Das Sarg-Fahrrad "Corbicyclette": Grüne Bestattungstrends bieten Trost und Sinn

Die Pariser Bestattungsuntenehmerin Isabelle Plumereau und ihr Sarg-Fahrrad
Die Pariser Bestattungsuntenehmerin Isabelle Plumereau und ihr Sarg-Fahrrad Copyright JULIEN DE ROSA/AFP or licensors
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Von Euronews mit AFP
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Kompostierung, Aquamation oder Gefriertrocknen: Alternative Bestattungsmethoden sind auf dem Vormarsch. In Frankreich gibt es seit Neuestem ein Sarg-Fahrrad für den Transport zur letzten Ruhestätte.

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Nachhaltige Methoden bei der Leichenbestattung liegen im Trend - dieser ökologisch wertvolle Ansatz kommt aus Frankreich: das garantiert abgasfreie Bestattungsfahrrad "Corbicyclette".

Am Lenker sitzt Firmengründerin Isabelle Plumereau. Bei einer Testfahrt durch Paris zieht ihr Gefährt viele Blicke auf sich. Auf Fragen neugieriger Passanten antwortet sie gerne und geduldig. "Genau, Sie haben schon richtig verstanden, das ist ein Corbicyclette." Eine ältere Dame zeigt sich interessiert. "Ah, natürlich. Und es hat eine schöne Farbe!" Plumereau antwortet höflich "Vielen Dank Madame!"

"Das Schöne kann auch Trost spenden"

Der Container des Lastenrades ist aus schlichtem Holz - der Sarg wird durch eine praktische Klappe eingeführt. "Le Ciel et la Terre" Himmel und Erde heißt Plumereaus Bestattungsunternehmen, das ökologische und menschliche Aspekte bei der Organisation von Beerdigungen mit einbezieht.

"Das Corbicyclette, also das Bestattungsfahrrad, ist die Möglichkeit eines neuen Rituals für die Familien, um ihre Verstorbenen auf eine stille, ruhige Weise auf ihrem letzten Weg zu begleiten, im Rhythmus der Schritte der Personen, die an der Prozession auf dem Friedhof teilnehmen.

Mir ist die Form genauso wichtig wie der Inhalt. Es ist für mich sehr wichtig, die Familien zu begleiten, indem ich ihnen vorschlage, der Zeremonie einen Sinn zu geben, aber auch, indem ich ihnen vorschlage, etwas Schönes einzubringen. Denn das Schöne kann auch Trost spenden."

Diese neuartige Art von Leichenwagen gibt es bereits in anderen Ländern wie der Schweiz, Dänemark oder den USA. Das französische Modell ist zwei Meter lang und verfügt über elektrische Unterstützung. Es soll in diesem Herbst in Betrieb genommen werden.

Die Verwendung in Frankreich ist auf Bestattungen beschränkt, die in einem begrenzten Radius stattfinden, bei denen die Einsargung, die Zeremonie und die Beerdigung oder Einäscherung in derselben Stadt stattfinden.

"Es gibt eine Gewichtsbeschränkung. Natürlich würde ich die Personen, die diese Art der Fortbewegung wählen, dazu auffordern, sich für eher schlichte Särge zu entscheiden, also eher leicht", meint Isabelle Plumereau. Und weist darauf hin, dass man mit einem "Corbicyclette" keine langen Strecken zurücklegen könne, maximal 40 Kilometer.

"Gesetzgeber wird nicht das Risiko eingehen, dass ein Sarg auf der Straße landet"

Die Reaktionen der eher traditionell verankerten Bestattungsbranche auf das alternative Transportmittel sind verhalten. "In Paris ist das vielleicht möglich, aber in der Provinz kommt das so gut wie nie vor", versichert Gautier Caton, Leiter eines Bestattungsunternehmens mit rund 40 Niederlassungen in Paris, der Region Centre und Burgund.

Charles Simpson, Gründer des Vergleichsdienstes Meilleures Pompes Funèbres, hält eine Gesetzesänderung zur Ausweitung der Nutzung dieser Fahrzeuge für unwahrscheinlich: "Stellen Sie sich vor, es gibt einen Unfall zwischen dem Fahrrad und einem Auto. Der Gesetzgeber wird nicht das Risiko eingehen, dass ein Sarg auf einer öffentlichen Straße landet."

Das hindert die fortschrittliche Bestattungsunternehmen jedoch nicht daran, angesichts der wachsenden Nachfrage seitens der Familien andere Lösungen für eine umweltfreundlichere Bestattung zu entwickeln.

Alternative: Mietblumen und Pappsarg

"Man sieht, dass sie sich bemühen", stellt Sarah Dumont, Gründerin von Happy End, einem Online-Verzeichnis für Bestattungsdienste fest. "Bestattungsgenossenschaften haben den Weg geebnet, indem sie die Familien zum Beispeil über Konservierungsmaßnahmen informieren, bei denen oft umweltschädliche Chemikalien verwendet werden, was die Nutzung dieser Methode deutlich reduziert hat. Einige, wie in Dijon, bieten auch an, Kunstblumen für die Einäscherung zu mieten, anstatt sie zu kaufen, wo sie ohnehin im Müll landen."

Das Unternehmen Caton bietet den Familien ein Dokument an, in dem ihnen einfache Maßnahmen vorgeschlagen werden, um die Auswirkungen der Beerdigung zu verringern und fordert seine Lieferanten auf, umweltfreundlichere Lacke für Särge oder biologisch abbaubare Textilien zu verwenden.

"Einige Familien fragen auch nach Särgen aus Pappe, die wir dann bestellen. Aber man müsste die Gesamtauswirkungen von Karton im Vergleich zu Holz messen, denn in Frankreich haben wir eine sehr verantwortungsvolle Branche für Särge und Holz kann dazu führen, dass bei einer Einäscherung weniger Gas verbraucht wird", meint Gautier Caton.

Ökologie ist in der Branche noch relativ neu

Diese Art der Nachfrage bleibt jedoch marginal in den letzten Wünschen der Verstorbenen. "Für die Generation, die gerade stirbt, ist der Begriff der Ökologie noch zu neu. Aber in den Bestattungsverträgen, die jetzt aufgesetzt werden, sieht man, dass der Anteil größer ist", meint Simpson von Meilleures Pompes Funèbres.

Andere Bestattungsarten könnten ebenfalls in Betracht gezogen werden, um den Gasverbrauch einer Einäscherung oder die Umweltverschmutzung durch Beisetzungen zu vermeiden: Kompostierung, Aquamation (bei der der zu bestattende Leichnam durch die Einwirkung einer starken Lauge hydrolysiert wird) oder Promession (Gefriertrocknen und anschließendes Kompostieren des Granulats). Sie sind in Frankreich jedoch nicht zugelassen.

Angesichts der Entwicklung des Sektors sei es wichtig, die Familien über alternative Möglichkeiten zu informieren, sagt Sarah Dumont von Happy End."Denn viele kennen diese ökologischen Optionen noch nicht."

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