Bäume pflanzen fürs Klima: ein sinnvoller Trend?

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Von Jeremy WilksSabine Sans
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Wälder speichern große Mengen des Treibhausgases CO2. Aufforstung als Mittel gegen den Klimawandel ist aber nicht unumstritten.

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Viele neue Bäume pflanzen und dadurch den Klimawandel verlangsamen oder sogar umkehren – das klingt in der Theorie gut. Doch wirkt sich Aufforstung auch in der Praxis positiv auf das Klima aus? Ist das Pflanzen von Bäumen eine praktikable Lösung zur Bekämpfung der globalen Erwärmung? Wir gehen dieser Frage nach und präsentieren Ihnen die aktuellen Klimadaten in Climate Now.

Bäume pflanzen gegen den Klimawandel?

Bäume und Wälder sind für das Klima wichtig, denn sie nehmen das Treibhausgas CO2 auf und setzen Sauerstoff frei. Dadurch tragen sie dazu bei, die Temperaturen auf der Erde stabil zu halten. Je mehr Bäume es gibt, desto mehr CO2 kann folglich gebunden werden. Und intakte Wälder helfen nicht nur dem Klima, sondern sind auch Lebensraum zahlreicher Tiere und Pflanzen und tragen so zur Artenvielfalt bei. Die ETH Zürich kam 2019 in einer großen Studie zum Ergebnis, dass wir den Klimawandel aufhalten können, wenn wir weltweit massiv aufforsten. Dazu müssten wir neue Wälder mit einer Fläche pflanzen, die der Größe der Vereinigten Staaten entspricht. Kritiker geben dabei zu bedenken, dass nicht alle Flächen, die die Forscher für die Aufforstung vorsehen, auch geeignet seien. Die Tundra etwa sei zu kalt, um dort Mischwälder zu pflanzen.

Damit Aufforstung gegen den Klimawandel hilft, müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein: Ein Baum muss wachsen und braucht Pflege und Wasser: Je älter Bäume sind, desto mehr CO2 können sie speichern. Baum ist nicht gleich Baum: Nicht jede Baumart speichert gleich viel CO2. Außerdem sind Mischwälder bessere CO2-Speicher als Monokulturen und gleichzeitig weniger anfällig für Schädlinge wie beispielsweise Borkenkäfer. Auch Stürmen fallen Monokulturen schneller zum Opfer als Mischwälder, die beständiger sind. Zudem sind Bäume nicht die einzigen CO2-Speicher auf der Erde. Moore können laut Umweltschutzorganisationen weltweit sogar doppelt so viel CO2 speichern wie Wälder.

"Wenn wir alle Optionen zur Emissionsminderung und -begrenzung ausgeschöpft haben, sind Bäume ein großer Verbündeter."
Diego Florian
Direktor FSC Italia

Aktuelle Wetterdaten

Aber zunächst präsentiert Jeremy Wilks die aktuellen Daten des Copernicus Climate Change Service:

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Jeremy Wilkseuronews

Weltweit war der Februar nicht so warm wie in den vergangenen fünf Jahren, mit Temperaturen unter 0,1 Grad Celsius über den neuen Mittelwerten von 1991 bis 2020.

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Temperatur-Anomalien im Februar 2021, Referenzzeitraum 1991-2020euronews

Im Detail gesehen war es jedoch ein außergewöhnlicher Monat: In den mittleren und südlichen Teilen der USA war es viel kälter als im Durchschnitt, mit arktischem Wetter bis hinunter nach Texas. Auch in Sibirien war es viel kälter als im Durchschnitt, in Grönland war es wärmer.

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Temperaturschwankungen Februar 2021, Referenzzeitraum 1991-2020euronews

In Europa gab es im vergangenen Monat große Temperaturschwankungen: Ein Beispiel ist Göttingen. Die Stadt stellte einen neuen Rekord auf von fast minus 24 Grad Celsius am 14. Februar auf plus 18 Grad weniger als eine Woche später.

Was sind Zeichen für den Klimawandel?

Sind Temperaturschwankungen ein Zeichen für den Klimawandel? Auf diese Frage antwortet Daniela Domeisen, Professorin für Atmosphärische Vorhersagbarkeit am Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich:

"Die Schwankungen selbst sind wahrscheinlich nicht dem Klimawandel zuzurechnen. Die Kälte, die wir Anfang Februar verzeichneten, war vor allem ein Zeichen des Polarwirbels. Sobald dieser Einfluss weg war, sind wir wieder zu normalen Temperaturen zurückgekehrt - sogar zu Temperaturen, die über den normalen liegen, denn sie sind das eigentliche Zeichen des Klimawandels."

Baumplantagen in Norditalien

Diesen Monat gab die EU die Planung bekannt, bis 2030 drei Milliarden Bäume pflanzen zu wollen. Damit will man die Artenvielfalt fördern. Viele unserer Zuschauer wollten wissen, ob das Pflanzen von Bäumen ein effektives Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels ist. Euronews-Reporter Jeremy Wilks fuhr nach Norditalien, um der Frage nachzugehen:

In der Nähe von Cremona beginnen die Bäume auszuschlagen. Bis zum Herbst werden sie jetzt jeden Tag CO2 aus der Atmosphäre binden, erklärt Diego Florian vom "Forest Stewardship Council" (FSC Italia):

"Hier in diesem kleinen Blatt passiert ein Wunder. Dank des Sonnenlichts und des Kohlendioxids in der Luft wächst der Baum, er verwandelt das Kohlendioxid in Holz und wird wachsen."

Die CO2-Menge, die in einem Baum gespeichert ist, lässt sich relativ einfach berechnen. Parkmanager Fabrizio Malaggi demonstriert es. Ein Baum in der gemessenen Größe speichert etwa eine Tonne CO2. Wie viele neue Bäume müsste man pflanzen, um seine CO2-Emissionen auszugleichen?

"Wir wissen, dass ein europäischer Bürger im Durchschnitt zwischen 5 und 7 Tonnen CO2 pro Jahr ausstößt. Um das zu kompensieren, müssten also theoretisch fünf bis sieben Bäume pro Person gepflanzt werden", so Fabrizio Malaggi, technischer Manager im Parco Oglio Sud.

Nicht alle Wälder binden CO2 im gleichen Maße. Die Menge hängt von der Art des Baumes, seiner Umgebung und der Art der Waldbewirtschaftung ab. Junge kommerzielle Plantagen sind laut dem Experten Mauro Masiero gute Kohlenstoffsenker:

"Ein Wald wie dieser, eine Plantage wie diese kann zur Bindung, zur Aufnahme von Kohlenstoff beitragen. Der Wald produziert Holz, das dann für langlebige Produkte verwendet wird", so der Assistenzprofessor für Forstpolitik an der Universität von Padua. "In diesen Produkten ist CO2 gespeichert. Diese Biomasse speichert CO2 für 12 Jahre, das sonst in der Atmosphäre wäre."

Gut bewirtschaftete Wälder und Feuchtgebiete speichern CO2 für viele Jahrzehnte. Aber laut Experten sollten unsere Prioritäten wie folgt sein: Abholzung stoppen, bestehende Wälder wertschätzen und andere Wege finden, um Emissionen zu reduzieren, anstatt sich auf das Pflanzen neuer Bäume zu verlassen. FSC-Italia-Direktor Diego Florian:

"Bäume zu pflanzen, weil sie uns helfen, grüner zu sein, sollte nicht unser erster Reflex sein. Aus industrieller Sicht müssen wir uns zuallererst dazu verpflichten, Emissionen so weit wie möglich zu reduzieren, neue Technologien zu entwickeln und weniger umweltschädliche und leistungsfähigere Praktiken einzuführen. Dann können wir uns auch darum kümmern, das zu kompensieren, was wir nicht reduzieren können. Aber das sollte nicht der Ausgangspunkt sein."

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