Wahlen in Monaco: Das Fürstentum auf dem Weg Richtung EU

Prinz Albert II nach einer Fotoausstellung in Washington.
Prinz Albert II nach einer Fotoausstellung in Washington. Copyright Carolyn Kaster/Copyright 2022 The AP. All rights reserved
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Von euronews
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Alle fünf Jahre wird in Monaco ein neues Parlament gewählt. Jetzt ist es wieder soweit. Eines der wichtigsten Themen: die Verhandlungen mit der EU.

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Monaco ist der zweitkleinste Staat der Welt nach dem Vatikan. In dem Land, das zwischen Nizza und Italien liegt, aber nicht Mitglied der Europäischen Union ist, herrscht eine konstitutionelle Erbmonarchie. An diesem Sonnntag, den 5. Februar 2023, dürfen die Bürger*innen über die Neubesetzung des Parlaments, des Nationalrats, abstimmen.

Was ist der Nationalrat?

In Monaco geht die gesetzgebende Gewalt gemeinsam von Fürst Albert II. und dem Nationalrat aus. Der Nationalrat, auch Monegassische Versammlung genannt, ist das Einkammerparlament des Fürstentums. Es besteht aus 24 Mitgliedern, die für 5 Jahre in allgemeinen Wahlen gewählt werden. Sie ist somit das wichtigste Vertretungsorgan der Bevölkerung. Wie jedes andere demokratisch gewählte Parlament auch, stimmt es über die von der Regierung vorgeschlagenen Gesetze ab. Derzeit wird es von Brigitte Boccone-Pagès geleitet.

Wer darf wählen?

Von den rund 38 000 Einwohnern des Fürstentums mit einer Fläche von nur 2,02 Quadratkilomern sind nur 7 596 wahlberechtigt. Um wählen zu dürfen, muss man mindestens 25 Jahre alt sein und die monegassische Staatsangehörigkeit besitzen.

Wie werden die Wahlen durchgeführt?

Der Nationalrat wird in einem gemischten Verfahren gewählt. 16 Sitze werden über Mehrheitslisten verteilt, die restlichen 8 Sitze werden proportional auf die Listen verteilt, die mehr als 5 Prozent der Stimmen erhalten haben.

Was steht auf dem Spiel?

Obwohl diese Abgeordneten über Gesetze und den Haushalt abstimmen, können sie die politische Verantwortung der Regierung nicht in Frage stellen und sie gegebenenfalls stürzen. Der Grund: Die Regierung ist laut Verfassung nur dem Landesfürsten Albert II. gegenüber verantwortlich.

Nach Ansicht von Thierry Brezzo von der Liste "Monegassische Nationale Union" sind die wichtigsten Themen, die in dieser nächsten Amtszeit anstehen, die Unterzeichnung eines möglichen Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union und gleichzeitig die Bewahrung des monegassischen Modells und seiner Besonderheiten: "Wenn der Vorrang bei der Einstellung, bei der Wohnungssuche, bei den Bedingungen für den Zugang zu öffentlichen Aufträgen oder zu bestimmten reglementierten Berufen nicht erhalten bleibt, wird der gesamte monegassische Sozialpakt in Frage gestellt", befürchtet der Anwalt.

Wie viele Listen gibt es?

Bei dieser Wahl treten zwei Listen an. Favorit ist die "Monegassische Nationale Union" angeführt von Brigitte Boccone-Pagès, einer 63-jährigen ehemaligen Lehrerin, die als erste Frau seit der Gründung des Nationalrats im Jahr 1911 zur Präsidentin gewählt wurde. Demgegenüber steht "Neue Ideen für Monaco", angeführt vom derzeitigen Dekan des Rates, Daniel Boéri, 78, einem ehemaligen Mitglied der Mehrheit.

Bei nur 14 Kandidaten räumt Boéri ein, dass er "Schwierigkeiten" bei der Zusammenstellung seiner Liste hatte, da er "unter großem Druck" stand. Er hofft jedoch, sich durch "die vorgeschlagene Vision" zu unterscheiden, auch wenn es zwischen diesen beiden Listen "keine ideologischen, sondern eher philosophische Unterschiede gibt".

"Neue Ideen für Monaco" will "Debatten anstoßen, insbesondere über die Rechte der Frauen und darüber, wie man im Rahmen der Verfassung in der Frage der Abtreibung weiter vorankommen kann". Obwohl der freiwillige Schwangerschaftsabbruch in Monaco 2019 entkriminalisiert wurde und Frauen, die sich einer Abtreibung unterziehen, nicht mehr mit einer Gefängnisstrafe rechnen müssen, ist die Durchführung einer Abtreibung auf dem Felsen weiterhin verboten. Boéri forderte die monegassische Regierung außerdem auf, "die ökologischen Auswirkungen der getroffenen Entscheidungen systematisch zu bewerten".

Was ist die Verbindung zwischen Monaco und Europa?

Wie Andorra und San Marino verhandelt auch Monaco seit März 2015 mit der Europäischen Union über die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens. Ziel ist es, das Leben seiner Bürger und Unternehmen im europäischen Binnenmarkt zu erleichtern. Die größte Herausforderung besteht darin, die wirtschaftliche Attraktivität Monacos zu erhöhen.

So sollen beispielsweise die Hindernisse beseitigt werden, auf die monegassische Unternehmen beim Zugang zum europäischen Binnenmarkt stoßen. Dies würde eine größere Rechtssicherheit für ihren Handel garantieren. Nach Ansicht der monegassischen Regierung würde ein Abkommen auch die Freizügigkeit der Staatsangehörigen in der Europäischen Union erleichtern. So würde das Abkommen beispielsweise einheimischen Studenten ermöglichen, ohne zusätzliche Kosten an europäischen Universitäten zu studieren.

Der Nationalrat hat für die Verhandlungen mit der EU Grenzen gesetzt. Dazu gehören die Beibehaltung des Inländervorrangs in allen Bereichen, die Beibehaltung des reservierten Zugangs von Staatsangehörigen zu staatlichem Wohnraum, den ausschließlichen Zugang von Monegassen zu bestimmten reglementierten Berufen, die obligatorische Vorabgenehmigung für die Niederlassung von Einwohnern und Unternehmen auf monegassischem Gebiet und die Beibehaltung der Feststellungsregelung für Monegassen.

In einer im Sommer 2022 veröffentlichten Pressemitteilung erklärte der monegassische Nationalrat, dass die Gespräche "mit dem Ziel fortgesetzt werden, die Verhandlungen über ein mögliches Assoziierungsabkommen bis Ende 2023 abzuschließen". Dies ist auch der Wunsch des Rates der Europäischen Union. 

Wenn es eine Einigung gibt, wird Monaco den Status eines "assoziierten Staates" haben und nicht Mitglied der EU werden. Monaco wird ein Drittstaat der Europäischen Union bleiben.

Ein Blick in die Geschichte

Die Geschichte des heutigen Fürstentums begann erst im 13. Jahrhundert, und zwar dank einer genuesischen Familie: den Ghibellinen (Waiblinger). Am 10. Juni 1215 legten die Ghibellinen den Grundstein für die Festung, die als Basis für den heutigen Fürstenpalast diente. Um Einwohner anzulocken, gewährten die ersten Herren des "Felsens" den Neuankömmlingen wertvolle Vorteile wie die Vergabe von Grundstücken und Steuerbefreiung.

Im Jahr 1297, nach einer von François Grimald gewonnenen Schlacht gegen Genua, wurde die "Seigneurie von Monaco" vom Haus Grimaldi, einer wohlhabenden genuesischen Adelsfamilie, erworben.

Rainier I., der Begründer der Grimaldi-Dynastie von Monaco, besiegte die Niederländer am Ziriksee (Niederlande), als er unter dem französischen König Philipp dem Schönen diente. Diese Leistung brachte ihm den Titel "Großadmiral von Frankreich" ein und ermöglichte die politische Unabhängigkeit des kleinen Fürstentums. Monaco kam jedoch erst 1419 in den Besitz der Familie Grimaldi.

Im Jahr 1489 erkannte der französische König Karl VIII. die Unabhängigkeit Monacos an. Später erneuerten Ludwig XII. im Jahr 1512 und Franz I. im Jahr 1515 diese Anerkennung.

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Im 17. Jahrhundert wurden die Grimaldis zu Herzögen von Valentinois (Drôme) und Baronen von Massy ernannt, Titel und Ländereien, die sie während der Französischen Revolution am 4. August 1793 verloren. Die Grimaldis wurden sogar enteignet, während das Fürstentum unter dem Namen Fort-d'Hercule einseitig von Frankreich annektiert und zum Hauptort des Kantons Alpes-Maritimes, damals eine einfache französische Gemeinde, wurde. Durch den Vertrag von Wien 1815 wurde das Fürstentum zu einem "Protektorat des Königreichs Sardinien".

Im Jahr 1861 wurde Monaco wieder ein unabhängiges Fürstentum und stellte sich unter den Schutz Frankreichs. Fürst Albert I. gab dem Land 1911 eine Verfassung. Seitdem gilt die Regel, dass im Falle des Aussterbens der Grimaldi-Dynastie Frankreich das Fürstentum erbt.

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