symbol" für die Unterstützung der 27 EU-Staaten "angesichts der ungerechtfertigten Aggression" Russlands.
Die Ukraine hat seit Juni bereits den Status eines Beitrittskandidaten. Bis zu einer Mitgliedschaft dauert es in der Regel dann aber noch viele Jahre. Die haben sich zudem darauf verständigt, dass zuvor Reformversprechen eingelöst werden müssen.
Das sind die Themen des Gipfels:
- der europäische Weg der Ukraine und der Beitrittsprozess
- die Reaktion der EU auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine
- die Initiativen der Ukraine für gerechten Frieden und Rechenschaftspflicht
- Zusammenarbeit in Fragen des Wiederaufbaus und der Soforthilfe sowie in den Bereichen Energie und Konnektivität
- globale Ernährungssicherheit
Frage von Radio France: Ob Selenskyj nach seinem Besuch in Washington einen Besuch in Brüssel plane.
Seine Antwort: "Seit Beginn der groß angelegten Invasion war alles, was ich getan habe, darauf ausgerichtet, Waffen zu beschaffen. Wir wissen, welche Waffen wir brauchen."
Brüssel wisse das auch. Aktuell sei jede Bewegung außerhalb der Ukraine zu gefährlich, weil Russland versuche, sich zu rächen und zum ersten Jahrestag Invasion die Lage zu eskalieren. .
Euronews-Korrespondentin Sasha Vakulina @sashavakulina berichtet von der Pressekonferenz, die Fragen der ukrainischen Journalisten konzentrierten sich stark auf den EU-Beitritt der Ukraine.
Sie wiesen insbesondere auf Ungarn und dessen Position in dieser Frage hin. Auch die Haltung Ungarns zu Sanktionen.
Die Ukraine habe mehr Klarheit und einen Zeitplan verdient, da alle Maßnahmen und Reformen während des Krieges viel schwieriger umzusetzen waren und dennoch durchgeführt wurden.
Ursula von der Leyen berichtet, sie sei auf dem Maidan-Platz in Kiew gewesen, als am Vormittag der Luftalarm ausgelöst wurde.
Sie habe Schutz suchen und erlebte müssen, was die Menschen in der Ukraine jeden Tag durchmachen.
Die Ukraine habe bedeutende Fortschritte gemacht, seit sie den Statuts als Beitrittsbewerber habe.
Ein internationalen Tribunal zur Verfolgung russischer Kriegsverbrechen solle eingerichett werden.
Um auf Russland einzuwirken, werde ein 10. Sanktionspaket geschnürt.
Die miltiärische Unterstützung, aber auch Hilfe im zivilen Bereich werde weiter fortgesetzt.
EU-Ratspräsident Charles Michel betont, die Zukunft der Ukraine liege innerhalb in der EU, das Schicksal der Ukraine sei auch das der EU. Er spricht von einem sehr bewegenden Moment.
Der Weg zu einem möglichen Friedensgipfel wurde ebenfalls angesprochen, so Selenskyj.