Die über 100jährige Jugend des Manoel de Oliveira

Die über 100jährige Jugend des Manoel de Oliveira
Von Euronews
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Manoel de Oliveira ist der älteste aktive Filmregisseur der Welt. Vor fast 80 Jahren drehte er seinen ersten Film. In diesem Jahr erschien sein jüngstes Werk “Gebo et l`ombre”. Generation Y traf sich mit dem 103jährigen zu einem Interview:

euronews: Wie läuft die Arbeit mit jungen Schauspielern?

Manoel de Oliveira: Wir arbeiten einfach. Sehen Sie, die Natur hat die Menschen dem Hunger ausgesetzt und das zwingt uns zur Arbeit, sonst würden wir gar nichts tun. Wir haben alle Hunger, egal wie alt wir sind. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die Alten nicht von den Jungen. Alle werden vom Hunger angetrieben.

euronews: Wie arbeiten Sie mit den Schauspielern? Machen Sie viele Vorgaben oder lassen Sie ihnen Freiheit?

Manoel de Oliveira: Ich habe noch keinen von ihnen geschlagen (lacht). Ich lasse ihnen vollkommene Freiheit, denn es gefällt mir nicht, wenn sie etwas darstellen. Ich möchte, dass sie ihre Rolle verinnerlichen. Darstellung ist falsch. Klar, ich zeige ihnen die Richtung, aber sie kennen ihre Rolle bereits. Schauspieler sind intelligente Menschen. Jeder arbeitet auf seine Weise, je nach der Rolle, die er spielt.

euronews: Erzählen Sie uns von Ihrem neuen Film.

Manoel de Oliveira: “Gebo et l`ombre”. “Gebo und der Schatten”. Dabei ist der Schatten das Gegenteil von Gebo. Wissen Sie, warum ich den Film gemacht habe? Ich lernte jemanden kennen, der meine Filme mag und mir vorschlug, einen Film über Armut zu machen. Mir war klar, dass das schwierig ist. In Form einer Dokumentation wäre es leichter, weil man sich einen spezifischen Fall suchen kann. Aber schließlich fiel mir der Schriftsteller Raul Brandao ein. Er schrieb über einen armen Mann, der in Armut starb, aber mit Würde. In dieser Hinsicht ist der Film heute ebenso gültig wie gestern.

euronews: Hat der Film Symbolcharakter für die heutige Zeit?

Manoel de Oliveira: Nein. Der Film enthält sehr scharfe Kritik an der heutigen Situation. Die Tatsache, dass er in der Vergangenheit spielt, am Anfang des 20. Jahrhunderts, macht ihn etwas weniger aggressiv, als wenn er die heutige Zeit darstellen würde. Der Film ist nicht aggressiv, aber die Kritik wird sehr deutlich.

euronews: Vergangenheit und Gegenwart gehen also ineinander über?

Manoel de Oliveira: Der Mensch der Vergangenheit unterscheidet sich nicht vom modernen Menschen. Sie haben dieselben Eigenschaften. Der spanische Philosoph Garcia Ortega hat gesagt, die Situation hängt von den Umständen ab. Die Technologie hat sich stark weiterentwickelt. Mobiltelefone können heute praktisch alles, aber sie können uns nicht ernähren. Wir müssen noch immer Tiere schlachten oder Pflanzen essen. Wir sind dazu verurteilt zu leben. Aber um glücklich leben können, müssen wir uns glücklich schätzen, dass wir am Leben sind.

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