Schmelzende Polkappen: Düstere Aussichten für Küstenstädte

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Von Jeremy WilksSabine Sans
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In dieser Folge von Climate Now erklären Experten, welche Auswirkungen das schmelzende Meereis in den Polregionen für die Menschheit haben wird.

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In unserem monatlichen Update über den Klimawandel Climate Now liegt der Schwerpunkt heute auf den Polen: Informationen zum schwindenden Meereis in Teilen der Arktis sowie zu schmelzenden Gletschern auf Grönland und der Antarktis, der Anstieg des Meeresspiegels und was das für die Menschheit bedeutet.

"Je mehr wir von der Antarktis und von Grönland lernen, desto schlimmer sieht die Zukunft aus."
Anders Levermann
Professor für die Dynamik des Klimasystems, Leiter der Abteilung Komplexitätsforschungdes Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung

Zahlen & Fakten

Aber zuerst ein Überblick über die aktuellen Daten des Copernicus Climate Change Service.

Data from the Copernicus Climate Change Service
Jeremy WilksData from the Copernicus Climate Change Service
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NIEDERSCHLAGSANOMALIE OKTOBER 2020, Bezugszeitraum 1981-2010,Kopernikus-Klimadienst umgesetzt vom EZMWFeuronews

Es war wärmer, und hier in Westeuropa war es feuchter als normal und sehr stürmisch. Sturm Alex fegte über die Region hinweg, verursachte Zerstörungen, Überschwemmungen und forderte Menschenleben.

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Niederschlagsanomalie Oktober 2020, Bezugszeitraum 1981-2010euronews

Das spiegelt sich in den Klimadaten wider - in all diesen blau markierten Gebieten gab es im vergangenen Monat mehr Niederschläge als im Durchschnitt. Schaut man sich die Bodenfeuchtigkeit an, sieht man, dass diese Gebiete in Blau nasser sind als der Durchschnitt. Im Kaukasus, in der Ukraine und im Westen Russland war es im vergangenen Monat trockener als der Durchschnitt.

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Meereis-Anomalie Oktober 2020, Bezugszeitraum 1981-2010euronews

Eine weitere Nachricht vom Oktober ist das rekordverdächtige Tief der arktischen Meereisausdehnung. Die gesamte rote Fläche ist für die Saison sehr niedrig. Dort wo eigentlich Meereis entstehen sollte, ist einfach nichts da. Die Linie weist auf die sogenannte Nordostpassage hin: eine eigentlich nur im arktischen Sommer befahrbare Schifffahrtsroute zwischen Asien und Europa - in den vergangenen vier Monaten war sie eisfrei.

Wie reagieren die Pol-Regionen auf die Erwärmung der Erde?

Das Eis verschwindet aus Teilen der Arktis, und auch auf Grönland und in der Antarktis schmilzt es. Zwar hebt das schmelzende Meereis in der Arktis den Meeresspiegel nicht an, weil es bereits auf dem arktischen Ozean schwimmt. Aber schmelzendes Eis an Land hebt den Meeresspiegel an.

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Massenbilanz der polaren Eisschildeeuronews

Und es ist ein Phänomen, das sich beschleunigt, was die Frage aufwirft, wie die Antarktis und Grönland auf die Erwärmung des Planeten reagieren werden. Darüber habe ich mit mehreren Experten gesprochen, angefangen in Deutschland: Anders Levermann hat in Potsdam simuliert, wie der Meeresspiegel durch das Schmelzen des Antarktis-Eises steigen wird. Seine Simulationen zeigen, dass der Meeresspiegel bei dem aktuell einem Grad Celsius schließlich um zweieinhalb Meter ansteigen wird - in Hunderten Jahren. Wenn die Erwärmung zunimmt, verändert sich die Antarktis:

"Das erste, was wir merken passiert in der Antarktis und das passiert tatsächlich jetzt schon ist, das die Westantarktis instabil wird und wir das Eis aus der Westantarktis heraus verlieren", so Anders Levermann, Professor für die Dynamik des Klimasystems, Leiter der Abteilung Komplexitätsforschung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. "Das nächste, was dann etwa ab zwei, drei Grad passiert, ist, dass das Wilkes-Becken in der Ost-Antarktis auch Instabilität bekommt und auch Eis verliert."

Wissenschaftler befürchten, dass der riesige Thwaites-Gletscher in der Antarktis bald kollabieren wird - was zu einem plötzlichen Anstieg des Meeresspiegels um über 60 Zentimeter führen könnte. Das British Antarctic Survey (britische Polarforschungsprogramm) hat vor kurzem festgestellt, dass wärmeres Meerwasser den Gletscher schmelzen lässt:

"Das warme Wasser dringt unter die schwimmende Gletscher-Ausdehnung und schmilzt diese", erklärt Dr. Robert Larter, Meeres-Geophysiker vom British Antarctic Survey. "Das ist unglaublich wichtig, weil der schwimmende Teil, das Schelfeis, das Abschmelzen des Landeises beschränkt. Wenn dieses beginnt, seine Stabilität zu verlieren, schmilzt das Landeis schneller. Es fließt also mehr Eis ins Meer."

Auf Grönland haben sich das Kalben und die Oberflächenschmelze von Eisbergen in den vergangenen 20 Jahren verstärkt.

Laut Dr. Ruth Mottram, Klimawissenschaftlerin vom Dänischen Meteorologischen Institut werden viele der jüngsten Veränderungen durch Wetterschwankungen verursacht:

"Im Winter gibt es sehr viel Schnee, was in Grönland ganz normal ist. Wir erleben Jahre mit viel Schneefall und wenig Schneefall. Es gibt also eine große Variabilität. Aber es regnet auch mehr. Obwohl also insgesamt die gleiche Menge an Schnee und Regen fällt, fällt mehr Regen als Schnee. Es gibt also viele verschiedene Prozesse, die beteiligt sind."

Düstere Aussichten für Küstenstädte

In den vergangenen 5 Jahren ist der Meeresspiegel um mehr als 5 Millimeter pro Jahr angestiegen. Die Geschwindigkeit beschleunigt sich langsam, da die CO2-Emissionen weiter zunehmen. Professor Levermanns Simulationen sind für Küstenstädte auf der ganzen Welt bedrohlich:

"Wenn wir vier Grad bis zum Ende des Jahrhunderts erreichen, ein 'business as usual' Szenario, dann bedeutet das mehr als 10 Meter globalen Meeresspiegelanstieg langfristig und das bedeutet dann, dass wir Küstenstädte wie New York, New Orleans, Rotterdam und Hamburg aufgeben müssen."

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